Thema: Unterrichtsprojekt (gymnasiale Mittelstufe – im Rahmen des Firmunterrichts): Idole, Helden, gute Menschen – Wem eifern wir nach? Zu wem schauen wir auf?

 

Materialbausteine:

M1: Erkenntnisinteresse

M2: Einstieg

M3: Durchführung

M4: Präsentation

M5: Auswertung

M6: Schlussreflexion

M7: Didaktische Anregungen

 

 

M1: Erkenntnisinteresse

 

Der Projektunterricht wird initiiert und Ideen für Projekte entworfen

In der Zeit der Globalisierung werden vertraute Räume aufgebrochen, man lernt viel Neues kennen. Es ist wichtig, mit all’ diesen Lebensalternativen zurechtzukommen. Der Mensch sehnt sich immer mehr nach Orientierung, nach einem Sinn für sein/ ihr Leben (vgl. Bizer, Christoph u.a., Sehnsucht nach Orientierung. Vorbilder im Religionsunterricht. Jahrbuch der Religionspädagogik, Bd. 24, Neukirchen- Vluyn 2008, 32). Wir alle orientieren uns an Vorbildern. Jede und jeder an Anderen. Max Scheler, ein deutscher Philosoph und Soziologe, behauptet sogar, dass der Mensch Vorbilder braucht, zumal ein Erziehungsprozess ohne sie nicht möglich sei (vgl. Bizer, Christoph u.a., Sehnsucht nach Orientierung. Vorbilder im Religionsunterricht. Jahrbuch der Religionspädagogik, Bd. 24, Neukirchen- Vluyn 2008, 47). Bei allem Streben nach Konsum, Karriere und privatem Glück sehnen sich Kinder und Jugendliche wieder an einer Orientierung an Vorbildern (vgl. Mendl, Hans, Lernen an (außer-) gewöhnlichen Biographien. Religionspädagogische Anregungen für die Unterrichtspraxis, Donauwörth 2005.). Häufig handelt es sich dabei um TV-, Musik- und Kinostars, aber auch um Personen aus dem Sport. Neben Ballack & Co. nehmen aber auch die „stillen Stars“ aus der sportlichen Nahwelt, die Trainer vom Verein „ums Eck“ eine bedeutende Rolle ein. Sie seien wichtige Bezugspersonen für Heranwachsende. (vgl. http://www.vorbildsein.de/cms/iwebs/default.aspx)

Mit unserem Projekt wollten wir erfahren, welche Vorbilder unsere heutige Jugend am meisten beeindrucken und inwiefern sie sich mit ihnen identifizieren können. Ein weiteres Anliegen war es, in Erfahrung zu bringen, ob es eine gewisse „Reihenfolge“ unter den Vorbildern gibt. Das heißt, welche Personen für junge Menschen einen besonderen Stellenwert als Vorbild einnehmen. Sind es eher Stars oder Personen aus dem näheren familiären Umfeld?

Unser Unterrichtsprojekt führten wir in jeweils zwei Schulstunden in zwei Klassen der sechsten Jahrgangsstufe am Gymnasium in Untergriesbach durch.

 

 

 M2: Einstieg

 

Die Projekte werden eingeleitet und geplant

Unsere Planung verlief in zwei Phasen. In der ersten Etappe unserer Vorbereitung überlegten wir uns generell Fragen zu unserem Thema und in der Zweiten versuchten wir diese in die Unterrichtsplanung einzuordnen. Zunächst war es sinnvoll, möglichst viele Frage zu unserem umfangreichen Thema, in Form eines „Brainstormings“ zu sammeln. Bevor wir mit der weiteren Planung fortfahren konnten, mussten wir unklare Begriffe klären, um diese den Schülern/innen anschaulich vermitteln zu können. Daraus formulierten wir passende Fragen und sortierten diese in Themenbereiche. Diese Fragen fielen uns als Erstes zu diesem Thema ein:

1)     Was ist ein Vorbild, ein Star, ein Held, ein Heiliger, ein Local Hero?

2)     Wie kann man diese Begriffe untereinander am anschaulichsten für die Schüler/innen abgrenzen?

·        Wo liegen die Gefahren?

·        Wo liegen die Chancen?

·        Haben die Schüler bereits Vorwissen zu dieser Thematik? Haben diese schon positive/ negative Erfahrungen gemacht?

 Nachdem wir die Fragen geklärt hatten, beschlossen wir, die Begriffe „Vorbild, Star, Held, Heiliger, Local Hero“, jeweils in einem Satz auf einem vorgefertigten Arbeitsblatt zu definieren. Die Schüler/innen sollten während der Unterrichtsstunde zu jedem Begriff befragt werden. Unter der Begriffsdefinition haben wir deshalb genügend Leerraum angefügt, sodass die Schüler/innen zu den jeweiligen Worterklärungen ihre eigene Meinung schriftlich erläutern konnten.

Demnach sollte zum Beispiel der Begriff „Held“ von uns schriftlich erklärt werden. Anschließend sollten sie auf dem Arbeitsblatt ausfüllen, wer für sie persönlich ein Held ist. Daraus ergaben sich dann folgende Fragen:

 ·        Wer ist für dich ein Vorbild?

·        Wer ist für dich ein Star?

·        Wer ist für dich ein Held?

·        Wer ist für dich ein Heiliger?

·        Wer ist für dich ein Local Hero?

Neben diesen Fragen haben wir zwei weitere wichtige Elemente ergänzt:

·        Von welcher Biografie kann ich am meisten lernen? (Mit kurzer Begründung!) und (da wir unsere Stunden im Rahmen des Firmunterrichts hielten)

·        Mein Firmpate ist für mich (k)ein Vorbild, weil…

Unser erstes Arbeitsblatt bauten wir daher folgendermaßen auf:  

                 -Arbeitsblatt-     

              Idole, Helden, gute Menschen

Wem eifern wir nach? Zu wem schauen wir auf?

 

Vorbild

Eine Person, die wegen ihrer besonderen Eigenschaften oder moralischen Handlungen zum persönlichen Leitbild erwählt wird. Sie regt den eigenen Lebensentwurf an und dient zur Nachahmung und Identifikation.

 

Mein Vorbild:…………………………………………………………………………                                           Rang:

Star

Stars sind die Produkte je aktueller kultureller und medialer Trends (Sport, Film, Musik,…). Sie stehen für bestimmte Höchstleistungen, aber auch für (gegen-)kulturelle Lebensformen und sind wegen ihrer ästhetischen Gesamtinszenierung schnell wieder erkennbar.

 

Mein Star:…………………………………………………………………………                                                Rang:

Held

Helden zeichnen sich vor allem durch zwei Charaktereigenschaften aus: Sie sind mutig und setzen sich für andere ein. Helden sind also personifizierte Platzhalter für abstrakte Tugenden.

 

Mein Held:…………………………………………………………………………                                                  Rang:

Heilige

Heilige gelten als kirchliche Realsymbole für gelingendes Christsein – Maßstab und Vorbild christlichen Lebens. Als heilig wird eine Persönlichkeit bezeichnet, die als Gott besonders nahestehend beziehungsweise als ein in religiöser und ethischer Hinsicht vollkommener Mensch angesehen wird. Christliche Heilige im umgangssprachlichen Sinn zeichnen sich dadurch aus, dass sie bereits eine höhere Stufe der Gnade erreicht haben, die aber prinzipiell für jeden Gläubigen als Glied der Kirche möglich ist.

 

Mein „Lieblings“Heiliger:…………………………………………………………                                        Rang:

Local Heroes

Die „kleinen Helden des Alltags“ engagieren sich sozial, mischen sich ein, leisten Außergewöhnliches für andere: jahrelang im Verein die Jugend trainiert, in der Familie die bettlägerige Großmutter betreut, ein Kind vor dem Ertrinken gerettet, aktiv gegen Gewalt und Mobbing vorgegangen,… Sie tun etwas und sind keine Zuschauer.

 

Mein Local Hero:……………………………………………………………………                                                Rang:

 

Von welcher Biografie kann ich am meisten lernen? Mit kurzer Begründung!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Mein Firmpate / Meine Firmpatin ist für mich (k)ein Vorbild, weil …………………………………………..……………….

 

……………………………………………………………………………………………………………………………………………….

Mit diesem Handout als Basis begannen wir, unsere Unterrichtsstunden zu planen.

 

 

M3: Durchführung

 

Die Projekte werden durchgeführt und begleitet

Erste Stunde:

Nach der Begrüßung der Klasse stellten wir als Erstes uns und unser Projekt vor. Als „Aufreißer“ hatten wir eine bunte Folie mit verschiedenen potentiellen Vorbildern der Schüler/innen kreiert. So wählten wir für den Bereich der Stars die Sängerin Britney Spears, den Schauspieler Brad Pitt, die drei Topmodelkandidatinnen Marie Nasemann, Mandy Bork und Sara Nuru, die Schauspielerin Miley Cirus, den Rapper 50 Cent, die Komikfigur Homer Simpson und die Tennisspielerin Serena Williams. Für den Bereich der Heiligen wählten wir Mutter Theresa, Papst Benedikt XVI. und Franz von Assisi.  Sowohl Leah Spitzenpfeil, als auch die Feuerwehr an sich waren für uns Beispiele  „naher Vorbilder.“  Für die Kategorie Politik wählten wir Angela Merkel und da wir kurz zuvor folgenden Artikel in der Zeitschrift Neon gefunden hatten, ergänzten wir unsere Folie noch mit einer Karikatur von Ex-Bundeskanzler Helmut Kohl.

Es handelt sich dabei um folgenden Artikel:

NEON Ausgabe Juni 2009, (http://www.neon.de/kat/fuehlen/erwachsenwerden/269984.html)

Wann ist es Zeit? Egal, was man tut: Entscheidend ist vor allem, wann man es tut. Mit diesen Tipps verpasst man nie mehr den RICHTIGEN ZEITPUNKT.

Jetzt aber…

...ein Idol haben (von Ingo Mocek)
Bis 1982 hatte ich keine Freunde. Außer dass ich von anderen Kindern mit dem Turnbeutel am Trambahnsitz verknotet wurde, passierte in meinem Leben nichts. Dann wurde Helmut Kohl Kanzler - und ich sah die Welt mit neuen Augen. Wenn es dieser Typ bis nach oben schaffen konnte - dann konnte ich das auch. Kohl wurde mein Idol. Ich erfuhr, dass sich schon der kleine Helmut um seine Mitschüler gekümmert hatte, indem er Kakao auf dem Pausenhof verteilte, und begann, meine Kakaotüten zu verschenken. Wie Kohl studierte ich Jura und Geschichte. Wie er freute ich mich über die Wiedervereinigung - und begegnete »Birne« in Berlin höchstpersönlich. Vor einem Supermarkt stand plötzlich ein wahrer Koloss vor mir. Kohl sah mich kurz an. Sein Atem klang, als würden seine Bronchien Billard spielen. Als er den Laden betrat, war ich von meiner Verehrung geheilt. An diesem Tag hinter fragte ich mein Leben; ich schmiss mein Studium und arbeitete als Clown und Journalist. Rückblickend würde ich sagen: Ich habe zu viel Zeit mit Kohl verbracht. Das zehnte Lebensjahr eignet sich, um ein Idol zu haben. Danach muss Schluss sein.

Da die Schüler/innen selbst erst 12 Jahre alt sind, also knapp „das zehnte Lebensjahr“ überschritten hatten, lag unsere Intention darin, die Schüler/innen ein wenig zu „reizen“, damit sie sich kritisch mit dem Thema auseinandersetzen und sich dann gegebenenfalls argumentierend dagegen wehren.

 Anschließend deckten wir die restlichen „Vorbilder“ einzeln nacheinander auf und fragten die Schüler/innen, um welche Persönlichkeiten es sich handle. Nachdem alle aufgedeckt waren, fragten wir die Klasse, ob sie sich die abgebildeten Personen als Vorbilder vorstellen können.

 Zunächst präsentierten wir das Arbeitsblatt als Folie und die Schüler/innen versuchten eigenständig die verschiedenen Begriffe zu erklären. Wir deckten also immer erst die Begriffserklärung ab und erst nachdem die Klasse uns ihre „Versionen“ darbrachte, stellten wir ihnen unsere Lösungsmöglichkeit vor. Als wir am Tageslichtprojektor fertig waren, teilten wir den Schülern/innen das Arbeitsblatt aus und erklärten ihnen die damit verbundene Hausaufgabe, deren Ergebnis ja das Ziel unseres Projekts war. Also:

·        (1) Wer ist für Dich ein Vorbild?

·        (2) Wer ist für Dich ein Star?

·        (3) Wer ist für Dich ein Held?

·        (4) Wer ist für Dich ein Heiliger?

·        (5) Wer ist für Dich ein Local Hero?

·        (6) Von welcher Biografie kann ich am meisten lernen? (Mit kurzer Begründung!)

·        (7) Mein Firmpate ist für mich (k)ein Vorbild, weil…

Am Ende der Stunde ließen wir einen Schüler/innen folgenden Ausschnitt aus einem Artikel vorlesen:

 

Die Welt  vom 24. Mai 2009, S. 15,

 „Wolfsburg feiert Magaths Meisterschüler“:

 …Es wurde ein langer Abend, der längste seit dem Bundesliga-Aufstieg 1997 in der Auto-Fußball-Stadt Wolfsburg. In Cabriolets des Klubbesitzers wurden die Spieler in die Stadt gefahren, im Rathaus durften sich die Helden in das Goldene Buch eintragen. …“

Unsere abschließende Frage lautete, ob die Schüler/innen die Bezeichnung „Held“ im oben genannten Textausschnitt als gerechtfertigt erachten.

Zweite Stunde:

Die zweite Stunde begann mit einem gemeinsamen Ausfragen der Begriffe. Anschließend sammelten wir zu jeder Rubrik, die von den einzelnen Schülern/innen genannten Personen, was einige Zeit in Anspruch nahm. Hier zeigten sich bei einigen Schülern/innen (ca. 1/3 der Klasse) noch größere Wissenslücken, welche wir schnellstmöglich beheben wollten. Daraufhin ließen wir die Klasse abstimmen, welche Rubrik ihnen am Wichtigsten sei. Dabei sollten die Schüler/innen eine „Rangfolge“ der Rubriken erstellen. Als Nächstes trugen fünf Schüler/innen ihre Antwort auf die Frage „Von welcher Biografie kann ich am meisten lernen?“ der Klasse vor.

Im Folgenden erarbeiteten die Schüler/innen die Chancen und Gefahren an selber ausgesuchten Vorbildern.           

Dies gestalteten wir so, dass wir die vier am häufigsten genannten „Vorbilder“ der Schüler/innen auswählten. Dabei hielten wir die Vor- und Nachteile des jeweiligen Vorbilds an der Tafel fest. Anschließend wurde darüber diskutiert.

 

Sara Nuru

 

Ailton

Beerbaum

P!nk

+

Sehr schön

Erfolgreich

 

Hochtalentiert

Publikumsliebling

Erfolgreichste Springreiterin

Erfolgreich

Sozial engagiert

-

Schulabruch

Magerwahn

Schwierige Person

Beruhigungsmittel

für Pferd

exhibitionistisch

 

Nachdem noch einige Minuten verblieben, ließen wir der Klasse einen Brief an ihre größten Vorbilder verfassen. In diesem sollte die Gründe für die Wahl des jeweiligen Vorbilds dargelegt werden.

 

M4: Präsentation

 

Die Projektergebnisse werden präsentiert

 Aussagekräftigste Antworten der Schüler/innen:

1.Frage: Von welcher Biografie kann ich am meisten lernen?

von Sara:                             Sie hat als Farbige durchgesetzt und so gewonnen.

von meinem Bruder:         Er arbeitet ohne Geld zu kriegen.

von Ailton:                          weil er immer Tore schießt und auch wegen seinem Gewicht schnell rennt und als erster   

                                               ausländischer Torschützenkönig ist.

von meinem Papa:             da er nicht bei jeder Hürde im Leben verzweifelt ist (so wie ich!)

von Maria Riesch:              weil sie fährt sehr gut Ski und hat sich schon zweimal das Kreuzband gerissen und ist immer

                                                wieder zurückgekommen, sie muntert mich auf. Weil ich fahre und hab mir auch das

                                                Kreuzband gerissen.

 

2.      Schreibe einen Brief an Dein Vorbild, in dem Du ihm / ihr sagst, warum er/ sie Dein Vorbild ist!

Liebe Leah,
ich bewundere dich sehr, weil du den Kindern hilfst, die eine schwere Krankheit (Krebs) haben und weil du so viel Kraft in den Kindern erweckst.
Ich möchte Medizin studieren und dann Krabskrankenmenschen helfen, so wie du. Ich hoffe du machst damit immer weiter.
Liebe Grüße

Lieber Barack Obama,
Du bist ein toller neuer Präsident. Ich hoffe, dass du es noch weit bringst. Ich finde es nicht so schlimm, dass du eine andere Hautfarbe hast. Ich bewundere deine Art.

·Liebe Laura,

du bist immer da, wenn man dich braucht. Du bist hilfsbereit und du bist freundlich. Ich finde es schade, dass du so weit weg bist,  allerdings sehen wir uns am Wochenende und in den Ferien.  Ich möchte so sein wie du, weil dich jeder mag und du sehr freundlich bist.

Mein Vorbild: Theresa Kneidinger

Liebe Theresa,
ich finde dich toll weil du immer nett bist, jedem hilfst und dich nicht für andere verstellst. Du bist witzig und sportlich. Und legst keinen Wert auf Äußerlichkeiten und auf die Meinung anderer. Du bist die allerbeste Freundin& noch dazu meine! ( & du hast 'nen tollen Namen.)

Lieber Ribery,
ich finde dich toll. Du legst die besten Driblings hin. Du spielst gut Fußball. In deiner Freizeit fährst du öfters mit einem Bus. Das finde ich cool von dir.
Viele Grüße!
 

Im Vergleich zu den Antworten, die man zum Beispiel in dem Artikel „Habe ich ein Vorbild?“ von Christian Brockmeyer (erschienen in: Bizer, Christoph u.a., Sehnsucht nach Orientierung. Vorbilder im Religionsunterricht. Jahrbuch der Religionspädagogik, Bd. 24, Neukirchen- Vluyn  2008, 13-17.) lesen kann, waren unserer Meinung nach, die Briefe zwar teilweise schon sehr aussagekräftig, jedoch verdeutlichte uns dieser Vergleich, dass uns die jeweils zwei Stunden Zeit für die Komplexität des Themas insgesamt zu wenig wurden. Wenn wir hierfür einen größeren Beschäftigungszeitrahmen zur Verfügung stünde, zum Beispiel in Form einer Themenwoche, hätten wir näher auf näher auf die Interessen der Schüler/innen eingehen können. Mit der Ergebniszielrichtung eines kurzen Endaufsatzes, wie es Christian Brockmeyer darlegt, wäre die Qualität, aber auch die relevante Quantität der schriftlich verfassten Produkte der Schüler/innen wohl höher.

 

M5: Auswertung

 

Die Projekte werden ausgewertet und weitergeführt

 Unser Hauptanliegen des Projekts war es zu erfahren, welche Vorbilder Kinder und Jugendliche am meisten beeindrucken und inwieweit sie sich mit diesen identifizieren können. Weiter wollten wir erfahren, ob es eine gewisse „Reihenfolge“ unter den Vorbildern gibt.

Anhand der Angaben der Schüler/innen erstellen folgende Grafik:

 

  Die „Top drei“ unter den Vorbildern werden in dieser Grafik durch den dickeren Trennungsstrich vom restlichen Ergebnis extra abgehoben.

 

Deutung der Grafik:  

Vorbilder sind von großer Bedeutung für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Sie dienen uns als Identifikationsmöglichkeit. Besonders wichtig ist es, nicht einfach gedankenlos die gesamte Identität eines anderen Menschen nachzuahmen, sondern passende Aspekte aus dem Leben des Vorbilds zu wählen und diese auf das eigene Leben zu übertragen. In jeder Entwicklungsphase wählt ein Kind andere Vorbilder. Während es sich in der Kindheit mehr um fiktive Gestalten wie Benjamin Blümchen etc. handelt, achtet man in der Pubertät darauf, dass das Vorbild sowohl der Realität, als auch den persönlichen Interessen entspricht. Dabei wählen sie vor allem Vorbilder aus dem Bereich des Sports (vgl. Bizer, Christoph u.a., Sehnsucht nach Orientierung. Vorbilder im Religionsunterricht. Jahrbuch der Religionspädagogik, Bd. 24, Neukirchen- Vluyn 2008,  57-58).

Besonders für Kinder und Schüler/innen der Unterstufe ist es typisch, Vorbilder vor allem aus dem privaten Bereich zu wählen. Sei es die Mutter, der Vater, Geschwister, ein/e andere/r nahe/r Verwandte/r oder auch jemand aus dem Bekanntenkreis wie ein/e Freund/in, der Trainer oder die Trainerin. Sie alle können als Vorbilder dienen und dadurch die Möglichkeit bieten, sich an ihnen zu orientieren.

Dies bestätigte sich in der Klasse, in der wir unterrichteten. Die Eltern wurden als wichtigste Vorbilder genannt. Das liegt wohl daran, dass sie den Schülern/innen „am nächsten“ sind. Sie verbringen mit den Eltern besonders viel Zeit, nehmen sich ein Beispiel an deren Lebensgewohnheiten und werden somit von ihnen geprägt. Außerdem sind Eltern die wichtigsten Bezugspersonen, die man hat und die besonders bei Kindern eine wichtige Rolle spielen. Ein Mädchen erwähnte zum Beispiel, dass sie bei jeder Hürde aufgibt, ihr Vater ihr allerdings immer wieder neuen Mut gibt. Dass beim Thema Eltern emotionale Ansichten geäußert wurden, war eher selten. Meistens wurden von den Kindern Aktivitäten der Mütter aufgeführt, die sie im Haushalt zu erledigen hat. Dazu gehörten meist Kochen, Waschen oder Putzen. Manche fanden es lediglich gut, dass die Eltern immer für sie da sind.

Platz zwei der wichtigsten Vorbilder teilen sich Jesus und Sara Nuru. Auf den ersten Blick könnten Vorbilder nicht unterschiedlicher sein, da es sich bei Jesus um eine biblische Figur und bei Sara Nuru um „Germany’s Next Topmodel“ handelt. Ihre Zuwendung zu sozial Benachteiligten haben allerdings beide gemeinsam,  da Sara Nuru zum Beispiel an einem Hilfsprojekt für die Planung und den Bau einer Schule in ihrem Heimatland Äthiopien teilnimmt.

Das Interesse an Heiligen als Vorbilder war eher gedämpft. Neben Jesus und der Heiligen Katharina, die zwei Mädchen wählten,  weil sie ihre Namenpatronin ist, wurden keine weiteren  aus der Kategorie „Heilige“ gewählt.

Viele Vorbilder wurden auch aus dem Bereich des Sports genannt. Dabei fiel auf, dass die Schüler/innen vor allem Sportler wählten, die derselben Sportart nachgingen wie sie selbst und diese als Vorbilder wählten. Vor allem bei diesem Thema kamen wir den Emotionen der Schüler sehr nahe, was eines unserer Ziele war. Ein Schüler war zum Beispiel sehr begeistert von Ailton. Auf den ersten Blick fiel sofort auf, dass äußerlich große Ähnlichkeit zwischen diesem Schüler und Ailton bestand. Im Bezug auf diesen Fußballspieler war er sehr gesprächig und lies uns wissen, dass er Ailton vor allem deswegen so verehrt, weil er trotz seines Gewichts so schnell laufen und so gut Fußball spielen kann. Er fühlt sich dadurch bestärkt, dass auch er selbst trotz seiner „festeren Statur“ weiterhin erfolgreich beim Fußballspielen sein kann und trotz seines Gewichts nicht eingeschränkt ist. Als weiteres Beispiel wurde die Skifahrerin Maria Riesch genannt, weil sie selbst gerne Ski fährt und sich das Kreuzband riss, genau wie ihr Vorbild. Die Geschichte dieser Sportlerin spornte sie an, nicht aufzugeben und immer weiterzumachen. Sie lernte daraus, dass oft Hürden in den Weg gelegt werden, die es zu überwinden gilt.  All‘ die Aussagen der Schüler/innen zeigten, dass sie ihre Vorbilder nicht einfach komplett kopieren, sondern sich bestimmte Bereiche in ihrem Leben aussuchen und sich diese als Orientierungshilfe nehmen.

Als „Local Heroes“ wurden die Feuerwehr und die Klassenlehrerin Frau Hagen aufgeführt. Als Grund für die Nennung  der Klassenleiterin gaben sie an, dass diese immer für sie da ist und ihnen Hilfe anbietet. Anfangs konnten die Schüler/innen noch nicht viel mit dem Begriff der „Local heroes“ anfangen, doch nach genauerer Erklärung und der Vorstellung eines Beispiels waren sie sehr begeistert. Unser Beispiel handelte von Leah Spitzenpfeil und ihrer Hilfe für krebskranke Kinder.  Dass dieses Beispiel die Schüler/innen bewegte, zeigte sich neben ihren spontanen Reaktionen vor allem an einem Brief einer Schülerin. Wie bereits erwähnt liesen wir am Ende der Stunde von allen Schülern/innen einen Brief verfassen, in dem sie sich an ihre Vorbilder wenden sollen und ihnen all‘ das mitteilen sollen, was sie ihnen gern persönlich sagen würden. Dieses Mädchen schrieb von ihrer Bewunderung für Leah und davon, dass sie genauso werden will wie sie und ebenfalls krebskranken Kindern helfen will.

 Da in der 6. Klasse gerade Firmunterricht erteilt wurde, gingen wir auch kurz darauf ein, ob der Firmpate oder die Firmpatin für sie ein Vorbild sei. Eine spontane Antwort darauf war ein einstimmiges „Nein“. Bei genauerer Betrachtung kam es allerdings doch zu einigen Wortmeldungen. Als Hauptgrund für die Wahl des Firmpaten als Vorbild wurde neben des beruflichen Erfolgs und dem daraus gründenden Gehalt, das den Schülern/innen eine große Zahl an Geschenken einbringen wird, vor allem genannt, dass es ihnen besonders wichtig sei, dass der Firmpate/in auf sie eingeht und immer für sie da ist.

Es wurde aber auch erwähnt, dass Geschwister oder andere Verwandte nur deswegen als Pate/in eingesetzt wurden, weil bereits ein eigener Elternteil die Patin oder der Pate dessen/deren Kinder war.

 

M6: Schlussreflexion

 

Das Seminar an sich war sehr interessant und aufschlussreich. Es bat einem persönlich die Möglichkeit, sich nach seinen eigenen Vorbildern zu fragen und noch einmal auf das eigene, bisher relativ kurze Leben zurückzublicken und die Vorbilder im Laufe der Zeit und Altersstufen zu betrachten. Zudem lehrte es uns die Begriffe Held, Vorbild, Idol, Star und  Local Hero genauer zu unterschieden. Außerdem lies es uns diese Thematik von zwei Blickwinkeln betrachten. Auf der einen Seite, dass Vorbilder eine sehr positive Funktion haben können, da sie uns zum Beispiel eine Orientierungsmöglichkeit bieten. Auf der anderen Seite jedoch auch einige Nachteile aufweisen. Wenn zum Beispiel jemand als Vorbild gewählt wird, dessen Lebensweise weniger positiv erscheint, zum Beispiel auf Grund von Drogenexzessen, Alkoholkonsum, Entzug oder Magersucht. Es bat uns die Möglichkeit über ein Thema nachzudenken, das uns alle betrifft. Das Seminar war ein guter Ausgangspunkt dafür, Wissen über eine alltägliche Thematik gut hinterfragt weiterzugeben.

Die Unterrichtsstunden ermöglichten uns, die Vorbilder und Orientierung von Kindern in der 6. Klasse kennenzulernen. Einige Zeit hieß es, der Trend der Vorbilder sei rückläufig, doch die Befragung in der Klasse lies genau das Gegenteil erkennen. Es war interessant zu erfahren, was die Kinder bewegt, wo ihre Interessen liegen und wie sehr sie sich mit dem Thema „Vorbilder, Helden, Heilige und Local Heroes“ auseinandersetzen. Zudem fanden wir die Tipps von Herrn Prof. Mendl sehr hilfreich, die wir im Bezug zu unserer Unterrichtsstunde erhielten, bezüglich der Möglichkeiten, wie wir dieses Thema den Schülern/innen am besten näherbringen können.

 

M7: Didaktische Anregungen

 

1)     Zum Beispiel könnte man der Klasse eine Dilemma-Frage stellen, die auf die konkrete Vorbildsituation übertragen verwendet werden kann. Mit Hilfe von Dilemma-Fragen wird versucht, eine Diskussion über ethisch-moralische Fragen in Gang zu bringen.

Hans Mendl formuliert es folgendermaßen:

Von einem diskursethischen Ansatz aus verzichtet man auf unmittelbare Übertragungsmuster aufs eigene Leben. Dahinter verbirgt sich die moralpsychologisch begründete Hoffnung, dass Kinder und Jugendliche durch eine regelmäßige Diskussion von moralischen Dilemmata in ihrer moralischen Urteilskompetenz und in ihrem Wertbewusstsein gefördert werden. Sie lernen in der Auseinandersetzung mit biografischen Entwürfen und besonders den Entscheidungssituationen anderer Menschen die Komplexität des Lebens kennen und erhalten ein Gespür für Normen und Werte, die Kompetenzen von Verhaltensweisen und die Notwendigkeit, über moralische Fragen in der Gruppe unterschiedlich Denkender zu streiten.“ (vgl. Didaktische Impulse: Mendl, Hans, Lernen an (außer-)gewöhnlichen Biografien. Religionspädagogische Anregungen für die Unterrichtspraxis, 1. Aufl., Donauwörth 2005, 74-94.)

Die Frage transportiert einen Konflikt, der nach mehreren Seiten hin auflösbar sein kann. Die ethische Bewertung der Haltungen ist nicht einfach, unterschiedliche Wertepräferenzen prallen aufeinander, der Wertekonflikt wird ausgetragen. Zum Beispiel: 

Wird Sara Nuru ihrer Rolle als Vorbild gerecht?  

 

 

2)     Weiter könnte man die Klasse ein Akrostikon zu ihrem Vorbild anfertigen lassen. Das Akrostichon ist ein antikes Schreibspiel, bei dem die Buchstaben eines Wortes senkrecht untereinander geschrieben werden.

Jeder Buchstabe bildet den Anfang eines neuen Wortes, Satzes oder Satzteils. Hierbei beinhaltet das vorgegebene Wort das Thema des Unterrichts, zu dem Wörter oder Sätze geschrieben werden müssen. Es dient dem „Brainstorming“ über ein bestimmtes Thema, dadurch erhält man einen Überblick über die neue Thematik und das gibt Ansoß zur weiteren Ausführung.  

 Ein Beispiel hierfür wäre: Bildet ein Akrostikon zum Thema „Eltern“

E rziehen

L ieben

T olerieren

E insetzen für

R egeln

N ahe

  

3)  Nach der Vorstellung der Vorbilder soll eine Ehrenurkunde erstellt werden. Diese  

     mit Wertungen gespickte Gattung ermöglicht zudem eine prägnante Darstellung.

     Sie bietet dem Schüler die Möglichkeit, sich noch einmal Gedanken über sein/ ihr

    Vorbild zu machen. Zum Beispiel:

       Ehrenurkunde für Matthias Steiner

    „Matthias Steiner, ein herausragender Charakter, der für seine verstorbene Frau  

     Olympisches Gold gewann und durch seinen darauf folgenden Weinkrampf der

    Welt bewies, dass auch der stärkste Mann der Welt Emotionen zeigt. Damit

    beweist er  nicht nur körperliche, sondern auch emotionale Stärke. “

 

 

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Literaturverzeichnis:  

Bizer, Christoph u.a., Sehnsucht nach Orientierung. Vorbilder im Religionsunterricht. Jahrbuch der Religionspädagogik, Bd. 24, Neukirchen- Vluyn 2008.

 Mendl, Hans, Lernen an (außer-)gewöhnlichen Biografien. Religionspädagogische Anregungen für die Unterrichtspraxis, Donauwörth 2005.

 Stamm, Margit, Vorbilder der Jugend- Jugend als Vorbild? Ein Begriff und seine vernachlässigte Bedeutung, Berlin, 2005.

 Internetquellen

 http://www.vorbildsein.de/cms/iwebs/default.aspx (11.12.2009).

 http://www.neon.de/kat/fuehlen/erwachsenwerden/269984.html (11.12.2009).