Sie habe zunächst gar keine Karriere im Sozialbereich angestrebt, erzählte Andrea Anderlik. Nachdem die gebürtige Linzerin die Modeschule absolviert hatte, war sie als Designerin in der Textilbranche tätig. „Erst nach der Geburt meiner beiden Kinder bin ich in den sozialen Bereich gewechselt.“ Während der Elternzeit engagierte sich Anderlik bei der Familienakademie der Kinderfreunde Linz-Land. 2003 wurde sie dort Geschäftsführerin und studierte berufsbegleitend ab 2005 Sozialmanagement. Dass sie damals Mutterschaft, Führungsposition und Studium vereinbaren konnte, war nur dank der Unterstützung ihres Mannes und ihrer Eltern möglich. „Ohne ein entsprechendes soziales Umfeld, ohne Partner, der sich einbringt, und ohne Großeltern, die regelmäßig auf die Kinder aufpassen, schafft man so eine Doppel- oder Dreifachbelastung nicht.“ Abstriche habe es natürlich gegeben: „Manche haben mich als Rabenmutter gesehen“, so Anderlik. „Es geht aus meiner Sicht aber nicht um die Quantität, sondern um die Qualität der Beziehung zu den Kindern.“
2009 übernahm Anderlik die Leitung eines Seniorenwohnhauses der katholischen Stiftung Liebenau in Oberösterreich. Drei Jahre später wechselte sie zur Caritas in Oberösterreich und wurde Leiterin eines Seniorenwohnhauses. „Ich habe in meinem Leben nur zwei Bewerbungen geschrieben, ansonsten bin ich immer gefragt worden“, erzählt sie. „Daher ist das Netzwerken so wichtig – oft gelingt es im direkten Dialog, in kleinen Gruppen und bei eher überschaubaren Veranstaltungen, so wie hier.“
2014 kam Anderlik dann in die Führungsebene der Caritas in Oberösterreich. Als Geschäftsführerin der „Caritas für Betreuung und Pflege“ nahm sie hier auch die Interessenvertretung konfessioneller Alten- und Pflegeheime gegenüber Politik und Gesellschaft wahr. Seit 2021 ist sie nun Direktorin im Caritasverband für die Diözese Passau und zusammen mit dem Bischöflich Beauftragten verantwortlich für rund 4.000 Mitarbeitende in mehr als 140 Einrichtungen. „Ich muss jeden Tag unzählige Entscheidungen treffen, zum Beispiel bei der Besprechung von Baumaßnahmen.“ Worauf es dabei besonders ankomme, wollte eine der Programmteilnehmerinnen wissen. „Führen ohne Angst und Kontrollwahn ist das Wichtigste“, so Anderlik.
Dr. Benedikt Kuhnen, Koordinator des Frauen-Mentoring-Programms an der Stabsstelle Diversity und Gleichstellung, der ebenfalls am Frühstücksgespräch teilnahm, freute sich über den interessanten und offenen Austausch: „Ich bin sehr dankbar, dass Frau Anderlik sich die Zeit genommen hat, unseren Mentees Einblicke in ihren Werdegang und in ihre Erfahrungen als Führungskraft zu geben – noch dazu am Wochenende.“
Zum Frauen-Mentoring-Programm:
mentUP+ ist das Frauen-Mentoring-Programm der Universität Passau. Ziel des Programms ist es, die Karrierechancen von Frauen zu verbessern, einen Beitrag zur Entwicklung von High Potentials zu leisten und den Anteil an Frauen in Führungspositionen zu erhöhen. Das Programm unterstützt bei der strategischen Laufbahnplanung, vermittelt karriererelevantes Wissen und bereitet auf künftige Führungs- und Managementaufgaben vor.