Alkohol
Alkoholabhängigkeit- und Missbrauch
Alkohol ist in unserer Gesellschaft weit verbreitet und akzeptiert. Zwar kann Alkohol in geringen Mengen stimmungsaufhellend und damit als angenehm empfunden werden. Doch Alkoholkonsum kann abhängig machen und gesundheitsschädlich sein. Deutschland ist laut dem Jahrbuch der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (2013) eines der Länder mit dem höchsten Pro-Kopf-Konsum in Europa. 9,7 Liter reinen Alkohol tranken die Deutschen im Jahr 2013 durchschnittlich. Die gesundheitlichen Folgen sind enorm: jedes Jahr sterben tausende Menschen an Krankheiten, die direkt oder indirekt mit Alkoholkonsum in Verbindung stehen, ca. 1,61 Millionen Menschen in Deutschland sind akut alkoholabhängig, 1,77 Millionen betreiben regelmäßig Alkoholmissbrauch.
Im unteren Bereich ist ein Experteninterview zum Thema Alkoholsucht zu finden.
Symptome und Anzeichen einer Alkoholabhängigkeit
- Regelmäßiger Alkoholkonsum.
- Habitualisierung: Auf das Feierabendbier kann nicht verzichtet werden.
- Starker Drang nach Alkoholkonsum.
- Kontrollverlust: Aufhören zu trinken fällt zunehmend schwerer.
- Soziale Aktivitäten oder Pflichten werden vernachlässigt, um Alkohol zu trinken.
- Körperliche Entzugserscheinungen: Händezittern, Schwitzen, Ruhelosigkeit bei fehlendem Alkoholkonsum.
- Gewöhnungseffekt: Größere Mengen Alkohol sind besser verträglich als früher; dieselbe alkoholbedingte Wirkung kann nur noch mit immer größer werdenden Mengen erreicht werden.
- Gesundheitliche oder zwischenmenschliche Probleme.
Maßnahmen bei kritischem Alkoholkonsum oder einer beginnenden Abhängigkeit
- Nicht jeden Tag Alkohol trinken, sondern auf andere Getränke wie Tee, Wasser oder Saft zurückgreifen.
- Eine Zeit lang auf Alkohol verzichten: gelingt die Alkoholabstinenz ohne Probleme, besteht keine Gefahr, je schwerer der Verzicht fällt, desto mehr ist der Gewöhnungseffekt bereits eingetreten.
- Besuch einer Selbsthilfe-Gruppe: Es gibt tausende solcher Gruppen in Deutschland, deren Ziel es ist, sich über Alkoholprobleme auszutauschen und so Alkoholabhängigkeiten zu überwinden oder vorzubeugen.
- Auch wenn es Überwindung kostet: Sprechen Sie mit Ihrem Hausarzt über ihre Alkoholprobleme.
- Gehen Sie zu einer Beratungsstelle wie die Suchtberatungsstelle
Beratung und Therapiemöglichkeiten
- Therapien in Beratungs- und Behandlungseinrichtungen wie etwa die Caritas Passau: Dort wird entschieden, welche Maßnahmen getroffen werden können
- Entzugsbehandlungen in Krankenhäusern
- Ambulante Entwöhnungstherapien
- Nachsorge im Anschluss an stationäre oder ambulante Behandlung durch Angehörige
- Sucht-Selbsthilfegruppen
- Online-Trainings wie bei studicare
Alkoholmissbrauch bei Studierenden
Alkoholmissbrauch, also der übermäßige Alkoholkonsum, ist auch unter Studierenden weit verbreitet. Eine aktuelle Studie (Februar 2018) des Centrums für Marktforschung der Uni Passau, bei der der psychologische/psychotherapeutische Beratungsbedarf an der Uni untersucht wurde, ergab, dass die Wahrscheinlichkeit für Alkoholmissbrauch bei den Passauer Studierenden über dem Bundesdurchschnitt liegt.
Demnach gaben 29% der Befragten (Studienteilnehmer: 3555) an, dass sie schon einmal das Gefühl hatten, ihren Alkoholkonsum reduzieren zu müssen. Und 28% hatten den Eindruck, zu viel zu trinken. 25,4 % der Befragten hatten damit eine mindestens 89%tige Wahrscheinlichkeit eines Alkoholmissbrauchs, bei Frauen lag der Anteil bei 20,2 %, bei Männern bei 34,4%.
Übermäßiger Alkoholkonsum ist gefährlich und kann zu Alkoholvergiftungen und anderen Schäden führen. Wenn Sie mit Personen unterwegs sind, die stark betrunken sind und bei denen deswegen der Verdacht auf eine Alkoholvergiftung vorliegen könnte, lassen Sie diese nicht aus den Augen. Im Notfall ist in Passau der direkte Weg zum Klinikum anzuraten. Auf Station 43, die Station für Notaufnahmen, werden Sie über die weiteren Schritte aufgeklärt. Bringen Sie ihre Krankenkarte mit und melden sich bzw. den Patienten an der Pforte. Adresse: Klinikum Passau, Innstrasse 76, 0851-53000. Telefonnummer Notarzt: 112.
Julius Krieg ist Leiter der psychosozialen Beratung und Behandlung der Caritas Passau. Der 63-Jährige erzählt im Interview mit der Beratungsstelle über seine Erfahrungen im Umgang mit Alkoholkranken, wie gefährdet Studenten sind und wie man eine beginnende Alkoholabhängigkeit bei sich und anderen erkennen kann.
Beratungsstelle: Welchen Anteil machen Alkoholerkrankte in der Suchtberatung der Caritas aus und welche Süchte werden dort noch behandelt?
Julius Krieg: Wir haben im Jahr etwa 800 Klienten, die wir betreuen. Von diesen kommen ungefähr die Hälfte wegen einer Alkoholproblematik zu uns. Das zeigt, wie weit die legale Droge Alkohol verbreitet ist. Das sieht man auch daran, dass die Behandlung von Menschen mit Problemen mit illegalen Drogen nur ungefähr 25% ausmacht. Dazu kommen noch Menschen mit Essstörungen oder allgemeinen psychischen Problemen. Aber auch Angehörige von Suchtkranken beraten wir bei uns.
Gibt es viele Studenten, die mit einem Alkoholproblem zu Ihnen kommen?
Das kann man schwer sagen, weil wir dazu keine Zahlen haben. Das liegt auch daran, dass Studenten, die Alkoholprobleme haben, in der Regel nicht so schnell auffällig werden, sondern nur, wenn er oder sie zum Beispiel das Studium abbricht. Alkoholprobleme spielen sich bei vielen Betroffenen oft im Verborgenen ab. Denn Alkoholiker werden oft vom System mitgetragen. Wenn ein Student zum Beispiel in seine Vorlesungen geht und alle Prüfungen besteht, dann eckt er nicht an und die Alkoholsucht ist noch nicht auffällig. Im Berufsleben, zum Beispiel im Büro, ist eine Alkoholfahne auffälliger.
Laut einer Studie der Uni Passau haben die Passauer Studenten im Vergleich zum Bundesdurchschnitt eine höhere Wahrscheinlichkeit zum Alkoholmissbrauch – ein unter Studenten übliches Bild?
Ich weiß, dass viele Studenten etwas zu viel trinken. Gerade beim Alkohol gibt es immer eine hohe Dunkelziffer. Viele Leute haben ein Alkoholproblem, und trinken zu viel, aber fallen nicht auf, wie bei dem Beispiel mit dem Studenten. Denn Alkohol ist in unserer Gesellschaft etabliert und geduldet, deswegen sehen wir viele Alkoholkranke zunächst nicht. Das ist bei Studenten ähnlich.
Inwiefern sind Studenten gefährdet, alkoholkrank zu werden?
Niemand wird suchtkrank geboren, das Umfeld trägt dazu bei. Bei Studenten kann das auch leicht passieren. Denn sie können sich in ein Umfeld begeben, in dem gerne gefeiert wird und es überall Alkohol gibt. Früher war es bei den Studenten genauso, heute kommen illegale Drogen dazu. Ich glaube, dass viele Studenten unter Leistungsdruck stehen, den sie versuchen mit Drogen zu kompensieren. Es gibt Studenten, die es nur mit Hilfe von Medikamenten schaffen, ihr Studium abzuschließen. Ich habe den Eindruck, dass nicht alle Studenten trinken, sondern es gibt immer wieder einzelne – „der harte Kern“. Studenten haben früher gerne getrunken und heute auch. Da Alkohol die ganze Gesellschaft betrifft, sind Studenten genauso gefährdet, wie andere Schichten.
Was sind typische Folgeerscheinung eines Alkoholproblems?
Zunächst muss man unterscheiden zwischen psychischer und physischer Alkoholabhängigkeit. Als erstes kommt die psychische Abhängigkeit, also das unwiderstehliche Verlangen nach Alkohol. Man ist zunächst nicht bereit sich das einzugestehen. Das kann zum Beispiel mit der Feierabendhalbe beginnen: Wenn ich schon um drei Uhr nachmittags denke, wann kann ich endlich mein erstes Bier trinken. Die psychische Abhängigkeit fällt zunächst nicht auf. Im Verlauf dieser psychischen Abhängigkeit kommt die physische Abhängigkeit. Morgens fühlt man sich schlecht und braucht Alkohol um fit zu sein, diese beiden Faktoren ergeben das Gesamtbild einer Alkoholabhängigkeit. Diese zu entwickeln kann Jahre dauern.
Was ist das schwierige an der Behandlung von Menschen mit Alkoholproblemen?
Man muss die Leute motivieren, gegen die Krankheit anzukämpfen. Die meisten unserer Klienten kommen in die Beratungsstelle, weil sie vom Arzt, Richter oder dem Partner geschickt werden, also auf Druck. Es ist wichtig, die Leute zu motivieren selbst Lösungen zu finden. Dann ist es auch wichtig, zunächst die Diagnose Alkoholismus festzustellen und die Klienten damit zu konfrontieren.
Woran erkennt man eine beginnende Alkoholabhängigkeit?
Wenn man ein unwiderstehliches Verlangen nach Alkohol hat. Wenn man sich vornimmt, nichts zu trinken und dann trotzdem trinkt, weil man nachmittags schon zu zittern anfängt, weil man Alkohol braucht.
Wie beugt man dieser vor?
Alkoholabhängigkeit hat mit Konsum zu tun. Kontrolliertes Trinken ist wichtig. Wenn jemand sehr sorgsam umgeht mit Alkohol, dann ist die Wahrscheinlichkeit alkoholabhängig zu werden, relativ gering. Wenn man also nur eine bestimmte Menge in einer bestimmten Zeit trinkt. Es wäre beispielsweise gut, dreimal die Woche gar keinen Alkohol zu trinken, und wenn dann nur 40 Gramm, also ungefähr eineinhalb Biere. Ich bin nicht jemand, der meint, Alkohol gehört verboten, aber er muss in Maßen genossen werden.
Was ist nach Partys zu beachten, an denen viel getrunken wird?
Wenn man einmal exzessiv trinkt, zum Beispiel am Wochenende, dann ist es für den Körper wichtig eine längere Erholungsphase zu haben, also etwa drei Wochen danach nichts mehr zu trinken. Denn Alkohol ist ein ganz massives Gift. Wenn das Gift in Maßen zu sich genommen wird und der Körper sich erholen kann, dann ist es noch in Ordnung und verkraftbar.
Was kann ich tun, wenn ich jemanden kenne, um dessen Alkoholkonsum ich mir sorgen mache?
Ich empfehle mit demjenigen unter vier Augen zu reden und ganz klar zu sagen Pass mal auf, ich denke du hast ein Alkoholproblem, weil.... Man sollte es mit den Sachen begründen, die man selbst gesehen hat und sagen, dass man der Person nicht helfen kann, aber weiß, wo es professionelle Hilfe gibt. Damit bewegt man etwas in dem Menschen, denn das Gespräch ist wahrscheinlich unangenehm. Danach sollte man immer dranbleiben und nachfragen, ob die Person schon da war, um sich Hilfe zu holen. Denn es ist keine Schande alkoholkrank zu sein, sondern nichts dagegen zu tun.
Vielen Dank für das Gespräch!

Hier finden Sie Hilfe, Beratungsangebote und Informationen:
- Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V. (2016): Alkohol. Basisinformationen. 13. Auflage. Hamm: DHS.
- Deutsche Haupstelle für Suchtfragen e.V. (2016): Alkohol ist gefährlich. Ein Heft in leichter Sprache. 2. Auflage. Hamm: DHS.