Der 25-jährige Daniel Huber und Maximilian Liebhardt (24) - Der molekulare Biotechnologie Student und der ausgebildete Krankenpfleger sind ‚Wasserwachtler‘ aus Leidenschaft und haben im Zuge ihrer ehrenamtlichen Arbeit im Sommer 2015 einem kleinen Jungen das Leben gerettet.
Die ‚Helden vor Ort‘ haben sich schon als Kinder bei der Wasserwacht kennengelernt und sind seit ihrem Beitritt enge Freunde. Die zwei jungen Erwachsen haben Hobbies wie jeder andere Gleichaltrige auch, sie gehen in die Berge, fotografieren leidenschaftlich, machen Musik und verbringen möglichst viel Zeit mit ihren Freunden. Allerdings zeigte sich schon in deren Jugend, dass sie Freude daran haben, sich zu engagieren. Daniel war mehrere Jahre Jugendleiter bei Freizeitaktivitäten und Ausflügen der evangelischen Kirche und auch Maximilian war und ist aktives Mitglied der Kolpingjugend und war längere Zeit Firmhelfer.
Der Großteil des gemeinsamen Freundeskreises besteht aus Mitgliedern der Wasserwacht. Daniel und Maximilian beschreiben eine enge Gemeinschaft, in der sie sich sehr aufgehoben fühlen, besonders weil jeder die begrenzte Freizeit der anderen aus eigener Erfahrung realisiert und man immer auf Unterstützung bauen kann, wenn es um die Sorgen aber auch Freuden eines ehrgeizigen ‚Wasserwachtlers‘ geht.
Beigetreten sind sie im Grundschulalter. Daniel wurde Mitglied, weil er seinen Vater, der langjähriges Mitglied war, als Vorbild ansah und Maximilian wurde von einem Klassenkameraden zur Gruppenstunde mitgenommen.
Wie bereits beschrieben widmen die Beiden seit Jahren ihre ganze Freizeit dem ehrenamtlichen Engagement: Daniel mittlerweile als Stellvertretender Vorsitzender der Wasserwacht Trostberg und Maximilian als Technischer Leiter und Ausbilder. Auf die Frage ob sie wegen ihrer knapp bemessenen Freizeit manchmal auf negative Kommentare stoßen, antworten sie mit einem zögernden ‚jein‘. Es kommt vor, dass Freunde außerhalb der Wasserwacht Unverständnis an den Tag legen, wenn die Zwei mehrere Wochenenden lang keine Zeit haben. Sogar die Familie muss manchmal zurückstecken, wenn die jungen Männer wegen Rufbereitschaft zum Beispiel das gemeinsame Abendessen frühzeitig beenden müssen.
Ihre ehrenamtliche Arbeit aufgeben würden sie laut eigenen Aussagen allerdings nie. Sie beschreiben die Wasserwacht als Teil ihres Lebens den sie nicht missen wollen.
Maximilian und Daniel verbrachten damals den Vormittag eines Wochentages damit, im Trostberger Schwimmbad zu trainieren. Dies verdeutlicht erneut ihr Engagement, denn das zusätzliche Schwimmtraining wird ihnen nicht vorgeschrieben und ihr eigentlicher Dienst im Schwimmbad findet auch nur an Wochenenden statt.
Als sie sich bereits wieder in der Wache umzogen und schon fast auf den Nachhauseweg machen wollten, vernahmen sie Hilferufe aus der Richtung des nahegelegenen Nichtschwimmerbeckens. Sie erkannten sofort den Ernst der Lage und sprinteten zu der anwachsenden Menschenmenge am Beckenrand. Dort angekommen fanden sie einen leblosen Jungen vor, umgeben von dessen Großvater, dem Bademeister und Passanten. Ohne Zeitverlust leitete Maximilian die Wiederbelebung ein und Daniel organisierte Sauerstoff und den Rettungsrucksack der Wärmedecken, Beatmungsbeuteln und ähnliches enthält. Letzteres wurde zum Glück nicht benötigt, da sich der Junge nach einigen Initialbeatmungen bereits übergab und wieder selbstständig atmete.
Daniel und Maximilian erklären, dass sie den Ablauf einer Wiederbelebung bei der Wasserwacht ständig wiederholen, sei es in den Gruppenstunden oder in regelmäßig Erste Hilfe Kursen, die sie verpflichtend absolvieren müssen. Durch diese ständige Einübung, die den Kindern in den Gruppenstunden von Zeit zu Zeit auch langweilig vorkommen kann, konnten die Beiden in der Notfallsituation wie Maschinen reagieren. Ganz automatisch setzten sie das erlernte und so oft theoretisch mit Hilfe von Puppen oder in Rollenspielen gefestigte Wissen um und retteten dem Jungen dadurch das Leben.
Auf die Frage nach der emotionalen Verarbeitung des Vorfalls reagierten beide zunächst zögerlich. Daniel beschreibt, dass er wenige Minuten nachdem der Junge ins Krankenhaus gebracht wurde, bereits anfing darüber nachzudenken was besser hätte ablaufen können, was im schlimmsten Fall passiert wäre und so weiter. Bis heute kommt ihm die Situation noch in Gedanken unter. Maximilian berichtet ähnliches. Vor allem nach dem Spätdienst, den er am selben Tag noch im Trostberger Krankenhaus verrichtete, war er völlig am Ende. Beide meinen, dass es ihnen besonders nahe ging, weil es sich um ein Kind handelte.
Dennoch sind die Beiden auf dem Wege einer positiven Verarbeitung und dazu trugen vor allem zwei Menschen bei: Zum einen der Notarzt am Unfallort. Maximilian kannte diesen von seiner Arbeitsstelle als Krankenpfleger. Die jungen Erwachsenen reflektieren im Interview, wie ihnen jener Notarzt nach der Rettung auf die Schulter klopfte. Sätze wie „genau so muss es ablaufen“ und „dank euch hat der Junge überlebt“ waren im konkreten Moment wie Balsam für die Seele. Die zweite Person, die maßgeblich zu Daniels und Maximilians Besserung beitrug war der Großvater des Jungen. Tage später kam er nochmal ins Schwimmbad um sich mehrfach bei den zwei Wasserwachtlern zu bedanken. Er beschrieb den Vorfall aus seiner Sicht und erklärte, dass er sofort darauf der Wasserwacht beigetreten war.
Während der Aufarbeitung sind ihnen unglaublicher Weise aber auch negative Reaktionen entgegengekommen. Immer wieder erlebten sie, wie Passanten falsche Tatsachen verbreiteten. Auch auf Plattformen sozialer Medien konnte man lesen, wie Gerüchte verbreitet und schlecht über die Wasserwacht geredet wurde. Auch wenn es ihnen manchmal schwer fiel, verhielten sich Maximilian und Daniel in solchen Momenten ruhig und schritten nicht ein, da sie sich nicht in den Vordergrund des Hergangs stellen wollten.
Vorranging waren allerdings zum Glück Lob und positive Reaktion von Seiten der Familie und dem Freundeskreis. Vor allem eine zeremonielle Ehrung durch die Stadt Trostberg lässt die beiden beruhigt auf den Tag zurückblicken. Sich selbst als Helden zu bezeichnen würde den Zweien laut eigenen Aussagen allerdings nie in den Sinn kommen. Maximilian meint: „Da hätte jeder so gehandelt!“
Abschließend verdeutlichten die Beiden noch, wie wichtig es ist, dass jeder Mensch von klein auf lernt, wie man in solchen Situationen zu reagieren hat. Erstehilfekurse können spielerisch gestaltet werden und nehmen die Angst davor, bei Unfällen etwas falsch zu machen. Die zwei ‚Helden des Alltags‘ erklären, dass man im Grunde nichts falsch machen kann, außer man sieht weg.
Zum Einstieg der Gruppenstunde sollten die Teilnehmer einen fiktiven, perfekten Helden in Stichpunkten beschrieben. Ob sie dabei den Protagonisten ihres Lieblingsbuches oder Filmes skizzieren oder ihrer Phantasie freien Lauf lassen, war den Anwesenden selbst überlassen. Dabei wurden größtenteils Adjektive und Phrasen verwendet, die zu einen übernatürlichen, alltagsfernen Superhelden passen: er ist mutig, kann mit Waffen umgehen und ist Zielsicher, ist gutaussehend, ist sportlich aktiv, männlich, gibt nie auf, kommt am Ende mit der Protagonisten zusammen, hat besondere Kräfte und eine dauerhaft positive Ausstrahlung, geprägt von Qualitäten wie Intelligenz, Humor und Geduld. In manchen Umschreibungen spiegelten sich allerdings schon im Einstieg Merkmale eines ‚Helden auf Augenhöhe‘ wieder. Vereinzelt fanden sich Aussagen wie: ‚sollte relativ normal sein, damit man sich mit ihm identifizieren kann‘ oder ‚stellt sich nicht in den Vordergrund‘. (Vgl. Anhang)
Im nächsten Schritt erhielten die jungen Erwachsenen Auszüge aus Liedtexten (unter anderem ‚Krieger des Lichts‘ von Silbermond und ‚Superheroes‘ von The Script) und Wörterbüchen (Duden, Brockhaus), Beziehungsweise Onlinelexika (Wikipedia und Ähnliche), sowie die original Beschreibungen von Superhelden wie ‚Superman‘. Diese Auszüge sollten genutzt werden, um die bereits angefertigten Beschreibungen eines Helden zu ergänzen aber auch herauszuarbeiten, was an den Auszügen zu bemängeln ist. Hierbei wurden die im ersten Teil angefangenen Skizzen zu meist mit weiteren übernatürlichen Fähigkeiten ergänzt. Als negativ es wurde unter anderem angesehen, wenn der Held von ‚edler Herkunft‘ war, er außergewöhnlich hervorsticht, er im Verlauf einer Geschichte tötet und so weiter. Teilweise gingen die Meinungen stark auseinander, manche beschrieben es als negativ, wenn der Held durch fehlerhaftes Verhalten zu menschlich dargestellt wurde, andere wiederum kritisierten es, wenn er sich zu sehr vom ‚Normalbürger‘ unterschied. (Vgl. Anhang)
Anschließend gestalteten die Gruppenmitglieder in zwei Großgruppen jeweils ein Plakat, wobei sie ihre gesammelten Skizzen des perfekten Helden ausdiskutieren und zusammentrugen. Geplant war, dass dabei zwei Darstellungen eines übernatürlichen Superhelden entstehen, die nach Einführung der "Local Heroes" überdacht und überarbeitet werden sollte. Jedoch war eine der beiden Arbeitsgruppen bereits einen Schritt voraus und umschrieb bereits auf gegenüberliegenden Seiten ihres Plakats sowohl die Idealvorstellung eines Superhelden, als auch einen Helden auf Augenhöhe. Die andere Gruppe verwendete zunächst fast nur Attribute wie „ultra stark“. (Vgl. Anhang)
Anknüpfend an die Gestaltung der Plakate wurden die Teilnehmer zu ihrem Vorwissen zum Thema Wasserwacht befragt. Die Schwester von Daniel Huber, die sich in der Gruppe befand, konnte einige bereichernde Informationen zu den Themen ‚Unterschied zwischen Wasserwacht und Bademeister‘ und ‚Ehrenamt‘ beisteuern. Die Tatsache, dass die Wasserwacht ihre Freizeit ohne Bezahlung opfert, war den meisten zwar bewusst, sorgte aber trotzdem bereits für eine kurze Diskussion.
Sofort danach wurde die Geschichte von Maximilian und Daniel eingeführt. Zwei bis drei Gruppenmitglieder beschrieben zunächst, was sie von dem Vorfall wussten. Die Aussagen resultieren alle aus den im „Trostberger Tagblatt“ erschienenen Zeitungsartikeln und aus Mundpropaganda. Danach rezitierte die Autorin der Arbeit den Hergang aus Sicht von Daniel und Maximilian. Diese Phase des Praxisversuches unterschied sich vor allem darin von den anderen, dass die Gruppe der Erzählung in absoluter Stille folgte. Besonders betroffen schienen die Teilnehmer von den negativen Reaktionen in den sozialen Netzwerken. Plötzlich erinnerten sich auch einige Teilnehmern an Gerüchte, die sie in dieser Zeit vernommen hatten, wie zum Beispiel, dass Verschulden des Unfalles durch den Großvater des Jungen. Für die Gruppenmitglieder stach hervor, wie bescheiden und ruhig die ‚Helden‘ auf diese Vorfälle reagierten. Ein weiterer Diskussionspunkt war die Tatsache, dass die beiden ‚Helden‘ aussagten, dass sie bis heute noch über den Unfall nachdenken. Dies war selbst Daniels Schwester nicht bewusst und resultierte in einer angeregten Unterhaltung über den psychischen Druck, den die Wasserwachtler aushalten können müssen.
Angedacht war eine anschließende Befragung danach, ob den Gruppenmitgliedern nach der eben gehörten Geschichte ‚kleine Helden‘ in ihrem Alltag bewusst geworden sind. Dies wäre unter anderem deswegen sehr interessant gewesen, da die Autorin der Arbeit bei ihrer Suche nach ihren ‚Helden‘ die meisten Teilnehmer bereits einmal befragt hatte und fast ausschließlich negative Rückmeldung bekam. Leider viel dieser Punkt aus Zeitmangel unter den Tisch. Die vorhergehende Diskussion wurde länger geführt als erwartet und wurde wegen der bereichernden Beiträge der Teilnehmer von der Autorin auch nicht unterbrochen.
Als Ausstieg wurden die Plakate noch einmal hervorgeholt und überarbeitet. Die Gruppe, die bereits anfänglich sowohl den übernatürlichen, als auch den Alltagshelden skizzierte, formulierte den Endgedanken „jeder kann ein Held sein!“ Die zweite Gruppe entschied sich dazu, bereits passende Attribute zu unterstreichen und weitere, wie Bescheidenheit, das Vertreten bestimmter Werte und Hilfsbereitschaft hinzuzufügen. (Vgl. Anhang)
Im Vorhinein wurde die Tatsache, dass die meisten Gruppenmitglieder sowohl Daniel und Maximilian mehr oder weniger gut kennen als auch den Vorfall an sich auf unterschiedliche Weise bereits wahrgenommen hatten, als große Herausforderung angesehen. Es wurde versucht diese Herausforderung zu meistern, indem das Hauptaugenmerk darauf lag, den Unterschied zwischen fiktiven, übernatürlichen Helden und den ‚kleinen Helden vor Ort‘ herauszuarbeiten und den Mehrwert eines ‚Local Heroes‘ zu erkennen. Das vorhandene Vorwissen über Personen und Unfallhergang wurde insofern positiv genutzt, dass es in bereichernde und angeregte Diskussionen umgemünzt wurde.
Die beobachtbaren aktiven Lernprozesse beinhalteten, dass die Teilnehmer den Unterschied zwischen einem übernatürlichen, fiktiven Helden und einem ‚Helden auf Augenhöhe‘ erkannten. Sie zeigten in den Gruppendiskussionen, dass sie erkannt haben, dass ‚Local Heroes‘ die heutige Gesellschaft nicht nur bereichern, sondern auch zusammenhalten. Dieser Schritt wurde vor allem durch die rege Diskussion über die Tatsache, dass sich die ‚Helden‘ im Bezug auf Gerüchte und negative Kommentare nicht verunsichern ließen und keinen Streit anzettelten. Besonders aufgefallen war der Lerngruppe auch, dass sich die ‚Helden‘ innerhalb ihrer Erzählung nicht in den Vordergrund stellten und auf die Beschreibung der Beiden als ‚Helden‘ durch die Autorin zurückgehalten und bescheiden reagierten. Zu kritisieren wäre in diesem Zusammenhang, dass die Befragung nach anschließend erkannten anderen ‚kleinen Helden‘ nicht mehr stattfand.
Auf den ersten Blick nicht beobachtete aber vermutete Lernprozesse sind, dass ein Großteil der Lerngruppe nun mehr über ehrenamtliche Arbeit und die Wasserwacht im speziellen weiß, dass sie vielleicht in Hinsicht auf Medien und Mundpropaganda vorsichtiger reagieren und besonders, dass die Teilnehmer nun einen geschärften Blick und größere Wertschätzung für ‚Helden des Alltags‘ haben.
Eine alternative Person für einen Lernprozess dieser Lerngruppe hätte im Blick auf den Unfall der Großvater darstellen können, der den Jungen im Wasser entdeckte und anschließend mit falschen Gerüchten zu kämpfen hatte. Im Zusammenhang mit ehrenamtlicher Arbeit, hätte auch ein weiteres Mitglied der Trostberger Wasserwacht vorgestellt werden können um anhand dessen den Alltag eines engagierten Bürgers herauszuarbeiten.
Didaktische Elemente, die im Entwurf von Mitstudenten besonders positiv auffielen, waren Audio- und Videoaufnahmen von den ‚Helden‘ selbst, sowie der direkte Kontakt zu den Helden via Skype und ähnliches. Dadurch wurde die Distanz zu den Helden, vor allem für jüngere Schüler/innen verringert und der ‚Held‘ an sich nahbarer.