Thema: Befragung in der Stadt: Jesus Christus - ein Vorbild?

 

Materialbausteine:

M1: Erkenntnisinteresse

M2: Vorüberlegungen

M3: Checkliste für eine Passantenbefragung

M4: Aussagekräftigste Antworten der Passanten

M5: Auswertung der Interviews

M6: Didaktische Anregungen

M7: Schlussreflexion

 

 

M1: Erkenntnisinteresse

Die meisten Menschen haben Vorbilder; Menschen an denen sie sich messen und orientieren können. Ein Vorbild ist eine lebende oder bereits verstorbene Person, dessen Wirken und Auftreten einen anderen Menschen so nachhaltig beeinflussen, dass dieser in Bewunderung versucht ihm nachzueifern.

Mit unserem Projekt wollten wir erfahren, welche Rolle Vorbilder in der heutigen Gesellschaft spielen und inwiefern Jesus Christus als solches gilt. Sind es mediale Stars oder Personen aus dem näheren familiären Umfeld? Sind Vorbilder überhaupt notwendig?

Dazu wurden Passanten aller Altersgruppen in der Passauer Fußgängerzone befragt.

 

 

 M2: Vorüberlegungen

Zunächst war es sinnvoll, so viele Fragen wie möglich zu sammeln, die sich uns zu diesem Themengebiet erschlossen haben. Dabei halfen uns zwei Mind-Maps zum Thema ‚Vorbild’, sowie ‚Jesus Christus’. Alle Begriffe und Fragen, die uns zu diesen Topics einfielen, wurden rings um diese aufgeschrieben. Anschließend bemühten wir uns, die gemeinsamen Schnittmengen herauszufinden und daraus passende Fragen zu formulieren und in Themengebiete zu sortieren. Da wir davon ausgingen, dass die zu befragenden Passanten nur kurz angebunden sein werden, achteten wir auf eine sinnvolle Fragenreihung um die Befragung möglichst lange aufrecht zu halten. Wir beschränkten uns auf fünf Fragen, die möglichst kurz und leicht verständlich sein sollten:

1.      Haben Sie Vorbilder? Wer ist für Sie ein Vorbild?

2.      Sind Vorbilder wichtig?

3.      Wäre Jesus Christus für Sie ein Vorbild?

4.      Was gefällt Ihnen an Jesus Christus?

5.      Ist Jesus Christus heute noch aktuell?

 Für die Durchführung einer Personenbefragung bieten sich verschiedene Möglichkeiten zur Dokumentation an: video-dokumentiert mit einer Kamera, audio-dokumentiert mit einem Diktiergerät oder durch Mitschrift. Da eine Kamera viele Passanten abschreckt, haben wir uns für einen Fragebogen entschieden und nach Möglichkeit, das Gespräch auditiv mitgeschnitten.

 

 

M3: Checkliste für eine Passantenbefragung

 1.      Planung und Vorgehensweise

 a)      Passende Fragen überlegen

 Als erstes stellt sich die Frage, wie das Interview verlaufen soll: frei oder strukturiert mit vorgefertigten Leitfragen. Wenn man sich für die Vorbereitung von Leitfragen entscheidet, muss das Interview in Primär- und Sekundärfragen eingeteilt werden. Die Primärfragen, welche vom Interviewer auf jeden Fall gestellt werden sollten, sind die Strukturträger des Interviews. Bei der Formulierung der Fragen ist es empfehlenswert folgende Richtlinien zu beachten: die Fragen sollten kurz sein, die Wortwahl und der Satzbau möglichst einfach und auf die Verständnismöglichkeiten der Interviewpartner abgestimmt sein. Sekundärfragen können bei Bedarf auch spontan gestellt werden, falls die Antworten noch nicht erschöpfend sind. Mehrdeutigkeiten können durch Nachfragen geklärt werden. Wichtig ist außerdem, dass die ersten Fragen nicht zu abschreckend wirken und somit eine Abblockung der Interviewpartner verhindert wird.

 b)      Fragen in Themenfelder sortieren

 Die Abfolge der einzelnen Themenbereiche sollte stimmig sein, sodass die Befragung insgesamt eine Struktur mit Anfang, Höhepunkt (mit der wichtigsten Frage) und Ende enthält. Eine Frage sollte sich nur auf jeweils ein Themenfeld beziehen. Wichtig ist, dass sich jede einzelne Frage in den Kontext des Gesamtinterviews einfügen lässt. 

 c)      Fragen beschränken

 Da die meisten Passanten kurz angebunden sind, ist es wichtig, dass man sich auf die wichtigsten Fragen beschränkt, um möglichst schnell und möglichst viel vom Befragten zu erfahren, bevor der Passant selbst wegen Zeitmangel das Interview beendet.

 d)      Auf sinnvolle Fragenreihung achten, um das Gespräch aufrecht zu halten

 Durch die vorformulierten Leitfragen ist dem Interview bereits eine grobe Struktur gegeben, die ein Abschweifen vom Thema verhindert und das Gespräch dennoch aufrechterhält. Trotzdem bleibt noch genügend Flexibilität erhalten, damit auch solche Inhalte, die im Leitfaden nicht vorgesehen sind, aber zum Rahmenthema des Interviews gehören, zur Sprache kommen können.

Die Eröffnungsfrage ist von besonderer Bedeutung. Es ist empfehlenswert, eine neutrale, aber durchaus interessante Frage zu stellen. Sie darf keinesfalls Schwierigkeiten bereiten, sondern sollte für den Interviewten eine kleine Orientierungshilfe sein. Problematische oder unangenehmere Fragen sollten nicht am Anfang, sonder besser später gestellt werden, wenn die Beziehung von Interviewer und Befragten bereits etwas gefestigt ist.

Wichtig ist es, von allgemeinen zu thematisch eingegrenzten Fragen fortzuschreiten. Informationen zu Alter und Beruf der befragten Person gehören an das Ende des Interviews.

e)      Befragung

Kontaktphase:

Für den Interviewverlauf ist besonders der erste Kontakt zwischen dem Interviewer und dem Befragten von wesentlicher Bedeutung. Hier entscheidet sich, ob der Befragte am Interview teilnimmt oder sich verweigert.

Der Kontaktphase sind zwei Funktionen zugeschrieben: sie soll dem Befragten Orientierung vermitteln und eine positive Atmosphäre schaffen. Eine kurze Vorstellung und Erklärung des Ziels dieses Interviews legt die Basis für eine offene Beziehung im Interview. Dazu gelten folgende Empfehlungen: Begrüßung des Gesprächspartners, Vorstellen, Erklärung von Auftrag und Ziel sowie Einholen der Erlaubnis zur Aufzeichnung des Interviews. Oftmals treten Menschen einem Interview recht misstrauisch entgegen. Deshalb ist es notwendig, in der Kontaktphase vor allem Vertrauen aufzubauen, besonders wenn man private Themen ansprechen möchte. Der erste Eindruck ist aufgrund seiner prägnanten Wirkung sehr bedeutsam; man versucht sich gegenseitig einzuordnen. Daher ist nicht unwichtig zu wissen, dass ein heiterer, freundlicher Gesichtsausdruck von erheblicher Bedeutung für den Aufbau eines Sympathiefeldes ist. Es sollte außerdem ein geeigneter Ort für das Interview gewählt werden, damit der Befragte offen und frei sprechen kann.

Informationsphase:

Am besten ist es, die Informationsphase nicht übermäßig anspruchsvoll zu gestalten. Die Fragen sollten vom Interviewten verstanden werden können; deshalb ist es besser, bei der Formulierung  auf komplizierte Fachbegriffe zu verzichten.

Als erste Frage empfiehlt sich eine relativ einfache Frage, die zudem den Befragten zu einer positiven Antwort veranlasst. Um viel aus einem Interview herausholen zu können und dem Partner Akzeptanz zu vermitteln, ist es bedeutend, dass man dem Gesprächspartner zuhört und ihn nicht mit Zwischenfragen unterbricht. Außerdem sollte der Interviewer darauf verzichten, Zweifel zu äußern. Wenn jemand einem Anderen zu verstehen gibt, dass er sich ihm überlegen fühlt, hinsichtlich Position oder Wissen, dann erzwingt er automatisch Abwehr.

Aufmerksames Zuhören und Interesse können auch durch nonverbale Signale deutlich gemacht werden. Dies kann man zum Beispiel durch Blickkontakt zum Ausdruck bringen, was wiederum den Befragten zum Weiterreden motiviert und zudem persönliches Interesse am Gesprächspartner zeigt. So reagiert er mit Sicherheit mitteilsamer. Ein freundlicher und aktiver Interviewer wird erfolgreicher sein, als jener, der distanziert wirkt.

 f)        Auswertung

 Nach einem Interview in der Stadt liegen ausgefüllte Fragebögen, Bild- oder Tonaufzeichnungen vor. Nun folgt die Auswertung und Analyse der Daten.

Um aussagekräftige Ergebnisse zu erzielen, ist es bei der Befragung wichtig, allen Interviewten dieselben Fragen zu stellen und somit auch bessere Vergleichsmöglichkeiten zu haben. Anschließend sollen Statistiken erstellt werden, die prozentual die Ergebnisse der Befragung darstellen.

 

 2.      Befragungstechnik, Aufzeichnung der Befragung planen[1] [2]

Bei einer Befragung gibt es viele Möglichkeiten, das Interview aufzuzeichnen: der Einsatz moderner Techniken ist dabei besonders beliebt. Video-dokumentiert durch Filmen, audio-dokumentiert mit Diktiergerät oder auch traditionell durch Mitschrift.

Das durch Ton- oder Bildträger aufgezeichnete Gespräch bietet eine vollständige  Wiedergabe der Befragung. Diesen beiden Aufzeichnungstechniken stehen allerdings zwei Tatsachen entgegen: Ihr Einsatz ist mit einem hohen Aufwand verbunden und birgt andererseits die Gefahr in sich, beim  Interviewten eine gewisse Zurückhaltung und Hemmung auszulösen. Man stelle sich eine Situation vor, in der zum Beispiel zwei Studenten, ausgerüstet mit einer Videokamera und einem Aufnahmegerät mit Mikrophon, in der Stadt herumlaufen, mit der Absicht Passanten um ihre Meinung zu Jesus Christus zu bitten. Hierbei liegt die Gefahr sehr nahe, dass die Bereitschaft zu antworten gehemmt oder die Befragung gar verweigert wird. Deshalb sollte man vor der Durchführung des Interviews sehr gründlich den Einsatz technischer Mittel überdenken.


[1] Vgl. Lehmann

[2] Vgl. Stamm

 

 

M4: Aussagekräftigste Antworten der Passanten

1.      Frage: Haben Sie Vorbilder? Wer ist für Sie ein Vorbild?

 

·        „Habe keine Vorbilder. Man muss für sich selbst Vorbild sein.“

       (31, w, Schülerin)

 

·        „Vorbilder? Ja. Eigentlich nicht. Ich hab das so bewusst nicht. Auch in der Jugend hatte ich keine.“

      (59, m, Werkzeugmacher)

 

·        „Ja, ich bin katholisch, mein Vorbild ist der Heilige Judas Thaddäus. Er ist ein recht guter Helfer. Ein Verwandter von

      Jesus, Blutsverwandter von Jesus. Wir sind katholisch und Sie? Kennen Sie den Judas Thaddäus? Helfer in

      aussichtslosen Anliegen!“

      (82, w)

 

·        „Nein. In der Jugend schon: Fußballer, Lehrer, Pfarrer.“

      (63, m, Rentner“)

 

·        „Unsere Eltern, unsere Kinder.“

      (78, m + w)

 

·        „Ja, meinen Papa, weil er so lieb und nett ist und weil er so gut Fußball spielen kann. Und Soldaten, weil sie so gut

       kämpfen können.“

      (6, m, Schüler)

 

·        „In meiner Jugend und auch jetzt sind vor allem erfolgreiche und reiche Menschen meine Vorbilder, die richtig Kohle

       haben. Die Menschen, die einen Machtstatus haben. Aber so richtige Vorbilder hatte ich nie.“

       (27, w, Einzelhandelskauffrau)

 

·        Ja, z.B. meine Lehrerin, weil sie uns oft tolle Sachen beibringt und sie sich so viele Dinge merken kann. Meine    

      Mama find ich auch gut, weil sie immer für mich da ist, auch wenn sie manchmal schimpft. Manchmal find ich auch    

      meinen Bruder toll.“

       (7, m, Schüler)

 

·        „Meine Vorbilder waren und sind meine Eltern und meine Oma. Ich hatte nie andere Vorbilder. An ihnen kann ich mich

       orientieren, weil sie ihr Leben toll meistern und auch in stressigen Momenten nicht aufgeben. Meine Oma war

      deshalb ein tolles Vorbild für mich, weil sie von ihrer Persönlichkeit ein sehr freundlicher und herzlicher Mensch war,

      immer hilfsbereit und immer ein Ohr für meine „kindlichen“ Probleme hatte. Ich finde nicht, dass Stars gute Vorbilder

     sind für Kinder, denn solche beinhalten immer sowohl positive, als auch negative Eigenschaften.“

     (23, w, Studentin)

 

·        „Ja, z.B. meine Lehrerin, weil sie uns oft tolle Sachen beibringt und sie sich so viele Dinge merken kann. Meine

      Mama find ich auch gut, weil sie immer für mich da ist, auch wenn sie manchmal schimpft. Manchmal find ich auch  

      meinen Bruder toll.“

     (7, m, Schüler)

 

·        „Ja, ich habe schon Vorbilder. Besonders beeindruckend finde ich meine Mutter, weil sie trotz ihres hohen Alters ihr

       Leben super meistert und mir oft hilfreiche Tipps gibt.“

      (50, w, Hausfrau)

 

·        „Nein, eigentlich nicht. Ich finde man sollte nicht versuchen, den ganzen Lebensweg eines anderen Menschen

       nachzumachen.“

       (15, m, Schüler)

 

 

2.      Frage: Sind Vorbilder wichtig?

 

·        „Doch, finde ich schon. Nicht unbedingt an Personen gebundene Vorbilder, sondern an Lebensweisen und an Einstellungen, Lebenseinstellungen.“

(59, m, Werkzeugmacher)

 

·        „Ja freilich, ohne dem ginge es nicht. Die Heiligen in erster Linie, ja, weil wir halt katholisch sind. Zu anderen Vorbildern fällt mir gerade nichts ein. In der heutigen Zeit: Jesus. Auch für Jugendliche von heute. Mutter Gottes auch. Nur durch Maria kommt man zu Jesus, heißt es bei den Katholiken, bei den Protestanten geht man gleich zu Jesus. Maria ist ja die Fürbitterin. Ohne sie geht nichts.“

(82, w)

 

·        „Nein. Wichtig ist nicht wer, sondern was, die Lebensweise.“

(48, m, Rechtsanwalt)

 

·        „Direkt so wie er von der Kirche verwendet wird nicht. Als solches schon. Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, Kirche als solches, als Amt Kirche, ist mir ein bisschen zu konservativ. Ich bin es selbst, aber man sollte den Menschen ein bisschen mehr Freiraum gönnen.“

(65, w, Rentnerin)

 

·        Nein. Ich sehe das falsch, wenn man sich Vorbilder macht oder Vorbilder hat. Weil dadurch die Entwicklung der eigenen Betätigung und des eigenen Könnens gehindert wird, indem man sich an anderen orientiert.“

(63, m, Rentner)

 

·        „Ach ich denk schon, dass man das im Leben...ich bin ein bisschen konservativ. Man sollte schon ein bisschen…noch Werte! Ja, man kann sich schon ein bisschen noch an Fremden orientieren. Aber was ich von mir selbst vertrete ist wichtig!“

(65, w, Rentnerin)

 

·        „Ja, Vorbilder sind schon wichtig für das Leben. Man lernt dadurch, was richtig und falsch ist. Vorbilder sind Leitfiguren, sie zeigen einen Weg, der zum Erfolg führt. Ich finde Vorbilder sind wichtig, wenn sie einem helfen, Entscheidungen zu treffen etc., aber man sollte nicht zu sehr nur einem Vorbild nacheifern, denn man hat ja ein eigenes Leben. Sonst schwankt das schnell ins Gegenteil um, wenn man keine eigene Meinung mehr hat.“

(25, w, Studentin)

 

·        „Nein, nicht unbedingt. Jeder Mensch ist ein Unikat. Man kann sich nicht sein eigenes Leben von jemand anderen vorleben lassen. Man kann sich zwar bestimmte Verhaltensweisen von anderen Menschen aneignen, aber nicht einen Mitmenschen total nachmachen, das funktioniert nicht.“

(15, m, Schüler)

 

·        „Vorbilder sind zwar wichtig, sollten aber nicht kopiert werden. Jeder Mensch sollte seine eigene Persönlichkeit entwickeln mit authentischen Charakterzügen bzw. Eigenschaften. Von Vorbildern kann auch eine sehr negative, gefährliche Wirkung ausgehen. Es gibt nämlich nicht nur positive Vorbilder, die viele Nachahmer finden. Viele Politiker und Manager der Wirtschaft und Banken glänzen durch Macht- und Geldgier. Viele Menschen betrachten dennoch deren Eigenschaften und Wertvorstellungen als anziehend. Die Folge ist ein Werteverfall der gesamten Gesellschaft.“

(55, m, Lehrer)

 

·        „Ich denke schon. Für mich sind sie es. Aber unter der Bedingung, dass man nicht total blauäugig im Umgang mit ihnen ist. Ansonsten könnte man sich zu stark beeinflussen lassen“

(22, m, Lehramt)

 

·        „Eher nicht, finde jeder sollte versuchen seine Persönlichkeit eigenständig zu entwickeln und nicht Verhaltensweisen oder Verhaltensmuster kopieren.“

(32, m, Student)

 

·        „Vorbilder sind sehr wichtig. Es muss keine einzelne Person sein, finde ich, aber es ist wichtig, dass man jemanden hat dem man nacheifert um sich selbst stärker zu machen und mehr aus sich rauszuholen. Außerdem gibt es einem Mut, wenn man sich nicht sicher ist, ob man etwas machen soll oder nicht.“

(21, w, Studentin: Sprache und Text)

 

·        „Bestimmte Vorbilder stehen für Werte, die der Gesellschaft und dem Individuum nützlich sein können. Vorbilder sind wichtig, vor allem für die Entwicklung. Ich denke auch, dass man von Vorbildern lernen kann, z.B. auch aus den Zitaten von Goethe. Man darf sich nur nicht zu sehr auf ein Vorbild fixieren, sondern man sollte immer sich selbst treu bleiben, am Besten ist ein „gesunder Mix“ der guten Eigenschaften der Vorbildern“

(23, m, Student)

 

·        „Für mich sind nur Vorbilder wichtig auf die ich mich verlassen kann, also Vorbilder aus meinem näheren Umfeld, keine Stars oder ähnliches.“

(22, w, Studentin)

 

 

 3.      Frage: Jesus Christus – ein Vorbild?

 

·        „Doch. Aber er ist nicht der einzige Weg. Ich sehe ihn nicht wie die Kirche, als einzigen Sohn Gottes. Er war ein Mensch, der vollendet war, ein Meister.“

(31, w, Schülerin)

 

·        „Nein. Ich kenne ihn nicht. Wer war er denn? Ich kenne zu wenig von ihm. Kenne nur das, was mir von der Kirche vermittelt wurde. Ist mir relativ egal. Könnt ihr mir in einem Satz sagen, worum es bei ihm geht? Kein Jugendlicher würde sich Jesus als Vorbild aussuchen. Wer Jesus als Vorbild hat ist doch besonders nett und brav.“

(25, m, Student)

 

·        Genauso wenig wie der unsichtbare Hase Harvey. Ich finde auch nicht, dass man von Jesus lernen kann. Man kann das nicht auf eine Person beschränken. Die Botschaft der Hilfsbereitschaft und der Nächstenliebe ist genau oder sogar in anderen Religionen oder Grundsätzen besser vertreten.“

(32, m, Student)

 

·        „Nein, weil ich nicht an ihn glaube. Niemand kann mein Vorbild sein, von dem ich glaube, dass er niemals existiert hat, zumindest nicht in der Form, wie es in der Bibel publiziert wird. Ich denke, dass man von Jesus nicht lernen kann. Menschen, die einen festen Glauben haben schon, ich nicht.“

(27, w, Einzelhandelskauffrau)

 

·        „Teilweise. Gut finde ich, dass Jesus nicht nur an sich selbst gedacht hat, sondern dass er auch an seine Mitmenschen gedacht hat. Er hat sein Leben außerdem sinnvoll genutzt. Allerdings finde ich, dass er es mit dem Helfen usw. absolut übertrieben hat. Andere Menschen und auch ich würden das sicher in so einer Form nicht machen.“

(15, m, Schüler Gymnasium)

 

·        „Ich kann Jesus nicht als mein Vorbild bezeichnen. Ich kann mir viele Sachen einfach nicht vorstellen, z.B. die Wasser in Wein Verwandlung. Ganz ehrlich zweifle ich manchmal, ob es Jesus überhaupt gegeben hat. Man könnte von Jesus lernen, dass man die zwischenmenschlichen Beziehungen besser pflegt und nicht nur auf sich selbst, sondern auch auf die Mitmenschen zu achten und sie zu unterstützen, wenn sie Hilfe brauchen.“

(22, w, Studentin Lehramt)

 

·        Nein, Jesus ist kein Vorbild für mich. Die Definition des Vorbilds ist eine Person, die zum nachahmen einlädt und mit der man sich identifizieren kann. Und nachahmen würde ich Jesus wohl nicht können. Seine Lebensweise ist bemerkenswert, aber entspricht nicht meiner Vorstellung.“

(19, m, Wehrdienstleistender)

 

·        „Ja, weil er für die Menschen so viele gemacht hat und er hat zum Beispiel dem blinden Bartholomäus geholfen, damit er wieder sehen kann.“

(6, m, Schüler)

 

·        „Ja, auf jeden Fall. Jesus hat das Wort „Macht“ nicht im negativen Sinn gelebt. Er wurde nicht nur selber bedient, sondern er war auch Diener, siehe Fußwaschung. Er hat sich unterworfen.“

(20, w, Studentin)

 

·        „Mit Sicherheit. Jesus hat sogar das Zeug zu einem sehr guten Vorbild, also theoretisch Ja. Praktisch Nein. So viel Moral und Größe hab ich nicht und meiner Meinung nach ist das in unserer Gesellschaft auch nicht ratsam, weil kaum jemand so ist. Und die, die versuchen so zu sein, werden dafür bestraft, weil man sie ausnutzt. Die richtig guten Menschen, ziehen leider oft den Kürzeren. Ich finde, dass man definitiv von ihm lernen kann. Jesus ist auf jeden Fall ein guter Lehrer, was den Umgang mit seinen Mitmenschen und den Glauben an Gott angeht.“

(21, w, Jurastudentin)

 

·        „Freilich. Jesus ist die Hauptsache in meinem Leben, an ihm orientiere ich mich auch. Auf das kann man hinarbeiten.“

(86, w, Rentnerin)

 

·        „Auf jeden Fall, er war eine tolle Person. Man kann zwar wahrscheinlich nie so werden wie Jesus Christus, aber man sollte wenigstens versuchen, auch gute Sachen wie er zu machen, z.B. anderen in Not helfen.“

(13, m, Schüler Gymnasium)

 

 

 4.      Frage: Was gefällt Ihnen an Jesus Christus?

 

·        „Natürlich, vor allem sein vorbildhaftes Verhalten gefällt mir. Seine Taten, wie Nächstenliebe und weil er seine Botschaft zu überzeugend überbrachte und auch überzeugend wirkte Es wäre sicherlich toll, wenn Jesus das Vorbild aller Menschen wäre, dann gäbe es sicherlich weniger Streit und Kriege auf der Welt.“

(21, m, Student Lehramt)

 

·        „Das er uns nicht alleine lässt und uns vor falschen Sachen und Unfällen schützt. Aber Jesus hilft nur den Menschen, die an ihn glauben.“

(7, m, Schüler)

 

·        „Seine friedlichen, positiven Eigenschaften.“

(25, m, Student)

 

·        „Er ist für uns gestorben und was das allein bedeutet, das ist viel. Ich bin katholisch, hab zwar nicht all zu viel mit der Institution Kirche am Hut, aber ich bin trotz allem gläubig und ich glaub an Jesus Christus.“

(77, m, Bundeswehr)

 

·        „Er muss kein Vorbild sein. An Jesus, da glaubt man dran. Da hat man auch keine Auswahl.“

(67, m, Rentner)

           

·        „Barmherzigkeit“

(75, m, Rentner)

           

·        „Dass er allen Leuten hilft.“

(82, w, Rentnerin)

           

·        „Jesus gefällt mir, aber die Kirche nicht. An ihm gefällt mir das Authentische.“

(52, m, Notar)

           

·        „Die soziale Ader.“

(48, m, Rechtsanwalt)

 

·        „Ja jetzt hab ich eine Grundsatzdiskussion: Jesus, wie er vermittelt wird, oder Jesus wie er so rüberkommt, was jeder selbst so als Bild von Jesus gemacht hat. Sehen Sie, da brauchen wir länger! Nächstenliebe, auf den Nächsten achten. Auch was heute wichtig ist, was die Kirche außen vorlässt, das ist der Umweltschutz. Ich bin nicht grün, aber ich finde, dass das zur christlichen Nächstenliebe gehört. Das ganze Miteinander, dass man damit ein bisschen pfleglicher umgeht. Und das ist fast finde ich noch wichtiger wie Wirtschaftskrise, wie alles, weil das unser nächstes Problem ist.“

(65, w, Rentnerin)

 

·        „An Jesus stört mich nichts, aber ich bin ja kein Christ. Ich hab eine andere Religion, bin ja Muslim. Ja, man sollte heutzutage mehr glauben, in meiner Klasse sind die meisten gläubig.“

(12, m, Schüler)

           

·        „Nichts. Jesus gibt es für mich nicht. Es kann schon sein, dass Jesus einmal existiert hat… aber dann war er sicher ein ganz normaler Mensch, der eben anderen Menschen geholfen hat, wie heutzutage Ärzte oder Ehrenamtliche. Mehr war er sicher nicht.“

(27, w, Einzelhandelskauffrau)

 

·        „Vor allem seine Aufopferungsbereitschaft. Aber ich finde es nicht gut, dass er sein ganzes Leben für andere aufgab. An seine Wunder glaube ich nicht, deshalb kann ich nicht wie andere Menschen sagen, dass ich Jesus deshalb bewundere. Seine Humanität finde ich auch sehr gut.“

(15, m, Schüler Gymnasium)

 

·        „Jesus hatte seine Meinung, seinen Glauben und er stand dazu. Egal was auch passiert ist, er hat sich von niemandem davon abbringen lassen und hat das deutlich gemacht bis in den Tod hinein. Das ist bewundernswert, weil die meisten Menschen zwar insgeheim ihre Meinung haben, aber nicht den Mut haben sie nach außen zu tragen, wenn sie abweicht von der gängigen Meinung. Und auch in schweren Zeiten zu seinem Glauben zu stehen, zeugt von Größe.“

(21, w, Studentin)

 

 

 5.      Frage: Ist Jesus Christus heute noch aktuell?

 

·        „Seine Botschaft ja, nur die Priester bringen es nicht so rüber.“

(60, m, Rentner)

 

·        Ja. An Jesus sollte man sich orientieren, aber an der Kirche nicht.“

(52, m, Arbeiter)

 

·        „Es könnte noch einen geben wie ihn. Der Buddhismus interessiert mich da sehr, habe mich da viel über Karma, Erleuchtung, usw. informiert. Meine Eltern waren eine Zeit in Tibet und sind auch davon begeistert. Meine Mutter wurde streng katholisch erzogen – mit Weihwasser, Beten vor dem Essen und so – und hat sich nun freigemacht davon. Niemand weiß, was nach dem Tod geschieht. An den Heiligen Geist glaube ich nicht. Die Wiedergeburt ist für mich richtig. Es geht ja auf dieser Erde darum, sich wieder zu erinnern, wer man wirklich ist.“

(31, w, Schülerin)

 

·        „Nein. Man weiß ja nicht ob er existiert hat. Für mich gibt es Jesus nicht. Das ist alles zu weit weg. Die katholische Kirche finde ich nicht spitze.“

(25, m, Student)

 

·        Aktuell vielleicht nicht. Ich würd das eher allgegenwärtig nennen. Aktuell sind für mich Sachen oder Menschen, die im Moment gerade präsent sind, aber dann wieder verschwinden. Und das ist nicht der Fall. Jesus ist kein "Hot Topic" über das alle ständig sprechen, aber jede unserer Generationen wächst mit Religion und somit auch mit Jesus auf, lernt ihn und seine Geschichte, seine Taten kennen. Wir feiern jedes Jahr seine Geburt und somit geht auch das Andenken an ihn nie ganz verloren.“

(21, w, Studentin)

           

·        Für mich nicht und für unsere Gesellschaft auch nicht. Respekt, Hilfsbereitschaft und dass man auch mal verzeihen kann, hat in meinen Augen nichts mit Glauben zu tun, sondern vielmehr mit Erziehung.“

(27, w, Einzelhandelskauffrau)

 

·        „Für mich schon ja. Für meine Mama und meine Bruder nicht. Die glauben nicht an Jesus. Aber ich finde es gut, wenn viele Menschen an ihn glauben.“

(7, m, Schüler)

           

·        Durchaus. Der Grund dafür, dass die Kirche und somit auch teilweise Jesus keine hohe Popularität bei den meisten Jugendlichen mehr genießt, ist die Politik der katholischen Kirche, z.B. kein Sex vor der Ehe. Wen spricht das heutzutage bitte noch an? Ich denke, dass Jesus als Person sicherlich bei vielen Menschen noch eine bedeutende Rolle spielt, allerdings sind viele mit den Lehren der katholischen Kirche nicht einverstanden. Sie setzen Jesus und Kirche gleich, das ist ein großer Fehler.“

(19, m, Bundeswehr)

 

·        Ich glaube, dass die Inhalte der Ideologie von Jesus heute kaum noch im Bewusstsein vorhanden sind, sondern oft nur noch irgendwelche Rituale heruntergespult werden um soziale Anerkennung zu finden. „Ich gehe in die Kirche, damit der Nachbar sieht, dass ich in die Kirche gehe.“

(23, m, Student)

 

·        „Ich denke Jesus selbst verschwindet an sich immer mehr aus der Öffentlichkeit, aber seine Einstellung wird als Moral sehr hoch gehalten.“

(21, w, Studentin)

 

M5: Auswertung der Interviews

Unser Hauptanliegen war, von Menschen verschiedener Generationen zu erfahren, inwiefern sie von Vorbildern geprägt sind und ob unsere Gesellschaft auch Jesus Christus zum Vorbild hat.

 1. Frage:

Abbildung 1: Haben Sie Vorbilder?

In den letzten zwanzig Jahren spielten Vorbilder eine geringe Rolle.

Das Vorbild erfuhr in den 90er- Jahren des letzten Jahrhunderts einen rapiden Bedeutungsverlust. In der empirischen Jugendforschung hat man sich ebenfalls darauf eingestellt, dass die Vorbild Thematik „out“ sei. Die Shell-Jugendstudie wiederum hat bewiesen, dass Vorbilder wieder „in“ sind. Möglicherweise aber waren die Vorbilder nie richtig „out“, sondern die Frage nach Vorbildern wurde lediglich falsch oder personenbezogen eingeengt gestellt.[1]

Auch unsere Befragung zeigt, dass sich der bis dahin als stabil erachtete Trend, Vorbilder hätten in unserer modernen Welt längst ausgedient, nicht bestätigt.

Aus Abbildung 1 ist zu entnehmen, dass 77 % der Befragten ein Vorbild haben, wobei diese natürlich eine unterschiedliche Reichweite haben. Auffällig ist, dass aus der Gruppe der nahen Vorbilder, in allen Altersstufen besonders oft die Eltern genannt wurden. Unter den jungen Befragten bis zum 15. Lebensjahr wurden im nahen Bereich eher Familienmitglieder und Lehrer als Vorbilder genannt, im fernen Bereich Kinostars, Heidi Klum von Mädchen und Fußballprofis von Jungen. Vorbilder junger Erwachsener bis zum 30. Lebensjahr sind vor allem die Eltern, Musikkünstler und Sportler, aber auch Großeltern, erfolgreiche und historische Persönlichkeiten. Bei den 30- bis 50-Jährigen wurden neben den Eltern auch Vorgesetze, Politiker und Pfarrer als Vorbilder bezeichnet. Bei den Ältesten unserer Befragten, Menschen bis zum 85. Lebensjahr wurden zu meist Politiker, Mutter und Vater, Großeltern, die eigenen Kinder, Lehrer und ferner Heilige genannt, die einen nachahmenswerten Charakter besitzen.

Die heutige Gesellschaft scheint sich wieder verstärkt an Vorbildern zu orientieren. Gerade bei Jugendlichen ist bemerkenswert, dass sie meist ihre Lebenssituation mit dem des Vorbilds vergleichen und sich auf dieser Basis für eine Orientierung am Modell entscheiden. Wie gesagt, nehmen Eltern eine Spitzenposition ein, wobei Jungen wesentlich häufiger den Vater, Mädchen hingegen deutlich häufiger die Mutter, aber auch den Vater als Vorbild bezeichnen. Auffällig ist außerdem, dass Heilige und Jesus Christus, eigentlich besonders ehrenwerte Persönlichkeiten, keine besondere Stellung einnehmen. Auch „Local Heroes“, d.h. Menschen, die in unserem Nahbereich, meist ehrenamtlich und ohne viel Aufsehen, Gutes leisten, sind für die heutige Gesellschaft keine nennenswerten Personen mehr.15 % der Befragten lehnten das Orientieren an Vorbildern ab. Ihrer Meinung nach hemme dies die Entfaltung der eigenen Persönlichkeit. Man solle nicht versuchen, den Lebensweg anderer nachzuahmen und sich nicht das eigene Leben von einem Fremden vorleben lassen. Jeder Mensch ist ein Individuum, der seine eigenen Erfahrungen sammeln solle. Bei den 8 %, die sich nicht sicher waren, ob sie ein spezielles Vorbild haben, wurden vor allem folgende Gründe genannt: Es gibt Lebensweisen von bestimmten Personen, die sie bewundern und erstrebenswert finden. Die Menschen, die ihren eigenen Weg gehen und ihre eigenen Ziele verfolgen, diejenigen, die die Welt ein Stück besser machen wollen, sind für diese Menschen wichtige Vorbilder. Ein bestimmtes Vorbild haben sie aber nicht.

Insgesamt liefert dieses Ergebnis dennoch eine Bestätigung für den Vorbildboom.


[1] Vgl. Mendl 7-15.

 

2. Frage:

Abbildung 2: Sind Vorbilder wichtig?

Der Abbildung 2 ist zu entnehmen, dass über 73 % der Befragten es für wichtig empfinden, ein Vorbild zu haben. Auffällig oft wurde die Tatsache erwähnt, dass man durch ein Vorbild immer ein gutes Beispiel vor Augen hat, dem man nachfolgen kann. Viele junge Menschen waren der Meinung, dass ein Vorbild Anregungen für das eigene Leben geben kann, was sich wiederum zumeist positiv auf den Werdegang von Heranwachsenden auswirkt. Es verleiht einem selbst Kraft, macht einen stärker. Vorbilder sind Leitfiguren, sie zeigen einen Weg, der möglicherweise zum Erfolg führt. Jeder braucht irgendein Ziel, das er anstrebt. Jemanden zu haben, der einem dafür als Vorbild dient, lässt dieses Ziel realistischer und vor allem erreichbarer erscheinen. Für die Menschen der Postmoderne, zum Beispiel, war die Orientierung an großen Leitbildern entwicklungsförderlich, weil sie ihnen Sicherheit und Beständigkeit boten.[1] Sie regen an, Neues auszuprobieren. Sie helfen, Entscheidungen leichter zu treffen, aber dennoch sollte man seine eigene Meinung nicht außer Acht lassen. Allerdings hat es nicht nur Vorteile, sich an Vorbildern zu messen.

Dieser Meinung sind 12 % unserer Befragten. Dadurch, dass viele Menschen versuchen, einen anderen Menschen spezifisch nachzuahmen und genau wie diese Person sein zu wollen, treten oftmals Probleme auf. Meistens können diese hohen Ziele nicht erreicht werden, weil jeder Mensch verschieden ist. Dies führt zu Minderwertigkeitsgefühlen und somit auch zu Problemen in den Familien. Es ist zwar wichtig, Vorbilder zu haben, allerdings sollten sie nicht komplett kopiert werden. Von diesen vermeintlich guten Vorbildern kann auch eine negative, gefährliche Wirkung ausgehen. Schließlich gibt es nicht nur positive Vorbilder, die viele Nachahmer finden. Unzählige Stars, z.B. aus der Musikbranche, die als Vorbilder von vielen Jugendlichen angehimmelt werden, kommen durch Drogenmissbrauch, Geldverschwendung, Beziehungsunfähigkeit in die Schlagzeilen, siehe Mark Medlock, Til Schweiger & Co. Viele Menschen betrachten dennoch deren Eigenschaften und Wertvorstellungen als anziehend. Die Folge ist somit ein Werteverfall der gesamten Gesellschaft, so die Meinung eines Befragten.

15 % der Interviewten waren der Meinung, dass es keinen Sinn macht, Vorbilder zu haben. Jeder Mensch sollte versuchen, seine eigene Persönlichkeit eigenständig zu entwickeln und nicht Verhaltensweisen von anderen nachahmen.


[1] Vgl. Mendl 16.

 

3. Frage:

Abbildung 3: Jesus Christus- ein Vorbild?

 

Aus Abbildung 3 kann man erschließen, dass 61 % Jesus Christus als Vorbild sehen. Jesus lehrte gegenseitige Liebe, Vergebung, Glaubenskraft, Demut und Hoffnung. Von Jesus könne man außerdem charakterliche Stärke lernen, die auch manchen Politikern gut zu Gesicht stehen würde, anstatt sich immer nur in Populismus zu üben, so die Meinung eines Passanten. Vor allem für die älteren Befragten ist Jesus Christus sehr wichtig, sein Verhalten vorbildhaft. 

Dieser Abbildung ist außerdem zu entnehmen, dass 31 % Jesus Christus nicht als Vorbild bezeichnen. Eine 22- jährige Studentin ist der Ansicht, dass Jesus zwar das Zeug zu einem sogar sehr guten Vorbild hat. Aber so viel Moral und Größe ist in unserer Gesellschaft nicht ratsam, weil kaum jemand so ist. Und diejenigen, die versuchen so zu sein, werden dafür bestraft, weil man sie ausnutzt. Die richtig guten Menschen ziehen leider oft den Kürzeren. Einige andere waren der Auffassung, dass die Definition des Vorbilds eine Person ist, die zum Nachahmen einlädt und mit der man sich identifizieren kann. Da viele der Menschen nicht daran glauben, dass Jesus vor 2000 Jahren gelebt hat, kann er für diese Gruppe auch kein Vorbild sein. Vor allem bei den Jugendlichen kommt für die Religiosität bzw. den Glauben, das Gottesverständnis aber auch die Wertorientierungen, Jesus Christus immer weniger Relevanz zu.[1]        Die restlichen 8% der Befragten waren unschlüssig, ob sie Jesus Christus als ihr Vorbild bezeichnen können. Ihres Erachtens habe Jesus Christus nicht nur gute, lobenswerte Dinge gemacht, sondern sei oftmals auch unfair zu manchen Gruppierungen gewesen. Auch er habe Menschen schlecht behandelt, die nicht zu seinem Stamm gehörten.


[1] Vgl. Ziegler 8.

 

4.  Frage:

Abbildung 4: Jesus Christus- heute noch aktuell?

Dieser Abbildung ist zu entnehmen, dass nur knapp über die Hälfte, genauer gesagt 56 % der Befragten der Überzeugung sind, dass Jesus Christus in unserer Gesellschaft noch Bedeutung beigemessen wird.

Besonders für die ältere Generation spielt Jesus Christus noch eine beachtliche Rolle. Für sie ist es notwendig, regelmäßig zu beten und Gottesdienste zu besuchen. Sie sind der Meinung, dass Jesus für die jungen Erwachsenen nicht mehr interessant ist, denn für sie steht Konsum und Erfolg an erster Stelle. Dennoch sind aber auch einige junge Heranwachsende davon überzeugt, dass der Glaube an Gott Halt und Sicherheit in schwierigen Zeiten und einen sicheren Weg zur Zufriedenheit aufzeigen kann und genau deshalb für sie noch Aktualität besitzt. Dies wird sicherlich auch durch die christliche Erziehung in der Schule erreicht. Für viele Menschen, die unter der Armutsgrenze leben, ist Jesus auch aktuell; denn für diese Gesellschaftsschicht spielt die Theodizee-Frage, „Wieso lässt Gott das zu?“ oftmals eine außergewöhnlich große Rolle.

31 % unserer Befragten glauben, dass Jesus nicht mehr aktuell ist. In ihrem Leben spielt Jesus keine Rolle, er existiert in ihren Augen nicht. Sie gaben an, nur durch Kirchen, Festlichkeiten usw. an Gott erinnert zu werden. Viele denken, dass die Inhalte der Ideologie von Jesus heutzutage kaum mehr im Bewusstsein der Menschen vorhanden sind, sondern dass nur noch irgendwelche Rituale herunter gespult werden, um soziale Anerkennung zu finden (z.B. „Ich gehe in die Kirche, damit ich von den Nachbarn gesehen werde“).Viele glauben nicht, dass man die Anordnungen Jesu heutzutage widerspruchsfrei leben und sie komplett umsetzen kann, aber zumindest sollte man versuchen, sich in seinem täglichen Handeln danach zu orientieren. Aus Abbildung 3 ist außerdem herauszuholen, dass 13 % der Menschen, die wir befragten, unschlüssig sind, ob Jesus heute noch aktuell ist. Sie sind der Einstellung, dass die Kirche und somit auch teilweise Jesus Christus keine hohe Popularität mehr genießt, weil sie mit der Politik der katholischen Kirche nicht einverstanden sind.  Für viele Menschen spielt er sicherlich noch eine bedeutende Rolle, allerdings setzen etliche Menschen Jesus und die Kirche gleich.

Äußerst viele Erwachsene sind der Meinung, dass Jesus in irgendeiner Weise in jeder Generation aktuell ist. Dies ist ganz deutlich sichtbar beim Weltjugendtag oder auch beim Katholikentag. Die Motivation, dass viele Jugendliche solche Veranstaltungen aufsuchen, ist nicht ganz klar. Wollen die Jugendlichen Jesus Christus verehren oder ist es einfach die Gier nach Sensation, nach Menschenmassen, welche scharenweise junge Menschen antreibt, solche Veranstaltungen zu besuchen. Jesus Christus aktuell oder nicht, „beide Tendenzen lassen sich - überspitzend in marktwirtschaftlichen Kategorien gesprochen - durch die beiden Bezeichnungen Jesu als „Auslaufmodell“ und „Nischen-Bestseller“ schlagwortartig umschreiben.“[1]


[1] Ziegler 8.

 

5. Gesamtauswertung:

Abbildung 5: Häufigste Vorbildangaben

Auffälligkeiten waren in jeder Altersgruppe erkennbar. Bei den 0 bis 15 Jährigen waren vor allem Menschen aus dem nahen Umfeld, wie Eltern, Geschwister und Lehrer Vorbilder. Stark vertreten waren allerdings auch Popstars, Kinostars und Models wie Heidi Klum.

Im Alter von 15-30 Jahre wurden vor allem Eltern, Großeltern, Verwandte genannt. Im fernen Bereich waren es eher Musiker, Sportler, erfolgreiche Menschen, die ihr Leben toll meistern, aber auch historische Persönlichkeiten. Bei den 30-50- Jährigen wurden besonders oft die Eltern und der Chef genannt, aber auch Politiker aus dem fernen Bereich. Bei den 50- 80 Jährigen waren es besonders oft die Eltern, Großeltern, Lehrer, aber auch die eigenen Kinder. Ferne Vorbilder waren Politiker und Sportler, ferner der Papst und Heilige.

Die Eltern waren somit in jeder Altersgruppe vertreten; Heilige wurden sehr selten genannt. „Local Heores“, Menschen die bei uns in der Gegend Gutes leisten, wurden nur vereinzelt genannt. Bis auf einige wenige Menschen der älteren Generation hat kein einziger Passant bei der ersten Frage geantwortet, dass Jesus Christus ein Vorbild ist.

 

 

M6: Didaktische Anregungen

(1)   Das Interview der 27-jährigen Einzelhandelskauffrau, welche vom Glauben und Gott wenig hält, auf eine Folie kopieren:

1.      Jesus Christus- ein Vorbild?

„Nein, weil ich nicht an ihn glaube. Niemand kann mein Vorbild sein, von dem ich glaube, dass er niemals existiert hat, zumindest nicht in der Form, wie es in der Bibel publiziert wird. Ich denke, dass man von Jesus nicht lernen kann. Menschen, die einen festen Glauben haben schon, ich nicht.“

2.      Was gefällt Ihnen an Jesus Christus?

„Nichts. Jesus gibt es für mich nicht. Es kann schon sein, dass Jesus einmal existiert hat… aber dann war er sicher ein ganz normaler Mensch, der eben anderen Menschen geholfen hat, wie heutzutage Ärzte oder Ehrenamtliche. Mehr war er sicher nicht.“

3.      Ist Jesus heute noch aktuell?

„Für mich nicht und für unsere Gesellschaft auch nicht. Respekt, Hilfsbereitschaft und dass man auch mal verzeihen kann, hat in meinen Augen nichts mit Glauben zu tun, sondern vielmehr mit Erziehung.“

 

Nachdem die Klasse das Interview gelesen hat, soll eine Klassendiskussion mit folgenden Leitfragen gestartet werden:

=> Welchen Grund könnte es haben, dass diese Frau nichts vom Glauben hält? Evtl. früher Tod einer nahe stehenden

     Person, Scheidung oder andere negative Erfahrungen im Leben?

=> Was könnte man tun, um ihre Einstellung zu ändern?

 

(2)   Der Lehrer legt eine Folie auf, die das Interview der 82-jährigen Rentnerin beinhaltet.

Die Schüler sollten auf vorgefertigten Zetteln Begriffe schreiben, welche Vorteile es bringt, an Jesus Christus zu glauben? (z.B. spendet Kraft, Mut) Welche Vorteile bringt es speziell für die Dame? (z.B. Erwartung des Gottesreiches, keine Angst vor dem Tod)

Anschließend sollten alle Meinungen an einer Pinnwand befestigt und darüber diskutiert werden.

 

(3)   Diskussion: Wieso ändern sich die Vorbilder im Laufe des Lebens?

Welchen Grund könnte es haben, dass in allen Altersstufen die Eltern als Vorbilder genannt werden?

 

(4)   Jeder Schüler einer Klasse schreibt einen Brief an die 27-jährige Einzelhandelskauffrau (oder ein anderes provozierendes Beispiel) mit ein paar guten Ratschlägen, welche Vorteile es für einen selbst bringt, an Gott zu glauben? (z. B. spendet Kraft, weniger  Angst vor Schulaufgaben bzw. allgemein vor schwierigen Lebensabschnitten)

 

(5)   Interview des 7-jährigen Jungen auflegen.

1. Frage: Was gefällt dir an Jesus Christus?

„Dass er uns nicht alleine lässt und uns vor falschen Sachen und Unfällen schützt. Aber Jesus hilft nur den Menschen, die an ihn glauben.“

2. Frage: Ist Jesus heute noch aktuell?

„Für mich schon ja. Für meine Mama und meine Bruder nicht. Die glauben nicht an Jesus. Aber ich finde es gut, wenn viele Menschen an ihn glauben.“

 

=> Klasse befragen: Was bewegt diesen kleinen Jungen, an Jesus Christus zu glauben, obwohl seine Mutter und sein Bruder von seiner Lehre nicht überzeugt sind? Wieso ist dieser Junge der Auffassung, dass Jesus nur den Menschen hilft, die an ihn glauben?

 

(6)   Das Interview in die Klasse „projizieren“: Schüler diese Umfrage für sich beantworten lassen. Die einzelnen Aussagen an einer Wand sammeln und dadurch Gelegenheit bieten, seinen eigenen Standpunkt mit dem der anderen zu vergleichen.

 

 

M7: Schlussreflexion 

Unser Projekt zeigt, dass Vorbilder wieder eine bedeutende Rolle in unserer Gesellschaft spielen. Nachdem zwischen 1955 und 1990 ein rapider Bedeutungsverlust des Vorbildes zu verzeichnen war, stieg die Anzahl der Menschen, die sich an anderen orientieren nun  wieder an. Die gesellschaftliche Bedeutung von Vorbildern unterliegt historisch betrachtet, starken Schwankungen.

Die Orientierung an großen Leitbildern war für die Menschen entwicklungsförderlich, allerdings geriet dies auch in Verdacht, dass Kinder und Jugendliche falschen Idealen nacheifern, da Menschenkenntnis und Ich noch zu wenig ausgeprägt sind.[1]

Nach einigen Jahren lebte die Vorbildthematik wieder auf. Gerade in einer orientierungslosen Zeit wünschten sich die Menschen etwas, nach dem sie sich richten können. Durch die Orientierung an Vorbildern haben junge Menschen die Möglichkeit sich einen „eigenen Sinn-Cocktail zusammenzustellen.“[2] Die Frage stellt sich nur, welche Personenkreise dominieren. Die Eltern sind für viele Menschen die bedeutendsten Vorbilder. „Empirisches Datenmaterial liefern in erster Linie die Shell-Studien, die sich seit den fünfziger Jahren kontinuierlich mit der Vorbildfrage befassen“[3] und somit besondere Relevanz und Bedeutung von Vorbildern der Jugendlichen aufzeigen. Auch unsere Befragung hat gezeigt, dass sich viele an Vorbildern orientieren. „Es eröffnet sich ein breiter Horizont potenzieller Kandidaten, für die Rolle der Personen, an denen man sich spiegeln kann. Vorbilder faszinieren durch besondere Eigenschaften oder moralische Handlungen.

Rückblickend war unsere Befragung im Großen und Ganzen von vielen Hindernissen geprägt. Einerseits war es schwer, überhaupt jemanden zu einer Befragung bewegen zu können. Viele blockten von vorneherein schon unwillig ab, und war die Fragestellung zum Thema Jesus Christus gelangt, ging manch einer lächelnd davon. Andere wiederum bemühten sich eher ihre kritische Haltung gegenüber der katholischen Kirche kund zu tun und sprachen sich dafür aus, die Kirche solle Jesu Christi besser vermitteln. Viele schweiften aus und wichen damit von der eigentlichen Fragestellung ab. Zum Schutz der Befragten sei hier jedoch erwähnt, dass es auch an den Umständen einer Passantenbefragung liegt, solch anspruchsvolle Fragen in aller Spontanität und Kürze auch präzise zu beantworten.

Was bei dieser Befragung ausgeblendet wird, aber von wichtiger Bedeutung hinsichtlich der Bild-Jesu-Prägung wäre, ist der jeweilige persönliche Kontext, die persönliche Denkweise, die persönlichen Lebensumstände, aus denen heraus doch eine Auseinandersetzung mit Jesu Christi Wirken und Botschaft geschieht.

 


[1]  Vgl. Mendl 11.

[2]  Ebd. 16.

[3]  Stamm 20.

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Literaturverzeichnis:

 Lehmann, Günter, Das Interview: Erheben von Fakten und Meinungen im Unternehmen, Bd. 6, Renningen 2001.

 Mendl, Hans, Lernen an (außer-) gewöhnlichen Biographien. Religionspädagogische Anregungen für die Unterrichtspraxis, Donauwörth 2005.

 Stamm, Margit, Vorbilder der Jugend- Jugend als Vorbild? Ein Begriff und seine vernachlässigte Bedeutung, Berlin 2005.

 Ziegler, Tobias, Jesus als „unnahbarer Übermensch“ oder „bester Freund“? Elementare Zugänge Jugendlicher zur Christologie als Herausforderung für Religionspädagogik und Theologie, Neukirchen-Vluyn 2006.