Aktive Selbsthilfe
Neben den präventiven Maßnahmen existieren ferner verschiedene Handlungsmöglichkeiten, die in konkreten Stresssituationen sinnvoll und wirksam sind. Folgende Auswahl kann Ihnen dabei helfen, einen bewussten Umgang mit Stress und Ihrer eigenen Persönlichkeit zu finden.
Werden Sie sich ihrer selbst bewusst. Nehmen Sie sich so an, wie Sie sind. Identifizieren Sie vermeintliche Schwächen oder negative Verhaltensmuster. Halten Sie diese schriftlich fest und finden Sie ein positives Pendant hierzu, beispielsweise Ungeduld vs. Schnelligkeit/Energie. Hierdurch erkennen Sie, dass jedes vermeintlich „Schlechte” auch etwas „Gutes” in sich birgt. Die Persönlichkeit eines Menschen ist relativ stabil, kämpfen Sie deshalb nicht gegen sich an, sondern machen Sie sich auf die Suche nach Ihrem „Ich”.
Akzeptieren Sie Ihre Gefühle, auch wenn Sie sie als negativ oder belastend empfinden. Verspüren Sie beispielsweise Angst, dann ist dies ein Zeichen dafür, wieder mehr mit sich ins Gleichgewicht zu kommen. Wie töricht wäre es, diesen Hinweis nicht ernst zu nehmen oder gar zu bekämpfen. Erst wenn Sie Ihre Emotionen wahrnehmen, ist der Weg zu einem individuellen Selbstmanagement frei. Der sprichwörtliche „Kloß im Hals” vor einer Prüfung oder dergleichen bildet mithin einen wichtigen somatischen Marker, der uns darauf hinweist, dass man aufgeregt ist oder Angst verspürt. Hilfreich ist es ebenfalls, wenn Sie belastende Situationen nochmals mit etwas Abstand „durchleben”. Fragen Sie sich, was Sie verändern können, um die Situation angenehmer zu gestalten. Auf diese Weise entwickeln Sie ein Gespür für eine angemessene Reaktion und lernen, bei einem erneuten Auftreten frühzeitig gegenzusteuern.
Identifizieren Sie irrationale Gedanken wie beispielsweise denjenigen, dass Sie eine bestimmte Prüfung nicht oder nur schlecht bestehen werden. Überprüfen Sie diese Hypothese, denn nichts anderes ist obige Annahme, und finden Sie widerlegende Argumente. Sie könnten etwa argumentieren, dass Sie sich wie immer vorbereitet haben und auf diese Weise schon zahlreiche gute Ergebnisse erzielen konnten. Hierdurch entlarven Sie negative Gedankenschleifen und können Ihr Selbstbild positiv gestalten. Falls Sie keine Gegenargumente finden sollten, scheuen Sie sich nicht, die Meinung eines vertrauten Menschen heranzuziehen. Bei manifesten Problemen erörtern Sie Alternativen: Welche anderen Wege der Vorbereitung gibt es? Sind diese umsetzbar? Auf diese Weise schaffen Sie sich weitere Handlungsoptionen und erkennen negative Arbeitsweisen.
Die Balance zwischen Arbeitszeit und Freizeit stellt einen Drahtseilakt dar, welcher zugleich eine enorme Stressquelle bildet. Umso wichtiger ist das zielgerichtete und sinnvolle Strukturieren des eigenen Alltags. Es ist von herausragender Bedeutung, dass Sie sich einen Überblick über Ihre Aufgaben und Vorhaben verschaffen und hierbei Prioritäten setzen. Achten Sie auch auf Ihren persönlichen Rhythmus: Nicht jeder Mensch hat sein Leistungshoch am frühen Morgen. Auch das Einplanen von Phasen der Erholung gehört zu einem bewussten Zeitmanagement. Grundlegend ist, dass Sie ihrem Tag eine klare Struktur verleihen. Hierfür eignen sich Rituale, da diese den Beginn oder das Ende einer Phase markieren. Starten Sie Ihren Tag mit wiederkehrenden Handlungen, etwa einer Tasse Kaffee oder Tee, einem ausgedehnten Frühstück oder dem Lesen der Tageszeitung. Durch ein Tagesabschlussritual vermögen Sie es besser, sich die durchaus positiven Aspekte des Tages ins Bewusstsein zu rufen. Hierfür eignen sich das Führen eines Tagebuches oder ein abendlicher Spaziergang. Nehmen Sie sich auch tagsüber Zeit für richtige Pausen. Entscheiden Sie sich bewusst dazu, auch „Offline-Phasen” während des Arbeitens einzulegen und verzichten Sie zu späterer Stunde ganz auf Smartphone oder Laptop. Dies ist essentiell, um wirklich Ruhe zu finden. Eine gute Möglichkeit, insbesondere für Studenten, den Alltag sinnvoll und zielgerichtet zu strukturieren, bietet die Arbeit mittels eines Wochenplans.
Körperliche Aktivität ist eine hervorragende Möglichkeit, das leibliche und seelische Wohlbefinden zu verbessern und zu stärken. Ein regelmäßiges Ausdauertraining reduziert das Stresslevel enorm und baut zudem Ängste ab. Ein definierter Körper ist hierbei selbstredend auch ein positiver und ästhetischer Nebeneffekt. Darüber hinaus führt Sporttreiben langfristig zu einer nachhaltigen Stärkung des Vertrauens in Ihre eigenen Fähigkeiten und Kapazitäten. Wenn Sie sich diese positiven Konsequenzen vor Augen halten, dann wird es leichter, den Schritt aus der Komfortzone zu machen und sich in Bewegung zu setzen. Gerade in der Anfangsphase empfiehlt es sich, Tagebuch über Ihre sportlichen Aktivitäten zu führen, bis diese zur festen Gewohnheit geworden sind. Damit können Sie Ihr Aktivsein besser planen und bewusster reflektieren. Wichtig ist es auch, dass Sie diejenige Sportart finden, die Ihnen Spaß macht und Ihren Interessen am meisten entspricht. Bewegen Sie sich bewusst und hören Sie bei der Aktivität auf Ihren Körper, denn Ihre Tagesform unterliegt erheblichen Schwankungen. Akzeptieren Sie dies und vermeiden Sie ein übertriebenes Leistungsdenken. Nutzen Sie auch das vielfältige Angebot des Sportzentrums der Universität Passau – hier ist für jeden Bewegungstyp garantiert das Richtige dabei!
Genau wie Sie Ihren Bewegungsapparat trainieren und über die Zeit stetig verbessern können, so verhält es sich auch mit Ihrer Fähigkeit, sich zu entspannen. Entspannung bedeutet vor allem, Ruhe zu finden und sich Zeit für sich selbst nehmen. Demgemäß besteht Entspannung in einem ausbalancierten Zustand, im Erleben von Zufriedenheit und Gelassenheit. Dabei ist das Repertoire an Entspannungsverfahren sehr vielfältig. Zu den bekanntesten zählen Autogenes Training, Progressive Muskelentspannung und auch Yoga. Allen Verfahren ist das Ziel der Verbesserung der bewussten Entspannungsfähigkeit gemein. Gleichzeitig stärken sie die Konzentrationsfähigkeit und schaffen Distanz zu unangenehmen Gefühlen und Gedanken. Finden Sie heraus, welches Verfahren am besten zu Ihnen passt. Informieren Sie sich auch über das Angebot des Sportzentrums der Universität Passau, welches beispielsweise regelmäßig Yoga-Kurse anbietet.
Es ist leider keine Seltenheit, dass persönliche Grenzen überschritten werden. Eine kränkende Äußerung oder eine verletzende Umgangsweise genügen bereits, um Stress auszulösen und das Selbstwertgefühl zu vermindern. Scheuen Sie sich jedoch nicht davor, gegenüber Ihren Mitmenschen klare Grenzen zu ziehen, welche durch ihr Verhalten Stress und Unbehagen bei Ihnen hervorrufen. Denn es ist Ihre dringliche Pflicht, sich selbst zu schützen. Diese Grenzen sollten jedoch auch flexibel gehandhabt werden. Kommunizieren Sie mit Ihrem Gegenüber offen darüber, denn Offenheit schafft Transparenz, die das Miteinander erleichtern kann. Bei einer Verhaltensänderung können diese Grenzen auch rasch wieder geöffnet werden, sobald ein engerer Umgang wieder möglich ist.
Es gibt auch jene Menschen, die sich ständig an Ihrem Energielimit bewegen, weil Sie nicht „Nein” sagen können und somit jede Aufgabe übernehmen. Viele Menschen haben Probleme damit, unvermittelt mit Sachverhalten konfrontiert zu werden, auf welche sich nicht vorbereitet sind. Seien Sie sich jedoch dessen bewusst, dass Sie auch im Nachhinein Ihre Antwort noch revidieren können, wenn Sie der Meinung sind, sie hätten gerne anders reagiert. Dies sollte man auch offen ansprechen: „Ich habe vorhin zu vorschnell gehandelt und habe meine Antwort überdacht. Ich sehe dies nun anders und möchte gerne meine Meinung ändern.” Einer solchen Verhaltensweise sollte man sich keineswegs schämen, auch dies gehört zu einem bewussten Umgang mit der eigenen Persönlichkeit.
Als Person partizipiert man an verschiedenen Systemen wie beispielsweise Familie, Sportverein, Universität, Gesellschaft etc. und übt hier verschiedene soziale Rollen (Partner, Bruder, Mitspieler, Student etc.) aus. Diese gehen natürlich mit verschiedenen Erwartungen einher. Schließlich ist jedoch das Ausfüllen selbiger durch den Rollenträger entscheidend. Hierbei entstehen jedoch nicht selten Spannungen zwischen den Erwartungen und dem eigenen Ansinnen. Nichtsdestotrotz ist es unerlässlich, dass man seine Identität wahrt und seine Vorstellungen transparent kommuniziert, um nicht durch die heterogenen Erwartungen überfordert zu werden. Daher ist es gut, dass man seine Rollen zeitweilig reflektiert. Überlegen Sie hierfür, welche Aufgaben Sie im letzten Monat ausgeübt haben, da diese oft einen Hinweis auf die verschiedenen Rollen geben. Bestimmen Sie anschließend durch eine selbstgewählte Skala, wie positiv oder negativ Sie diese empfunden haben. Wünschen Sie sich Veränderungen? Welche Rollen waren Ihnen besonders wichtig und welche haben Sie besonders viel Energie gekostet? Hierdurch schärfen Sie das Bewusstsein für Ihre Rollen enorm. Teilen Sie Ihren Mitmenschen im Anschluss die intendierten Veränderungen mit, sodass diese sich auf die Veränderungen einstellen können.
Unser Verhalten ist maßgeblich von grundlegenden Überzeugungen geprägt, welche als „ideelle Programme“ stets im Hintergrund unseres Daseins ablaufen. Hierbei handelt es sich um Glaubenssätze, die oft im frühen Kindesalter ihre Wurzeln haben. Diese inneren Antreiber, gewissermaßen Leitprinzipien unseres Lebens, sind im Kern positiv konnotierte Eigenschaften wie Freundlichkeit, Genauigkeit, Leistungsbereitschaft, Unabhängigkeit etc., welche aber gleichzeitig auch ein stress-evozierendes Potenzial in sich bergen. Nicht selten avancieren diese Prinzipien nämlich zu einem strikten Muss-Denken und sind demgemäß für ein extremes Leistungsdenken und Perfektionismus verantwortlich, welche sich negativ auf die Gesundheit und die Selbstachtung einer Person auswirken können. Man besitzt jedoch als Erwachsener die Möglichkeit, diese Prinzipien zu reflektieren und zu modifizieren. Notieren Sie sich einige Glaubenssätze und erlauben Sie sich, gegenteilig zu denken:
- Muss-Denken: Erledige die Aufgabe perfekt und unverzüglich!
- Bewusster Umgang: Ich darf Fehler machen und mir die Zeit geben, die ich benötige.