Thema: Unterrichtsprojekt (Unterstufe Realschule): Besuch von Frau Giltner, ihrer behinderten Tochter Samira und deren Betreuungslehrerin Frau Bauer

 

Materialbausteine:

M1: Artikel über den Besuch von Frau Giltner, ihrer behinderten Tochter Samira und deren Betreuungslehrerin Frau Bauer in der Klasse 6c der Siegfried – von Vegesack - Realschule Regen

M2: Vorbereitung des Besuchs von Frau Giltner, Samira und Frau Bauer

M3: Verlauf des Besuchs

M4: Bilder des Besuchs

M5: Arbeitsaufträge zur Nachbereitung des Besuchs

M6: Weiterarbeit

M7: Wie gelingt ein Lernen an fremden Biographien?

M8: Schlusswort

 

M1: Artikel über den Besuch von Frau Giltner, ihrer behinderten Tochter Samira und deren Betreuungslehrerin Frau Bauer in der Klasse 6c der Siegfried – von Vegesack - Realschule Regen

 

Local Hero

- Eine Mutter und ihre Kinder -

 

Frau Kristina Falter, Studentin an der Universität Passau für das Lehramt an Realschulen (Englisch, kath. Religion), hat sich in Zusammenarbeit mit der Klasse 6c und dem Religionslehrer Michael Berger zum Ziel gesetzt, in unserer Region, Local Heroes zu finden und über sie zu berichten. Bei diesem Projekt handelt es sich um ein Seminar unter der Leitung von Professor Dr. Mendl (Lehrstuhl für Religionspädagogik und Didaktik des Religionsunterrichts an der Universität Passau).

Was für viele von uns unvorstellbar erscheint, ist für Manuela Giltner, Mutter dreier Kinder (Samira 17 Jahre, Fabio 10 Jahre, Chiara 3 Jahre) aus Zwiesel längst selbstverständlich geworden. Samira und ihre Schwester Chiara leiden an der seltenen Erbkrankheit Osteopetrosis – Chiara wurde durch eine Transplantation der Stammzellen ihres Vaters weitestgehend geheilt. Samira kann auf diesem Wege leider nicht mehr geholfen werden, da es diese Therapiemöglichkeit erst seit drei Jahren gibt, sie außerdem schon zu schwach dafür ist und die Stammzellen nur bis zum achten Lebensjahr transplantiert werden können.

Osteopetrosis wird durch eine erbliche Unterfunktion der knochenabbauenden Zellen, der so genannten Osteoklasten, verursacht. Die Mikroarchitektur des Knochens wird gestört und die mechanische Stabilität gemindert. Es kommt zu Frakturen, die nur schwer verheilen, Milz und Leber vergrößern sich, die Immunabwehr ist geschwächt. Die Hirnnerven werden ummauert, die Folge sind Seh- und Hörstörungen, eine schwere Anämie und Krampfanfälle.

Für Samira muss die Mutter Tag und Nacht da sein. Alle zwei Stunden muss sie nachsehen, ob sie Blutungen hat. Der Gaumen muss gründlich gesäubert und desinfiziert werden, da er sich auflöst. Das Mädchen muss Dauerantibiotika nehmen. Die Gallenblase ist bereits entfernt worden. Trotz alledem hat die Familie die Freude am Leben kein bisschen verloren. Dies zeigt auch das Treffen von Manuela Giltner, Ihrer Tochter Samira, deren Betreuungslehrerin Frau Bauer und der Klasse 6 c am Donnerstag, 02.07.2009 an der Realschule Regen, bei dem beide interviewt wurden.

Während des Interviews stellten die Schüler fragen an Samira und deren Mutter, welche von beiden gerne und ausführlich beantwortet wurden. Am Schluss des Besuches überreichte Frau Falter als Dank ein Geschenk an Samira und ihre Mutter. Des Weiteren haben alle Schüler der Klasse 6c eine Urkunde für Frau Giltner vorbereitet, die ebenfalls überreicht wurden. Sichtlich gerührt nahm Manuela Giltner die Urkunden in Empfang. „I kimm ma vor wia a Star“, das waren die Worte von Manuela Giltner.

Als Reflexion des Besuches werden die Schüler einen Brief an Samira schreiben, indem sie ihre Gefühle über den Besuch und das Schicksal der kleinen Familie zum Ausdruck bringen.

Local Heroes, so lautete das Thema. Doch warum werden Menschen wie Manuela Giltner, die fast rund um die Uhr für Ihre Tochter da sein muss, um sie zu versorgen, oft nicht als Local Heroes wahrgenommen? Aus dem einfachen Grund, weil sie nicht jeden Tag in der Zeitung stehen und von den Medien produziert werden, weil sie nicht mit ihrem Schicksal hausieren gehen…, sondern weil sie still und leise versuchen den ganz normalen Alltag – ohne aufzufallen - zu bewältigen.

Schülerzeitungsartikel von Michael Berger und Kristina Falter

 

 

 M2: Vorbereitung des Besuchs von Frau Giltner, Samira und Frau Bauer

  1. Vorstellung des Projekts / des Local Heroes vor der Klasse
  2. Vorstellung des Konzepts / Verlaufs des Projekts
  1. Brainstorming

Frage an die Schüler-/innen:

Was stellt ihr euch unter Local Heroes vor?

 

 Antworten der Schüler-/innen:

-          Eltern

-          Menschen, die sich um Behinderte kümmern

-          Personen, die eine gute Tat vollbracht haben

-          Feuerwehrmänner

 

Auswertung:

Ich war erstaunt, dass die Schüler/-innen einer sechsten Klasse den Begriff

„Local Heroes“ überhaupt kannten und mit ihm umzugehen wussten. Ohne lange zu zögern nannten sie die oben aufgeführten Antworten. Ihnen war sofort klar, dass es sich bei einem „Local Hero“ um eine Person handelt, die in der mittelbaren und unmittelbaren Umgebung lebt und durch eine außergewöhnliche und exemplarische Verhaltensweise auffällt.

 

 Frage an die Schüler-/innen:

Wer ist euer Local Hero?

 

 Antwort der Schüler-/innen:

-          Mama, weil sie putzt, wäscht, kocht…

 

            Auswertung:

Die Schüler/-innen nannten alle ihre Mama, da sie tagtäglich für sie da ist. Sie wussten zwar, was ein „Local Hero“ ist, jedoch konnten sie keinen Weiteren nennen. Viele begründeten dies damit, dass sie bis dahin „blind“ durchs Leben gingen und auf Personen mit exemplarischen Verhaltensweisen nicht geachtet haben.

 

  1. „Kennenlernen“ unseres Local Heroes durch Zeitungsartikel

 

 

-          Gemeinsames Lesen des Artikels

-          Kurze Zusammenfassung und Wiederholung

 

-          Frage an die Schüler-/innen:

Wieso ist Frau Giltner ein Local Hero?

 

Antwort der Schüler-/innen:

..., weil sie sich aufopfernd um ihre Kinder kümmert, allen voran um ihre behinderte Tochter.

 

Auswertung:

Nachdem die Schüler/-innen den Zeitungsartikel gelesen haben und Informationen über das Leben von Familie Giltner erhalten haben, konnten sie den Begriff „Local Hero“ sofort anwenden und begründen, wieso Frau Giltner ein solcher ist. 

 

    5.    Sammeln der Fragen

Samira:

-          Wie kommst du damit klar, dass du immer auf Hilfe angewiesen bist?

-          Woher nimmst du die Kraft, den Alltag zu meistern?

-          Spielst du mit deinen Geschwistern?

-          Bist du wegen deiner Größe traurig?

-          Wie nehmen dich deine Mitmenschen wahr?

-          Was war dein schönstes Erlebnis?

-          Was ist deine Leibspeise?

 

Frau Giltner:

-          Wie haben sie sich gefühlt, als sie von der Krankheit erfuhren?

-          Gehen sie in die Arbeit?

-          Waren sie schon mal an einem Punkt, an dem ihnen alles zuviel wurde?

-          Wie sieht die Betreuung in der Nacht aus?

-          Welche Geräte brauchen sie für die Pflege von Samira?

-          Wie sieht die Ernährung von Samira aus?

-          Was machen sie, wenn sie Samira einmal nicht mehr pflegen können?

-          Wart ihr schon gemeinsam im Urlaub?

-          Wie sitzt Samira im Auto?

-          Macht Samira Sport?

-          Ist euer Haus behindertengerecht?

-          Wie schwer ist Samira?

-          Wie gehen Fabios Mitschüler mit der Behinderung um?

-          Wie lange kann Samira sitzen?

-          Kann Samira gehen?

-          Kann Samira schreiben und Hausaufgaben machen?

-          Wie lange geht Samira noch in die Schule?

-          Kennt Samira Farben?

-          Werden Samiras Geschwister benachteiligt?

 

   6. Austeilen der Urkunden, die die Schüler und Schülerinnen für Frau Giltner gestalten dürfen

 

 

M3: Durchführung

  1. Den Gästen die Klasse vorstellen
  2. Erklären, worum es in dem Projekt geht
  3. Gemeinsames Singen zur Begrüßung
  4. „Herantasten“ der Schüler/-innen durch gemeinsame Pause
  5. Beginn des Interviews
  6. Gemeinsames Singen als Gesprächspausen
  7. Überreichung der Urkunden
  8. Überreichung der Gastgeschenke
  9. Schlusswort
  10. Zurückbringen der Gäste zum Auto

 

Zu 5.: Interview mit Samira und Frau Giltner

Frage an Samira: Wie kommst du damit klar, dass du ständig auf Hilfe angewiesen bist?

Antwort: Gut. Es macht mir nichts aus. Ich bin diese Situation gewöhnt.

 

Frage an Fr. Giltner: Wie haben sie sich gefühlt, als sie erfahren haben, dass Samira krank ist?

Antwort: Zuerst brach eine Welt für mich zusammen. Wir haben uns gefragt, ob wir das schaffen. Aber   nach und nach gewöhnte man sich daran.

 

Frage an Fr. Giltner: Gehen sie zur Arbeit?

Antwort: Nein, ich gehe keiner regelmäßigen Arbeit nach. Samira hat Pflegestufe drei und braucht daher rund um die Uhr Pflege. Des Weiteren habe ich noch zwei weitere Kinder.

 

Frage an Samira: Woher nimmst du die Kraft, den Alltag zu meistern?

Antwort: Ich schöpfe Kraft aus der Musik (Hansi Hinterseer), Fernsehsendungen wie Sturm der Liebe, Alisa und Dahoam is Dahoam. Ebenso wie durch Spiele und Aktivitäten mit meiner Familie.

 

Frage an Fr. Giltner: Waren sie schon mal an einem Punkt, an dem ihnen alles zu viel wurde?

Antwort: Auf jeden Fall. Aber nicht wegen Samira sondern wegen ganz alltäglichen Problemen. Ich fahre dann durch Zwiesel und dreh die Musik ganz laut auf und alles wird gut.

 

Frage an Fr. Giltner: Wart ihr schon mal im Urlaub?

Antwort: Urlaub ist leider schon lange nicht mehr möglich. Einmal waren wir jedoch im Zillertal. Dies war das erste und zugleich letzte Mal. Dieser Urlaub bleibt uns allen in guter Erinnerung. Die Risiken bei einem Urlaubsaufenthalt wären für Samira momentan zu groß. Unser aller Traum wäre es jedoch, einmal ein paar Tage gemeinsam wegzufahren. Fliegen käme dabei aber nicht in Frage, da Samira dabei einen Blutsturz bekommen und verbluten könnte.

 

Frage an Fr. Giltner: Wie sieht die Betreuung während der Nacht aus?

Antwort: Samira kann erst ab ca. 22:00 Uhr zu Bett gehen, weil sie viele Medikamente nehmen muss und nicht alle zur gleichen Zeit einnehmen darf. Sie schläft auch bei uns im Elternschlafzimmer in einem Pflegebett, da sie nur schlafen kann, wenn sie mich atmen hört. Ich stehe alle zwei Stunden auf und schaue, ob sie Blutungen hat. Dies geschieht ganz automatisch und ohne Wecker. Dabei benutze ich nur eine Taschenlampe, um Samira nicht zu wecken.

 

Frage an Fr. Giltner: Wie sieht die Pflege / Reinigung aus und welche Geräte benötigen Sie dafür?

Antwort: Die morgendliche Pflege dauert eine Stunde. Samira hat ständig Abszesse, die verkrusten. Die abendliche Reinigung dauert eine halbe Stunde. Außerdem muss ihr Gaumen gesäubert, desinfiziert und gespült werden, da er sich auflöst. Zur Reinigung benötigen wir Kompressen, Desinfektionsmittel, Wattestäbchen und eine Spritze mit einem Schlauch zum Spülen.

 

Frage an Fr. Giltner: Wie sieht Samiras Ernährung aus?

Antwort: Samira kann alles essen, wobei sie Fleisch nicht sehr gerne mag. Mc Donalds mag sie allerdings sehr gerne. Durch die Erkrankung hat Samira keine Zähne mehr und mag deswegen lieber weichere Lebensmittel. Das Frühstück und Abendessen nimmt Samira selbstständig zu sich. Da sie blind ist, werden Lebensmittel wie Wurst und Käse auf bestimmte Uhrzeiten auf dem Teller angerichtet. So findet Samira das, was sie gerade essen möchte.

 

Frage an Fr. Giltner: Macht Samira ihre Körpergröße traurig?

Antwort: Nein, ihre Körpergröße macht ihr nichts aus. Außerdem ist diese Größe sehr gut, da ich sie ohne große Probleme tragen kann.

 

Frage an Samira: Wie nimmt dich deine Umwelt wahr?

Antwort: Zweimal bin ich etwas unschön angesprochen worden.

 

Frage an Samira: Was war dein schönstes Erlebnis?

Antwort: Der Besuch bei Hansi Hinterseer.

 

Frage an Fr. Giltner: Wächst Samira noch?

Antwort: Nein, die Körpergröße bleibt. Bei der Geburt war sie normal, da hat man überhaupt nichts gemerkt.

 

Frage an Fr. Giltner: Ist ihr Haus behindertengerecht eingerichtet?

Antwort: In unserem Haus ist im Erdgeschoss alles offen, dadurch kommen wir mit dem Rollstuhl überall problemlos hin, auch auf die Terrasse. Die Treppen zu den Schlafräumen tragen wir Samira hoch.

 

Frage an Fr. Giltner: Was wird aus Samira, wenn sie sie einmal nicht mehr pflegen können?

Antwort: Ich bete jeden Tag, noch lange für Samira da sein zu können. Ich wüsste nicht, wer diese Arbeit übernehmen könnte.

 

Frage an Fr. Giltner: Wie schwer ist Samira?

Antwort: Samira wiegt derzeit 26 Kilo. Man hat erst mit ca. acht Monaten gemerkt, dass etwas nicht stimmt. Sie hat bis zu ihrem zweiten Lebensjahr sehr viel geweint, da ihr das Wachsen wahnsinnige Schmerzen bereitet hat. Samira hat sehr früh geredet und hatte auch keine Babysprache. Ihr erster Satz war „I mog an Knödl“.

 

Frage an Fr. Giltner: Wie gehen Fabios Mitschüler mit der Behinderung um?

Antwort: Fabios Mitschüler und Freunde nehmen das ganz gut auf. Fabio schämt sich auch nicht und seine Freunde kommen ganz oft zu uns nach Hause. Sie gehen immer sehr gut und locker mit Samira um.

 

Frage an Fr. Giltner: Spielt Samira mit ihren Geschwistern?

Antwort: Samira spielt mit ihren Geschwistern Zauberhut und Blindekuh. Sie hören auch viel Musik zusammen, von Hansi Hinterseer bis AC/DC.

 

Frage an Fr. Giltner: Wie lange kann Samira sitzen?

Antwort: Sitzen kann Samira 1 bis 2 Stunden am Stück. Wenn ihr das Sitzen in der Schule zuviel wird, liegt sie auf einem Sitzsatz. Sie braucht 3-mal täglich Schmerzmittel, da sie mehrere Entzündungen am Steißbein und am Gaumen hat. Samira kann auch nicht stehen oder gehen. Sie ist auch nie gekrabbelt, sondern gerollt.

 

Frage an Fr. Giltner: Kann Samira schreiben und Hausaufgaben machen?

Antwort: Samira hat einen Computer für Blinde, den sog. Pronto. Dieser arbeitet mit Blindenschrift (Braille-Schrift). Auch Hausaufgaben erledigt sie damit ganz normal. Samira arbeitet sehr viel mit dem Gedächtnis.

 

Frage an Fr. Giltner: Wie lange muss Samira noch zur Schule gehen?

Antwort: Sie muss noch 1 Jahr in die Hauptschule gehen, bevor sie dann nächstes Jahr in die dreijährige Berufsschule wechseln kann.

 

Frage an Samira: Was ist deine Leibspeise?

Antwort: Meine Leibspeisen sind Spaghetti, Pizza und Knödl mit Soße.

 

Frage an Fr. Giltner: Werden ihre Geschwister benachteiligt?

Antwort: Leider fühlt sich Fabio oft benachteiligt. Er muss meistens zurückstecken und hat es oft nicht leicht. Es gibt Tage, an denen mein Mann nur was mit Fabio unternimmt, z.B. ins Kino gehen. Chiara ist noch zu jung und bekommt davon noch nichts mit.

 

Frage an Fr. Giltner: Mag Samira zum Essen gehen?

Antwort: Freilich. Samira wird nächste Woche 18 Jahre alt. Sie hat sich gewünscht, mit der Familie zum Essen zu gehen und in den Tierpark nach Lohberg zu fahren. Sie ist von Haus aus mit allem zufrieden und im Gegensatz zu anderen wünscht sie sich zu ihrem Geburtstag nur eine CD und einen Schlüsselanhänger.

 

Frage an Fr. Giltner: Macht Samira Sport?

Antwort: Samira macht Ergotherapie und Krankengymnastik. Sie arbeitet auch viel mit einer Therapieknete, damit die Findermuskulatur trainiert wird.

 

Zu 7.: Überreichung der Urkunden

Hier die Originalurkunden der Schüler und Schülerinnen:

        

 

 

     

    

 

  

    

 

 

 

  

 

 

M4: Bilder des Besuchs

 

Die Klasse 6c mit Samira, Frau Giltner und Frau Bauer

 

Samira auf Ihrem Sitzsack

 

Überreichen der Geschenke durch Frau Falter

 

Gemeinsames Singen mit Herrn Berger an der Gitarre

 

Frau Giltner, Samira und Frau Bauer

 

Überreichen der Urkunden durch die Schüler und Schülerinnen

 

 

M5: Arbeitsaufträge zur Nachbereitung des Besuchs

Auftrag 1:

Stell dir vor, du wärst an Samiras Stelle. Wie würdest du es dir wünschen, dass deine Freunde und Bekannten mit dir umgehen?

Ergebnisse: (Texte sind so abgeschrieben wie von den Schülern verfasst)

Beispiel 1:

Ich möchte, dass sie mich wie einen ganz normalen Menschen behandeln. Und mir nur helfen wenn ich es wirklich nötig habe. Sie sollten mich nicht wie einen geistig behinderten halten, der nicht weiß, wie es in der Welt zugeht und kaum denken kann. Ich möchte es nich wenn sie mir alles kaufen täten, was ich möchte. Ich wäre froh, wenn wir zusammen ein paar Ausflüge z.B. nach München fahren würden. Ich hätte es sehr gerne wenn Leute kommen und meine Eltern nicht immer sagen würden, dass ich ruhe oder schlaf brauche. Ich täte mich freuen, wenn zu mir trotz der Krankheit Freunde kommen und sie mich nicht auslachen. Ich täte mich auch freuen wenn meine Eltern den anderen Leuten sagen würde warum ich so klein bin und so aussehe.

 

Beispiel 2:

Ich möchte, dass meine Bekannten viel mit mir reden. Meine Freunde sollten vorsichtig mit mir umgehen. Mir währ es wichtig das ich wegen dieser Krankheit trotzdem immer noch wie ein Mensch behandelt werde und Respektiert werde. Ich währe immer noch ein Mensch und kein gefühlloses Monster. Blos, weil ich anders aussehe bin ich immer noch im inneren wie alle anderen. Behinderd. Na und?

Ich verstehe auch Spaß!

Mit mir kann man auch lachen!

Merkt euch das!

 

Zusammenfassung aller Ergebnisse:

         Wie immer, als wäre man ein ganz normales Kind

         Keine übertriebene Fürsorge / Pflege und Mitleid

         Akzeptanz

         Trotz Behinderung geliebt / gemocht werden

         Besuche (spielen, reden…)

         Unterstützen, das Leben zu meistern

         Gleichberechtigung

         KEINE HÄNSELEIEN

 

Reflektion:

In dieser Übung sollen sich die Schüler und Schülerinnen in Samira hineinversetzen. Ziel ist es, sich mit diesem Thema intensiv zu beschäftigen und eigenständige und begründete Entscheidungen zu treffen.

Neben den oben genannten Antworten war für die Kinder ein Aspekt am wichtigsten: Keine Hänseleien! Nachdem dieser Punkt in nahezu jedem Brief vorkam, fand ich es für sinnvoll, dies noch tiefer zu ergründen und ich befragte deswegen noch einzelne Schüler dazu. Dabei kam heraus, dass sie bis zu dem Treffen mit Samira behinderte  Personen mit anderen Augen gesehen haben und selbst schon öfter unangemessene Kommentare von sich gegeben haben oder Hänseleien gegenüber behinderten Menschen mitbekommen haben. Bei der Vorstellung, selbst behindert zu sein und dem Wunsch, wie mit Ihnen umgegangen werden soll, wurde Ihnen bewusst, dass Hänseleien sehr verletzend sind.

Dieser Arbeitsauftrag zeigt, dass die Schüler und Schülerinnen im Alter zwischen elf und zwölf Jahren in der Lage sind, sich in andere Personen hineinzuversetzen und dabei eigenständige Entscheidungen zu treffen.

 

 

Auftrag 2:

Schreibe einen Brief an Samira. (Die Schüler bekommen ein Blatt Papier mit vorgegeben Satzanfängen und ein passendes Kuvert)

 

 Ergebnisse:

 

 

 Zusammenfassung aller Ergebnisse:

         Vielen Dank für…

            => den Besuch

            => die offene Beantwortung der Fragen

            => den Einblick in dein Leben

 

         Meine Gefühle…

            => beeindruckt, wie mit Behinderung umgegangen wird

            => erstaunt, wie glücklich trotz Behinderung

            => gerührt

            => traurig

            => nachdenklich

            => bewundernd

            => unbeschreiblich

 

         Dein Besuch…

            => hat gezeigt, dass man eine Behinderung meistern kann

            => war ergreifend

            => war ein Erlebnis

            => war eine Bereicherung

 

         Ich…

            => wünsche Dir alles Gute und vor allem Gesundheit auf deinem weiteren         Lebensweg

            => hoffe, dass du uns wieder besuchst

            => hoffe, dass du deinen Lebensmut nicht verlierst

            => wünsche Dir weiterhin soviel Lebensfreude wie bisher

 

Reflektion:

Ziel dieses Briefs ist es, dass sich die Schüler und Schülerinnen nach dem Besuch von Frau Giltner und Samira noch mal intensiv Gedanken darüber machen. Das Schreiben des Briefs ist Hausaufgabe, weil sich somit jeder ungestört Gedanken darüber machen kann und nicht vom Banknachbarn gestört werden kann.

Neben all den Antworten, die oben aufgeführt wurden, war ein Aspekt am häufigsten und meiner Meinung nach auch am wichtigsten. Durch den Besuch von Samira und ihrer Mama haben die Schüler und Schülerinnen gemerkt, dass es auch Menschen gibt, denen es nicht so gut geht und die trotzdem bescheiden und mit Kleinigkeiten zufrieden sind. Glück bedeutet nicht, das neueste Spielzeug oder die teuersten Klamotten zu haben, sondern gesund zu sein. Allein diese Erkenntnis macht diesen Arbeitsauftrag sehr lehrreich und hat das Ziel komplett erfüllt. 

 

 

M6: Weiterarbeit

Artikel in der Passauer Neuen Presse (Regener Lokalteil):

 

 

 

 

M7: Wie gelingt ein Lernen an fremden Biographien? und Schlusswort

In diesem Projekt geht es um Local Heroes, jedoch gibt es auch noch zwei weitere Ebenen von Vorbildern – ferne Personen und nahe Personen. In die Gruppe der fernen Personen fallen große Gestalten der Geschichte, biblische Gestalten, Heilige, Helden, mediale Stars und Idole und fiktive Personen. In die Gruppe der nahen Vorbilder fallen Lehrer, Eltern, Großeltern, Onkel, Tanten, Vater, Mutter und Geschwister. Die Gruppe der Local Heroes, die sogenannten mittleren Vorbilder, besteht aus Menschen aus der mittelbaren und unmittelbaren Umgebung, die durch außergewöhnliche Verhaltensweisen auffallen.

Doch was sind die Vorteile der „Heiligen des Alltags“ und wieso eignen sie sich besonders gut für orientierendes Lernen? Local Heroes leben in der unmittelbaren Umgebung und sind Menschen „wie du und ich“. Vor allem Menschen aus dem Nahbereich und der Jetzt-Zeit ermöglichen eine unmittelbare personale Begegnung. Außerdem zeigen Heilige des Alltags, dass auch inmitten unserer Wohlstandsgesellschaft altruistisches Handeln möglich ist. Local Heroes sind für die Schüler und Schülerinnen greifbar. Je nach Möglichkeit (wie in diesem Projekt geschehen), kann man ein Treffen arrangieren, in dem die Klasse persönlichen Kontakt haben und ein Gespräch führen kann. Dies ist für Schüler und Schülerinnen viel interessanter und ertragsreicher, als einen Text über eine biblische Gestalt zu lesen. Trotzdem ist es aber wichtig, fremde Personen nicht einfach nachzuahmen, sondern seinen eigenen Weg zu gehen.

Die Auseinandersetzung mit fremden Biographien soll zur Frage führen, wie man sich selber in solchen Situationen verhalten würde. Man möchte die Urteilskompetenz  und das Wertbewusstsein der Kinder und Jugendlichen fördern und sie sollen so ein Gespür für Werte und Normen bekommen. Zusammenfassend kann man sagen, dass das Lernen an fremden Biographien, vor allem das an Local Heroes, für die Schüler und Schülerinnen sehr abwechselnd, aufschlussreich und interessant ist. Die Kinder, mit denen ich das Projekt gestaltet habe, haben alle das gleiche Feedback abgegeben – sie waren dankbar, einmal einen Religionsunterricht erlebt zu haben, der einen persönlichen Kontakt zu einem Local Hero ermöglicht hat. Für alle Schüler und Schülerinnen war dies eine sehr schöne Erfahrung, die sie in ihrer Denkweise reifen ließ.

 

Literatur: Hans Mendl, Lernen an (außer-)gewöhnlichen Biographien. Religionspädagogische Anregungen für die Unterrichtspraxis, Donauwörth 2005.

 

 

M8: Schlusswort

Dieses Projekt war nicht nur für die Schüler und Schülerinnen sehr lehrreich, aufschlussreich und wahnsinnig interessant, sondern auch für mich. Frau Giltner und Samira haben uns einen Einblick in Ihr Leben gegeben und uns gezeigt, wie glücklich man auch trotz einer solchen Behinderung sein kann. Durch diesen Besuch sind uns die wirklich wichtigen Dinge des Lebens wieder bewusst geworden.

 

„Das Glück wohnt nicht im Besitze und nicht im Golde, das Glücksgefühl ist in der Seele zu Hause.

Demokrit