Ringvorlesungsreihe Diversity, Gender & Intersektionalität

Normalität – Bilder, Diskurse, Praktiken
‚Normen’ im Sinne von Bemühungen, das rechte Maß zu finden, Regeln für angemessenes Verhalten festzulegen und soziale, kulturelle, geographische sowie ästhetische Grenzen zwischen dem Eigenen und dem Anderen bzw. Fremden zu definieren, sind ein fester Bestandteil der Kulturgeschichte. Ihren Ausdruck finden diese Regularien in den verschiedensten Medien und Künsten beispielsweise als Visualisierungen, aber auch in der Literatur, in verschiedenen Diskursen oder populären und Alltagspraktiken. Für alle Bereiche gilt, dass sich die beteiligten Akteur*innen an Wertmaßstäben orientieren, diese bestätigen aber auch kreativ oder subversiv durchkreuzen. Gesellschaftliche Ordnung als Implementierung von Normen und Normalität zu denken, lässt die Kategorie des Normalen zunächst als ein Paradigma der Moderne erscheinen. Die damit einhergehenden Herrschafts- und Unterdrückungszusammenhänge (z.B. Pogrome, Repression, Stigmatisierung) erweisen sich jedoch als lang tradierte kulturelle Muster zur Abwehr und Disziplinierung des Nicht-Normalen.
Die multidisziplinäre Ringvorlesung „Normalität – Bilder, Diskurse, Praktiken“ möchte den Diskussionsstand zur Bedeutung des Normalen und über das Funktionieren von Normalisierungsprozessen aufnehmen und nach konkreten Prozessen der Genese und Formung von Normalität produzierenden Regularien, Mustern und Schemata fragen. Dabei wird eine dezidiert kulturwissenschaftliche, medientheoretische wie auch kulturästhetische Perspektive verfolgt. Thematisiert wird das gesamte Spektrum menschlicher Ordnungsvorstellungen und Standardisierungstechniken von der Spezifik historischer Disziplinierungs- und Stabilisierungsmaßnahmen bis hin zu aktuellen Beispielen einer postmodernen Normalisierungmacht.
Anmeldung
Die Veranstaltung findet jeden Mittwoch Abend, um 18:15 Uhr im HS9 (AM) und über Zoom statt.
Anmeldung via Stud.IP Nr. 46787
Externe Teilnehmende können sich über das Anmeldeformular anmelden. Es kann auch über Zoom an den Veranstaltungen teilgenommen werden.
Die Veranstaltungen finden auf Deutsch statt.
Programm
‚Normen‘ im Sinne von Bemühungen, das rechte Maß zu finden, Regeln für angemessenes Verhalten festzulegen und soziale, kulturelle, geographische sowie ästhetische Grenzen zwischen dem Eigenen und dem Anderen bzw. Fremden zu definieren, sind ein fester Bestandteil der Kulturgeschichte. Ihren Ausdruck finden diese Regularien in den verschiedensten Medien und Künsten beispielsweise als Visualisierungen, aber auch in der Literatur, in verschiedenen Diskursen oder populären und Alltagspraktiken. Für alle Bereiche gilt, dass sich die beteiligten Akteur*innen an Wertmaßstäben orientieren, diese bestätigen aber auch kreativ oder subversiv durchkreuzen. Gesellschaftliche Ordnung als Implementierung von Normen und Normalität zu denken, lässt die Kategorie des Normalen zunächst als ein Paradigma der Moderne erscheinen. Die damit einhergehenden Herrschafts- und Unterdrückungszusammenhänge (z.B. Pogrome, Repression, Stigmatisierung) erweisen sich jedoch als lang tradierte kulturelle Muster zur Abwehr und Disziplinierung des Nicht-Normalen.
Die multidisziplinäre Ringvorlesung „Normalität – Bilder, Diskurse, Praktiken“ möchte den Diskussionsstand zur Bedeutung des Normalen und über das Funktionieren von Normalisierungsprozessen aufnehmen und nach konkreten Prozessen der Genese und Formung von Normalität produzierenden Regularien, Mustern und Schemata fragen. Dabei wird eine dezidiert kulturwissenschaftliche, medientheoretische wie auch kulturästhetische Perspektive verfolgt. Thematisiert wird das gesamte Spektrum menschlicher Ordnungsvorstellungen und Standardisierungstechniken von der Spezifik historischer Disziplinierungs- und Stabilisierungsmaßnahmen bis hin zu aktuellen Beispielen einer postmodernen Normalisierungmacht.
Der Eröffnungsvortrag gibt einen Überblick zur historischen Genese von Normalisierungsprozessen und steckt den gemeinsamen theoretischen Rahmen ab, in dem die weiteren Vorträge der Ringvorlesungsreihe ‚Normalität‘ anhand exemplarischer Artefakte, Bilder, Diskurse, Medien und Praktiken in diachroner wie auch synchroner Perspektive näher beleuchten werden.
Natascha Adamowsky ist Medien- und Kulturwissenschaftlerin und hat seit 2020 den Lehrstuhl für Medienkulturwissenschaft mit dem Schwerpunkt Digitale Kulturen an der Universität Passau inne. Zuvor war sie Professorin für Medienwissenschaft im Bereich der Digitalen Medientechnologien an der Universität Siegen, Professorin und Leiterin des Instituts für Medienkulturwissenschaft an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg sowie Professorin für Kulturwissenschaftliche Ästhetik am Institut für Kulturwissenschaft der Humboldt Universität zu Berlin.

Prof. Dr. Andrea Sieber ist seit 2016 Inhaberin der Professur für Ältere Deutsche Literaturwissenschaft an der Universität Passau. Ihre Forschungsschwerpunkte umfassen kulturwissenschaftliche Ansätze in der Mediävistik, Mediengeschichte und Medientheorie sowie die Rezeption des Nibelungen-Mythos. Sie verbindet philologische Analysen mit transmedialen Perspektiven. Zentrales Anliegen ist ihr, das kulturelle Erbe des Mittelalters präsent zu machen und in Schule, Hochschule sowie einer breiteren Öffentlichkeit zu vermitteln. Seit 2018 setzt sich Andrea Sieber als Universitätsfrauenbeauftragte dafür ein, die tatsächliche Gleichberechtigung von Frauen und Männern in der Wissenschaft zu fördern und bestehende Nachteile zu beseitigen. Gemeinsam mit der Vizepräsidentin für Internationales und Diversity veranstaltet sie jedes Semester die Ringvorlesungsreihe „Diversity, Gender & Intersektionalität“.
Wie ‚normal‘ war Diskriminierung im europäischen Mittelalter? Intersektionale Aspekte der Konstruktion des Jüdischen
Für auf die Gegenwart ausgerichtete Intersektionalitätsstudien ist es eine Selbstverständlichkeit davon auszugehen, dass Ungleichheit und Diskriminierung zu überwindende und zu bekämpfende soziale Phänomene sind. Aber galt das auch für die Gesellschaften im europäischen Mittelalter? Wurde die damals herrschende soziale Ungleichheit als ungerecht, oder doch als normal, weil vermeintlich ‚natürlich‘ wahrgenommen? Wie reagierten die betroffenen Menschen auf Diskurse und Praktiken, die wir heute als diskriminierend bezeichnen würden? Anhand ausgewählter Beispiele negativ konstruierter jüdischer Alterität wird dieser Frage nachgegangen werden.
Kristin Skottki ist seit 2016 Juniorprofessorin für Mittelalterliche Geschichte an der Universität Bayreuth. Sie ist Mitherausgeberin der Buchreihen „Transcultural Medieval Studies“ (Brepols) und „Global Histories before Globalisation“ (Routledge). Ihr aktuelles Hauptforschungsprojekt „Sternberg 1492: Eine exemplarische Untersuchung zu spätmittelalterlichen christlich-jüdischen Beziehungen, christlicher Frömmigkeit und zum Verhältnis von Geschichte und Erinnerung“ (Arbeitstitel) widmet sich der Geschichte und Bedeutung des Hostienfrevelprozesses von 1492 und der anschließenden Heiligblutwallfahrt in dieser mecklenburgischen Kleinstadt. Nicht nur im Zusammenhang mit diesem Projekt beschäftigt sie sich mit Intersektionalität und Globalgeschichte als Annäherungen an vergangene und gegenwärtige Historiographien.
Normalität und Normativität: Philosophische Perspektiven auf Außergewöhnlichkeit
Wozu sind wir verpflichtet – und was geht darüber hinaus? Welche Rolle spielt „das Normale“ bei der Begründung von Normen? Oder anders: Wie normativ ist die Normalität? Diese Fragen sind philosophisch besonders da interessant, wo wir die Grenzen des Normalen überschreiten, vielleicht auch überschreiten müssen, wo Normen verletzt werden, um neue zu setzen, wo wir vom Gewöhnlichen ins Außergewöhnliche übergehen. Spätestens James O. Urmsons Aufsatz „Saints and Heros“ (1958) hat die Debatte um die Frage nach dem systematischen Platz herausragender Handlungen philosophisch wiederbelebt. Der Autor argumentiert dort, dass alle Moralphilosophien, die von einer trichotomen Einteilung von Handlungen in „geboten“, „verboten“ und „erlaubt“ ausgehen, die Handlungen von Heiligen und Helden nicht angemessen beschreiben könnten; hierfür bedürfe es einer weiteren Kategorie, nämlich jener der Supererogation. Ausgehend von den in Urmsons Text aufgeworfenen Fragen zum systematischen Ort der moralischen Außergewöhnlichkeit in der Ethik werde ich in meinem Vortrag Normalität von der Außergewöhnlichkeit her betrachten und anhand jüngerer Forschungsbeiträge zum Sinn und Unsinn (moralischer) Heldenhaftigkeit untersuchen, wie sich hier Normalität und Normativität zueinander verhalten.

Prof. Dr. Karoline Reinhardt ist seit 2022 Juniorprofessorin für Angewandte Ethik an der Universität Passau. Davor war sie PostDoctoral Fellow am Ethics & Philosophy Lab des DFG Exzellenzclusters „Machine Learning: New Perspectives for Science“ an der Universität Tübingen, wissenschaftliche Mitarbeiterin am IZEW und 2018 Visiting Scholar an der Tulane University in New Orleans. Nach einem Studium der Philosophie und Politikwissenschaften in Tübingen, New York und London wurde sie an der Universität Tübingen mit einer Arbeit zu „Migration und Weltbürgerrecht“ promoviert. Für ihre Dissertation wurde sie mit dem Walter-Witzenmann-Preis und dem Kant-Förderpreis ausgezeichnet. Sie ist Mitglied der Jungen Akademie der Heidelberger Akademie der Wissenschaften.
A-Normalität (post-)migrantischer Frauen in Frankreich
Frankreich gilt das das Land der Menschenrechte, mit dem Motto „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ unterstreicht die Republik den Selbstanspruch auf Gleichberechtigung. Die Realitäten sehen jedoch vielfach anders aus, dies gilt nicht zuletzt für das französische Integrationsmodell, denn dieses setzt auf Assimilation. Migrant*innen und selbst Postmigrant*innen stoßen immer wieder an die Grenzen des uniformierend-normierenden, stark auf soziale Reproduktion setzenden Systems. Eine Tatsache, die Postmigration letztlich als a-normativ und a-normal erscheinen lässt. Dass dies insbesondere für (Post-)Migrantinnen gilt, wird anhand exemplarischer literarischer Texte (post-)migrantischer Autorinnen aus Frankreich illustriert.
Marina Ortrud M. Hertrampf
Seit 2020 Professorin für Romanische Philologie (Literatur- und Kulturwissenschaft, Schwerpunkt Frankreich) an der Universität Passau.
Autorin einer Monographie über die Interrelationen von Photographie und Roman in der französischen Postmoderne (2011), einer Studie über Raumdimensionen im spanischen Fronleichnamsspiel (2018) sowie eines kleinen Buchs über französische Graphic Novels zum Arabischen Frühling (2016). Zahlreiche Publikationen zu den unterschiedlichsten Forschungsinteressen wie Raumtheorien, Ruralität, Kulturkontakt, Imagologie, Migration & Diaspora, Exophonie, Intermedialität, Graphisches Erzählen, Frankophone Literaturen, Romani Studies und Literaturdidaktik. Präsidentin der Gesellschaft der Freunde Romain Rollands e.V.. Vorstandsmitglied im Deutschen Romanistikverband.
Mitherausgeberin der Zeitschrift Hispanorama sowie der Reihen “Europäische Kommunikationskulturen” (Rombach Verlag), „Ästhetiken der Roma – Selbst- und Fremddarstellungen“ (AVM), „Forum Junge Romanistik“ (AVM) sowie „LiteraturKulturRäume“ (Stauffenburg Verlag).
Gendern – neue Normalität oder nicht mehr normal?
Wohl kaum ein Thema erhitzt die Gemüter und den öffentlichen Diskurs aktuell (und schon seit einigen Jahren) so sehr wie das sprachliche Gendern. Mitunter wird geradezu von einer gesellschaftlichen Lagerbildung und Spaltung in Genderanhänger und Genderverweigerer gesprochen. Ausgehend von der Frage, wie sprachliche Normen linguistisch zu fassen sind, werden im Vortrag die aktuellen Normen zum sprachlichen Gendern diskutiert: Was besagt die amtliche Rechtschreibung, welche Empfehlungen gibt der Duden und wie sind die Sprachleitfäden, z. B. an Universitäten, ausgestaltet? Davon ausgehend wird das sprachliche Gendern in allgemeine Entwicklungen des Sprachwandels eingeordnet. Im Mittelpunkt stehen die Fragen, wie es zu der massiven soziosymbolischen Aufladung des Genderns gekommen ist und wie sich die deutsche Sprache hinsichtlich des Genderns möglicherweise weiterentwickeln wird.
Professor Dr. Alexander Werth
seit 2021 Inhaber des Lehrstuhls (W3) für Deutsche Sprachwissenschaft an der Universität Passau
2018 Venia legendi in Germanistischer Sprachwissenschaft an der Universität Marburg
2017-2021 Professurenvertretungen an den Universitäten Augsburg, Bonn und Erlangen-Nürnberg
2009 Promotion zum Dr. phil. an der Universität Marburg
2007-2021 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Marburg, Forschungszentrum Deutscher Sprachatlas
2000-2005 Studium zum Magister (Mag. Artium): Deutsche Sprache (Schwerpunkt: Linguistik), Politikwissenschaft und Medienwissenschaft an den Universitäten Marburg und Hamburg
„Gott sei Dank hat sich die OECD als deus ex machina erwiesen“ – Ein kritischer Blick auf die Transformation von Zielsetzungen des Deutschunterrichts
In der Deutschdidaktik gibt es bezüglich der Setzung von Lernzielen für den Deutschunterricht seit dem reichweitenstarken „PISA-Schock“ eine lebhafte Diskussion um die Standardisierung von fachspezifischen Bildungszielen und den damit einhergehenden Sekundärfolgen. Auf der einen Seite wird in der Standardisierung die Gefahr einer Trivialisierung und Reduktion von Unterricht auf das lediglich Standardisierbare gesehen, auf der anderen Seite wird betont, dass die Hinwendung zu Empirie und Monitoring erst eklatante Mängel und Ungleichheit sichtbar gemacht habe und neue Interventionskonzepte ermögliche.
Anhand von Beispielen und Ergebnissen aus der empirischen Unterrichtsforschung möchte dieser Vortrag einen Blick auf das Spannungsverhältnis von Normalität (als einem quantitativ-statistischem Konzept) und Normativität (als einem Phänomen von Setzungen) werfen und zeigen, dass wir diesbezüglich mit unauflösbaren Paradoxien zu kämpfen haben, wenn es um die Vermittlung von Sprachkompetenzen geht.

Prof. Dr. Markus Pissarek; seit 2020 Inhaber des Lehrstuhls für Didaktik der deutschen Sprache und Literatur an der Universität Passau; zuvor Leiter der School of Education und der Fachdidaktik Deutsch an der Universität Klagenfurt; Studium und Promotion an den Universitäten Passau, Columbus/Ohio, Stirling/Schottland; Erstes und Zweites Staatsexamen im Lehramt Gymnasium für die Fächer Deutsch und Englisch, Lehrer am Gymnasium Vilshofen und später (ab 2008) wissenschaftlicher Assistent an der Universität Regensburg. Forschungsschwerpunkte sind die adaptive Leseförderung, Kompetenzmodellierung für Lesen und literarisches Lernen, fachspezifische Professionsforschung.
„Als plötzlich nichts mehr normal war“ – Corona, Werbung und Normalismus
Mit der ‚Corona-Krise‘ geriet auch die Werbebranche 2020 in eine Krisensituation: ‚Darf in diesen Zeiten geworben werden, als wäre nichts geschehen?‘, ‚Wie lässt sich in diesen Zeiten überhaupt weiter werben?‘. Mehr oder weniger implizit artikuliert sich hier ein Problem mit der Normalität, durchaus in dem Sinne, wie sie von Jürgen Link im normalistischen Denken theoretisch fundiert wurde.
Der Vortrag beschäftigt sich mit TV-Werbespots, die von Ende März bis Ende August 2020 geschaltet wurden und die Corona-Situation thematisieren. Er bietet anhand exemplarischer Betrachtungen einige Beobachtungen, wie sich zum einen die Corona-Situation auf die Herausforderungen, denen sich Werbung als Textsorte zu stellen hat, ausgewirkt hat, und wie sich zum anderen dies im Verlauf des Jahres 2020 selbst wieder wandelt, beschreibbar gerade als (Re-)Normalisierung.
Prof. Dr. Hans Krah; seit 2002 Inhaber des Lehrstuhls für Neuere Deutsche Literaturwissenschaft an der Universität Passau; Studium und Promotion an der LMU München, Habilitation 2000 an der CAU Kiel; neben dem literargeschichtlichen Schwerpunkt Forschung zu medien- und kultursemiotischen Fragestellungen, etwa zu populärer Vermittlung von ‚Wissen‘, zu medialen Raum- und Wirklichkeitskonstruktionen, zu Anthropologien/Ideologien und deren argumentative Vermittlung in Texten, insbesondere bezüglich Gendervorstellungen.
Queer? Genderfluidität in der christlichen Kunst der Frühen Neuzeit
Genderfluidität ist kein Phänomen der Moderne. Schon die Antike kannte beispielsweise die berühmten Hermaphroditen. Vor diesem Hintergrund thematisiert der Vortrag die Rezeption dieser älteren Traditionen in der christlichen Kunst der frühen Neuzeit. Abschließend soll thematisiert und diskutiert werden, ob diese älteren Phänomene auch mit dem zeitgenössischen Begriff der Queerness zu beschreiben sind, oder wo ggf. die Unterschiede auszumachen sind.

Jörg Trempler ist seit 2015 Leiter des Lehrstuhls für Kunstgeschichte und Bildwissenschaft an der Universität Passau. Neben zahlreichen Schriften zur Kunst der Deutschen Romantik zählen besonders Darstellungen von Katastrophen zu seinen Hauptinteressen. Neben der Publikation in wissenschaftlichen Sammelbänden und Zeitschriften, veröffentlichte Trempler auch Monographien in namhaften Verlagen wie CH Beck, Mathes & Seitz oder Wagenbach. Seit 2012 arbeitet Trempler zudem regelmäßig als Kurator und bereitet internationale Ausstellungen vor wie zum Beispiel derzeit gemeinsam mit dem Bucerius Kunst Forum in Hamburg zum Thema: „Im Nebel. Die Erfindung des Atmosphärischen“.
Von Evas Verführung zum Glitch Feminism. Zur Geschichte von Gendernormen und Fehlerzuschreibungen
Ein Fehler gilt als Abweichung vom Richtigen. Um von einem Fehler zu sprechen, ist es daher erforderlich, „richtig“ und „falsch“ zu definieren. Nicht nur im Technischen werden damit Normen gesetzt, die einzuhalten sind, sondern auch im Gesellschaftlichen. Der Vortrag fragt aus historischer Perspektive nach genderspezifischen Fehlerzuschreibungen und den damit verbundenen Normsetzungen: Wie werden über Fehlerzuschreibungen Bilder von „richtiger“ und „falscher“ Weiblichkeit/Männlichkeit geformt?
Im Vortrag wird ein breiter kulturhistorischer Bogen gespannt, der von Urerzählungen zu Adam und Eva über einen Fokus auf technischen Fehler und Genderzuschreibungen bis zum Glitch-Feminism reicht. Der Vortrag geht damit von einem breiten Fehlerbegriff aus. Thematisiert werden Sünden und moralisches Fehlverhalten, Handlungsfehler in technischen Prozessen sowie Konzepte des Fehlers als Widerstand gegen den mainstream.
Martina Heßler ist seit 2019 Professorin für Technikgeschichte an der TU Darmstadt. Sie forscht zur Zeit zur Geschichte von Mensch-Maschinen-Verhältnissen seit der Frühen Neuzeit sowie zur Technikgeschichte von Fehlern. Derzeit ist ein Buch zur Geschichte der Figur fehlerhafter Menschen in Vorbereitung (Publikation 2024).
Normalisierung durch Parodierung? Konzepte von Homosexualität in „Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt“ (BRD 1971, Rosa von Praunheim) und „Der bewegte Mann“ (BRD 1994, Sönke Wortmann)
Sowohl Rosa von Praunheims „Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt“ (BRD 1971) als auch über 20 Jahre später Sönke Wortmanns „Der bewegte Mann“ (BRD 1994) führen eine homosexuelle Subkultur vor und gewähren einem Mainstream-Publikum damit Einblicke in zur Produktionszeit der Filme ausgegrenzte oder zumindest wenig bekannte Lebensentwürfe schwuler Männer. Der Vortrag möchte zeigen, wie in beiden Filmen eine schwule Lebenswelt als ein „Anderes“ konstruiert wird, das aus der Perspektive eines „Eigenen“ im Verlauf der Filmhandlungen durch ihre audiovisuelle Vermittlung kategorisiert und bewertet wird. Besonderes Augenmerk wird im Vortrag in diesem Zusammenhang auf die hyperbolische Inszenierung der schwulen Lebenswelten und ihrer Figuren gerichtet: Beide Filmen travestieren und parodieren dabei (zeitspezifische) schwule Spezifika und konstruieren im Fall von Praunheim ein schwules Selbstbild und im Fall von Wortmann ein schwules Fremdbild. In der zeitlichen Abfolge dieser beiden Images überlegt der Vortrag, ob und, wenn ja, wie schwule Lebensentwürfe von den Filmen als normal bewertet oder immer noch als „anders“ in der Mehrheitskultur bewertet werden.

Jan-Oliver.Decker, Prof. Dr. phil., Jahrgang 1970.
- Studium der Neueren und Älteren deutschen Literaturwissenschaft, Sprachwissenschaft, Kunstgeschichte und Medienwissenschaft an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel.
- Nach der Promotion 2002 zu Musikvideos mit Madonna war er von 2003-2009 Inhaber einer 2006 positiv evaluierten Juniorprofessur für Neuere Deutsche Literatur- und Medienwissenschaft an der Universität Kiel
- Seit 2011 ist er Universitätsprofessor für Neuere Deutsche Literaturwissenschaft und Mediensemiotik an der Universität Passau.
- Seit 2005 ist er Beirat der Sektion Literatur in der Deutschen Gesellschaft für Semiotik, deren Präsident er auch von 2014 bis 2017 gewesen ist.
- Seine Forschungsschwerpunkte sind: Literatur- und Mediensemiotik, transmediale Narratologie, deutschsprachige Literatur vom 18. bis 21. Jahrhundert, Film, Fernsehen und Neue Medien in kultur- und mentalitätsgeschichtlicher Perspektive, Lehren und Lernen mit und über digitale Medien in Schule und Hochschule (BMBF-Projekt SKILL.de).
Fremdheitserfahrung und Körpernormierung: Zwergenfrauen im 'Friedrich von Schwaben'
Im spätmittelalterlichen Friedrich von Schwaben trifft die Titelfigur auf die Zwergenkönigin Jerome, die Friedrich zum Mann will und ihn vorübergehend in Gefangenschaft hält: Ergebnis ist die Tochter Ziproner, die dem flüchtigen Friedrich in späteren Jahren folgt und Aufnahme in seine Menschenfamilie erlangt. Die ungewöhnliche Figur des weiblichen Zwergs gibt in einer exzentrischen familiären Konstellation Rätsel auf, fügt sich Ziproner doch einerseits erstaunlich glatt in die höfisch-dynastische Ordnung ein, obwohl sie andererseits durch Distanz- und Fremdheitsmarkierungen von der adligen Gemeinschaft abgesetzt ist. Die Überlagerung von Gender- und Speziesdifferenzierungen mit der Eigenräumlichkeit der Zwergenwelt arrangiert der Roman in einem Spannungsfeld ambivalenter Macht- und Minnebeziehungen. In dessen Zentrum steht die Zwergenkönigin Jerome, die höfische Normen überschreitet und Minne gegen die dominante Geschlechterordnung erzwingt. Ihre außerordentliche Machtfülle schlägt in der Verbindung mit dem Menschenmann in Ohnmacht um und bricht sich an einer unterstellten Körpernorm, die das Kleinsein der adlig-schönen Zwergenfrau zum Problemfall werden lässt. Anhand der erzählerischen und der visuellen Repräsentation in der illustrierten Heidelberger Handschrift (cpg 345, um 1470) untersucht der Vortrag, welche kulturellen und narrativen Anpassungs-, Egalisierungs- und Normierungsprozesse eine Integration von Zwerginnen in die adlige Menschenwelt ermöglichen und wo diese Prozesse an Grenzen stoßen.

PD Dr. Judith Klinger studierte Germanistik und Anglistik an der Universität Hamburg sowie Dokumentarfilm und Fernsehpublizistik an der Hochschule für Fernsehen und Film, München. Promotion in Berlin mit einer Arbeit zu Identitätskonzeptionen im Prosa-Lancelot, Habilitation in Potsdam mit der Arbeit “Fremdes Begehren: Spiele der Identitäten und Differenzen im späten 12. Jahrhundert”. Seit 1995 beschäftigt am Lehrstuhl für Germanistische Mediävistik in Potsdam. Mitherausgeberin der Reihe Populäres Mittelalter (Transcript), Forschungsschwerpunkte im Bereich von Gender und Queer Studies, Raumkonzeptionen, Animal Studies, Mittelalterrezeption.
Normalität der industrialisierten Landwirtschaft
Die moderne Landwirtschaft ist sehr erfolgreich, indem Ernährungssicherheit kalkulierbar gewährleistet ist und Landwirtschaft mit Industrialisierung harmoniert. Jedoch ist der Bereich der Landwirtschaft gleichzeitig von zahlreichen polarisierenden Herausforderungen von Preisdruck über Tierwohl bis zu Boden- Wasser- und Klimaschutz geprägt. Sowohl mit den Erfolgen als auch mit den Problemen ist das Regime der industrialisierten Landwirtschaft eng verbunden. Damit geht ein Dilemma einher: Die Normalität einer in der Öffentlichkeit fast unsichtbaren industrialisierten Landwirtschaft, die Ernährungssicherheit bei historisch niedrigen Lebensmittelpreisen leistet, ist mit steigenden Anforderungen an Bodenschutz, Wasser-schutz, Klimaanpassung und Entlohnung qualifizierten Personals unvereinbar – diese Anforderungen aber lassen sich immer weniger ignorieren. Erforderlich ist eine Transformation der Normalität der Landwirtschaft, was eine Veränderung ihrer gesellschaftlichen Verortung not-wendig impliziert.
Der Vortrag zeichnet die Entwicklung hin zur Normalität der industrialisierten Landwirtschaft aus gesellschaftstheoretischer Perspektive nach, diskutiert die zunehmend sichtbar werdenden Kosten dieser Normalität und zeigt Herausforderungen und Entwicklungserforderlichkeiten auf.

Anna Henkel ist Professorin und hat seit 2019 den Lehrstuhl für Soziologie mit Schwerpunkt Techniksoziologie und nachhaltige Entwicklung an der Universität Passau inne. Zuvor war sie Juniorprofessorin für Sozialtheorie an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg und Professorin für Kultur- und Mediensoziologie an der Leuphana Universität Lüneburg. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen in der soziologischen Theorie sowie der Wissens-, Materialitäts- und Nachhaltigkeitsforschung sowie im Bereich Digitalisierung. Sie verbindet gesellschafts-theoretische Perspektiven mit empirischer Forschung, etwa bei der Frage nach dem Wandel von Verantwortungsverhältnissen. Sozialtheoretisches Denken zum Verstehen und Erklären sozialer Tatsachen zu nutzen, ist ihr zentrales Anliegen.
Kunst als Blutsbrüderschaft mit dem irren Leben
Wenn der Konzeptkünstler Christian Jankowski Fernsehanstalten, Arztpraxen, Supermärkte, Pornostudios, Karaoke-Bars oder den Kunstbetrieb aufsucht, entdeckt er dort stets die Absonderlichkeiten des ganz normalen Alltagslebens. Das, was gemeinhin als Systemrationalität gesehen wird, erscheint durch seine Interaktionen mit den Beteiligten in einer nachgerade anrührenden Widersprüchlichkeit. So entsteht der Eindruck, dass es insbesondere diese Widersprüche und Merkwürdigkeiten sind, die soziale Ökosysteme zusammenhalten. Es scheint der wuchernde Unsinn zu sein, der sozialen Geweben eine betörende Vitalität verleiht, aber auch die Unzulänglichkeit und Verletzlichkeit der Akteur*innen.
Der Vortrag geht Jankowskis Arbeitsstrategien entlang von Werkbeispielen auf die Spur und beleuchtet, wie diese das Nicht-Normale im Normalen offenlegen. Er erkundet wie Jankowski stets das Skurrile und Schräge in alltäglichen Verhaltensmustern entdeckt und gerade dadurch eine ganz eigene Ethik entwirft, eine Ethik, die auf einer tiefen Empathie für die Welt mit all ihren seltsamen Kreaturen und Lebensformen fußt.

Karen van den Berg ist Professorin für Kunsttheorie und inszenatorische Praxis an der Zeppelin Universität und akademische Leiterin des Kunstprogramms der Universität. Forschungsaufenthalte und Lehraufträge führten sie u.a. an die Universität Witten/Herdecke, die Chinati Foundation in Marfa (Texas), das IKKM der Bauhaus-Universität Weimar, das Europäische Kolleg Jena und das Department of Comparative Literature der Stanford University.
Ihre Forschungsschwerpunkte sind Kunst, Politik und Aktivismus; künstlerische Arbeits- und Studiopraxis; Museums- und Bildungsarchitekturen.
Neben zahlreichen Veröffentlichungen in diesen Bereichen hat sie Monographien und Essays über Künstler und Kollektive wie: Richard Serra; Joseph Beuys; Forensic Architecture; Korpys/Löffler; Christian Jankowski und das Zentrum für Politische Schönheit verfasst. Derzeit ist sie verantwortlich für das Trainingsprogramm des Innovative Training Network "The Future of Independent Art Spaces in a Period of socially Engaged Art (FEINART)", das von den Marie Skłodowska-Curie-Maßnahmen von Horizont 2020 (www.feinart.org) gefördert wird.
Bilder. Welche sind es? Welche könnten es sein?
Kunst ist das Fach der Bilder. Bilder werden betrachtet, gestaltet, reflektiert, kommuniziert. Der Diskurs darüber, welche Bilder Gegenstand der Auseinandersetzung in Rezeption, Produktion und Reflexion in der Bildung sind, ändert sich mit unterschiedlicher Dynamik. Wesentliche Konzeptionen von Bildvorstellungen bzw. Perspektiven auf die Welt der Bilder halten sich beharrlich. Eine kritische Reflexion des Bilderkanons in Curricula, Medien und Lehrwerken für den Kunstunterrricht erscheint mit Blick auf neue gesellschaftliche, kunsttheoretische wie kunstpädagogische Diskurse notwendig.
Der Vortrag stellt Fragen zu normativen Bildvorstellungen auf Basis des historischen wie aktuellen Bildkanons in der Kunstvermittlung und entwickelt Ideen zur Überwindung vorherrschender Konzeptionen.

Dr. Barbara Lutz-Sterzenbach ist Professorin für Kunstpädagogik und Visual Literacy an der Universität Passau. Sie forscht zu Bildern in der Bildung auf der Folie von Globalisierung/Glokalisierung, Diversität und Transkulturalität sowie zu dem Erkenntnispotential des Zeichnens mit interdisziplinären Bezügen. Lutz-Sterzenbach absolvierte ein Studium der Kunst und Germanistik an der Ludwig-Maximilans-Universität sowie ein Studium der Kunst an der Akademie der Bildenden Künste in München, wo sie ihre Dissertation zur Episteme des Zeichnens einreichte (2015). Sie ist Herausgeberin zahlreicher kunstpädagogischer Publikationen, der Reihe „Kammerlohr. Fundamente der Kunst“ für den gymnasialen Kunstunterricht sowie Mitherausgeberin der Zeitschrift KUNST 5-10.
‚Indianer’ in Science Fiction? – Indigenous Futurism und die visuelle Infragestellung der kulturellen Norm
Ob als "aussterbende Rasse" (Vanishing Indian), "edler" oder "blutrünstiger Wilder" – die literarischen, filmischen und künstlerischen Repräsentationen der amerikanischen (und internationalen!) Mainstream-Gesellschaft(en) haben die amerikanischen Ureinwohner vierhundert Jahre lang in einer statischen Vergangenheit eingefroren. Vor diesem Hintergrund kultureller Imagination und Aneignung von außen scheint es ein Oxymoron zu sein, eine Abnormität, sich indigene Völker als Teil zukünftiger Welten vorzustellen. Indigenous futurisms, die sich gegen diese seit langem etablierte westliche Norm wenden, haben sich im letzten Jahrzehnt als breitere künstlerische Bewegung etabliert, die in der Bildkunst, der Literatur, im Film, im Bereich der Comics, in Online-Spielen und anderen Medienformen indigene Perspektiven der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft im Kontext der Science-Fiction und verwandter Subgenres zum Ausdruck bringen. Diese Perspektiven spiegeln häufig indigene Wissensformen, traditionelle Erzählungen, historische oder aktuelle politische Narrative und kulturelle Realitäten wider. Indigene Futurismen sind Teil dessen, was Gerald Vizenor als Native Survivance bezeichnet hat, einer Kombination aus Überleben der Ethnie (survival) und (oft subversivem) Widerstand (resistance). Sie stellen die jahrhundertelange Aneignung indigener Kulturen durch die dominante(n) Gesellschaft(en) in Frage und diversifizieren gleichzeitig den Bezugsrahmen des Science-Fiction-Genres. Als solche tragen sie zu Prozessen der Dekolonisierung bei. Dieser Beitrag untersucht die visuelle Kunst des indigenen Malers Ryan Singer (Navajo) an der Schnittstelle von Pop Art, Aktivismus und indigenem Futurismus. Durch die Fokussierung auf Singers künstlerische Auseinandersetzung mit den fiktionalen Charakteren und Schauplätzen des Star Wars-Franchise werden Singers Werke als Infragestellung der geltenden Norm, als popkünstlerische Akte kultureller und politischer Dekolonisierung gelesen. Dies zeigt sich beispielsweise, wenn Singer sich Prinzessin Leia als Hopi-Prinzessin Leia (2009) (rück)aneignet, weil ihre Frisur in Star Warsursprünglich von der Tradition der Hopi-Frauen übernommen wurde, wenn Star Wars-Charaktere sich mit den Spieletraditionen der Navajo beschäftigen oder wenn der Künstler in (De)Colonized Ewok(2019) eine ikonische Star Wars-Figur verwendet, um die Zwangsassimilierung indianischer Kinder in Internaten während des 19. und 20. Jahrhunderts zu kritisieren.

Karsten Fitz ist Professor für Amerikanistik / Culture and Media Studies an der Universität Passau. Er studierte Amerikanistik und Politikwissenschaft an der Universität Hannover (M.A., Ph.D.) und an der University of Washington, Seattle. Fitz erhielt das Fulbright American Studies Fellowship 2002-2003, das er an der Harvard University und der American Antiquarian Society in Worcester, Massachusetts, verbrachte. Seine monographischen Arbeiten sind Negotiating History and Culture: Transculturation in Contemporary Native American Fiction (Peter Lang, 2001) und The American Revolution Remembered, 1830s to 1850s: Competing Images and Conflicting Narratives (Universitätsverlag Winter, 2011). Er ist Herausgeber des Sammelbands Visual Representations of Native Americans: Transnational Contexts and Perspectives (2012). Zusammen mit Birgit Däwes und Sabine Meyer ist er der Herausgeber der Buchreihe „Routledge Research in Transnational Indigenous Perspectives“ sowie Mitherausgeber des ersten Bands dieser Reihe, Twenty-First Century Perspectives on Indigenous Studies: Native North America in (Trans)Motion (2015). Seine Forschungen zu Fragen der Privatsphäre führten zu dem (zusammen mit Bärbel Harju) herausgegebenen Konferenzband Cultures of Privacy: Paradigms, Transformations, Contestations (2015). Darüber hinaus hat Fitz in verschiedenen Zeitschriften und Konferenzbänden Artikel über die U.S.-amerikanische visuelle Populärkultur, die amerikanische Erinnerungskultur, die amerikanische politische Kultur und im Bereich Teaching English as a Foreign Language veröffentlicht. Zuletzt war er Mitherausgeber (mit Jürgen Kamm) des Konferenzbands Transatlantic Cinema: Productions – Genres – Encounters – Negotiations(2020).
Ritualisierte Transgressionen. Zirkus und Unterhaltung als Reflexion von Normalität
Als hochmoderne Form frühtechnischer Massenunterhaltung lässt sich am Zirkus paradigmatisch studieren, was Unterhaltung ausmacht. Entgegen dem hartnäckigen Vorbehalt, wonach Unterhaltung nur eine vorübergehende Flucht aus dem Alltag eröffne, bietet der Zirkus ein hochkomplexes Modell, das den gesellschaftlichen und kulturellen Kontext reflektieren hilft, indem er gezielt die Setzungen überschreitet, die in jenem Normalität begründen. Entgegen der herkömmlichen Lesart besteht Unterhaltung jedoch nicht einfach im Bruch von Normen und Konventionen, sondern darin, dass der Akt der Transgression als ritualisierter seinerseits festen Normen unterworfen wird.

Matthias Christen, geb. in Luzern, Studium in Tübingen und Konstanz, Promotion mit einer Arbeit über die Bild- und Textformen der Lebensreise, wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Universitäten Konstanz und Zürich, Stipendiat des Schweizerischen Nationalfonds, Habilitation an der Ruhr-Universität Bochum mit einem Buch über den Zirkusfilm. Fotografische Ausbildung an der Schule fas - Fotografie am Schiffbauerdamm, Berlin. Seit 2011 Professor für Medienwissenschaft an der Universität Bayreuth (Film und Fotografie). Ko-Leitung des DFG-Projekts „Das Filmmanifest. Geschichte, Ästhetik und Medialität einer aktivistischen Form“ (zus. mit Bernhard Groß, Universität Jena).
Natur als Norm? Zum mittelalterlichen Naturrecht
In der Ethik des Mittelalters spielt die mittelalterliche Lehre vom Naturgesetz bzw. Naturrecht eine zentrale Rolle. Ihr Kerngedanke ist die Begründung moralischer Normen mittels der Vorstellung eines von Natur aus Rechten, das nicht-positivistisch zu verstehen ist, d.h. jedem Menschen natürlicher Weise einleuchtet. Was aber meint Natur hier überhaupt und inwiefern kann sie in praktischer Absicht normativ werden? Die mittelalterlichen Denker übernehmen ein Konzept, das seine Wurzeln in der stoischen Philosophie und im römischen Recht hat, arbeiten jedoch stärker als diese Traditionen heraus, dass Naturrecht als Vernunftrecht zu verstehen ist, denn das Wissen um das natürliche Rechte vermittelt sich dem Menschen über seine Vernunft. Im Hintergrund steht ein doppelter Naturbegriff, insofern der Mensch nicht nur ein animalisches, d.h. mit natürlichen Trieben und Instinkten versehenes Lebewesen ist, sondern vornehmlich Vernunftnatur – mit normativen Implikationen.
Isabelle Mandrella ist promovierte und habilitierte Philosophin; ihr Forschungsschwerpunkt liegt in der Philosophie des Mittelalters. Seit 2012 ist sie Professorin für „Philosophie und philosophische Grundfragen der Theologie“ an der Katholisch-Theologischen Fakultät der LMU München.
Emojis: Zwischen Normalisierung und Normalität
Emojis sind inzwischen ein nicht wegzudenkendes und zugleich stets umkämpftes Attribut digitaler Alltagskommunikation geworden. In den jährlich verabschiedeten Ergänzungen des Bildzeichen-Vokabulars, an denen sich sowohl internationale Medienkonzerne als auch private Nutzer*innen beteiligen, spiegeln sich unterschiedliche Vorstellungen über gesellschaftliche und kulturelle ‚Normen‘ sowie ‚Normalität‘ wider. Der Vortrag nimmt speziell das Thema Genderidentitäten und ihre Normierung in Emoji-Diskursen ins Visier; dabei wird auch auf die fortlaufenden Debatten über die Gender-Bildzeichen und ihre weltweite Rezeption eingegangen.
Gala Rebane studierte moderne Philologie mit Schwerpunkt auf Romanistik (Spezialisierung in der Italianistik) und wurde im Fach Interkulturelle Kommunikation promoviert. Zwischen 2016 und 2022 hatte sie die Juniorprofessur für Interkulturelle Kompetenz an der Technischen Universität Chemnitz inne. Seit September 2022 bekleidet sie den Lehrstuhl für Vergleichende europäische Kulturwissenschaft an der Universität Passau. Ihre Forschungsinteressen umfassen u.a. kulturelle Identitäten und Geschichtsrezeption in europäischen Ländern, Bikulturalität und digitale Praktiken des Alltags. 2021 erschien in der Reihe Digitale Bildkulturen des Wagenbach Verlags ihr Einführungsband über Emojis.
‚Normen‘ im Sinne von Bemühungen, das rechte Maß zu finden, Regeln für angemessenes Verhalten festzulegen und soziale, kulturelle, geographische sowie ästhetische Grenzen zwischen dem Eigenen und dem Anderen bzw. Fremden zu definieren, sind ein fester Bestandteil der Kulturgeschichte. Ihren Ausdruck finden diese Regularien in den verschiedensten Medien und Künsten beispielsweise als Visualisierungen, aber auch in der Literatur, in verschiedenen Diskursen oder populären und Alltagspraktiken. Für alle Bereiche gilt, dass sich die beteiligten Akteur*innen an Wertmaßstäben orientieren, diese bestätigen aber auch kreativ oder subversiv durchkreuzen. Gesellschaftliche Ordnung als Implementierung von Normen und Normalität zu denken, lässt die Kategorie des Normalen zunächst als ein Paradigma der Moderne erscheinen. Die damit einhergehenden Herrschafts- und Unterdrückungszusammenhänge (z.B. Pogrome, Repression, Stigmatisierung) erweisen sich jedoch als lang tradierte kulturelle Muster zur Abwehr und Disziplinierung des Nicht-Normalen.
Die multidisziplinäre Ringvorlesung „Normalität – Bilder, Diskurse, Praktiken“ möchte den Diskussionsstand zur Bedeutung des Normalen und über das Funktionieren von Normalisierungsprozessen aufnehmen und nach konkreten Prozessen der Genese und Formung von Normalität produzierenden Regularien, Mustern und Schemata fragen. Dabei wird eine dezidiert kulturwissenschaftliche, medientheoretische wie auch kulturästhetische Perspektive verfolgt. Thematisiert wird das gesamte Spektrum menschlicher Ordnungsvorstellungen und Standardisierungstechniken von der Spezifik historischer Disziplinierungs- und Stabilisierungsmaßnahmen bis hin zu aktuellen Beispielen einer postmodernen Normalisierungmacht.
Der Abschlussvortrag vertieft den Überblick zur historischen Genese von Normalisierungsprozessen sowie der vermittelten theoretischen Ansätze und fasst die aus der Perspektive unterschiedlicher Disziplinen vorgestellten exemplarischen Artefakte, Bilder, Diskurse, Medien und Praktiken zum Rahmenthema ‚Normalität‘ in einer Synopse zusammen.
Natascha Adamowsky ist Medien- und Kulturwissenschaftlerin und hat seit 2020 den Lehrstuhl für Medienkulturwissenschaft mit dem Schwerpunkt Digitale Kulturen an der Universität Passau inne. Zuvor war sie Professorin für Medienwissenschaft im Bereich der Digitalen Medientechnologien an der Universität Siegen, Professorin und Leiterin des Instituts für Medienkulturwissenschaft an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg sowie Professorin für Kulturwissenschaftliche Ästhetik am Institut für Kulturwissenschaft der Humboldt Universität zu Berlin.

Prof. Dr. Andrea Sieber ist seit 2016 Inhaberin der Professur für Ältere Deutsche Literaturwissenschaft an der Universität Passau. Ihre Forschungsschwerpunkte umfassen kulturwissenschaftliche Ansätze in der Mediävistik, Mediengeschichte und Medientheorie sowie die Rezeption des Nibelungen-Mythos. Sie verbindet philologische Analysen mit transmedialen Perspektiven. Zentrales Anliegen ist ihr, das kulturelle Erbe des Mittelalters präsent zu machen und in Schule, Hochschule sowie einer breiteren Öffentlichkeit zu vermitteln. Seit 2018 setzt sich Andrea Sieber als Universitätsfrauenbeauftragte dafür ein, die tatsächliche Gleichberechtigung von Frauen und Männern in der Wissenschaft zu fördern und bestehende Nachteile zu beseitigen. Gemeinsam mit der Vizepräsidentin für Internationales und Diversity veranstaltet sie jedes Semester die Ringvorlesungsreihe „Diversity, Gender & Intersektionalität“.
Kontakt
Regine Fahn
Stabsstelle Diversity und Gleichstellung, Raum JUR 003
E-Mail: regine.fahn@uni-passau.de, Telefon: +49(0)851/509-1122
Die Ringvorlesung wird gefördert von der Universitätsfrauenbeauftragten Prof. Dr. Andrea Sieber.
Vergangene Vorlesungsreihen

Let's talk about racism - Antirassismus und Intersektionalität im Gespräch
Prof. Dr. Martina Padmanabhan, Lehrstuhl für Critical Development Studies - Southeast Asia
Anti-Rassismus ist Theorie und Praxis, um Diskriminierungen in der Stadt und an der Universität zu begegnen. In der traditionellen Ringvorlesungsreihe Diversity, Gender & Intersektionalität unter der Schirmfrauschaft der Vizepräsidentin Prof. Dr. Christina Hansen und der Universitätsfrauenbeauftragten Prof. Dr. Andrea Sieber und in Zusammenarbeit mit dem Referat für Diversity und Gleichstellung dreht sich diesen Winter alles um Anti-Rassismus und wie wir ihn theoretisch begreifen und praktisch im Universitätsalltag, aber auch in z.B. in der Klimaschutzbewegung leben können. Referierende aus ganz Deutschland und dem Vereinigten Königreich bieten Einblicke in neuste Forschungsergebnisse zu Rassismus in der internationalen Entwicklungszusammenarbeit, in pädagogischen Einrichtungen in Deutschland und dazu, wie wir Rassismus verlernen können. Zum wissenschaftlichen Blick gesellt sich die Perspektive der Zivilgesellschaftlichen Akteur*innen, wie die der Magazinmacher*innen OF COLOR. Als „Weihnachtsgeschenk“ diskutieren Passauer Bürger*innen und Studierende über ihre konkreten Ansätze anti-rassistischer Solidarität.
All diese Einblicke basieren auf Intersektionalität als theoretischem Ansatz, um die Verschränkungen von Ungleichheit u.a. durch Geschlecht, Klasse, Ethnizität/Nationalität und Alter zu analysieren. Die Universität als Ort des gesellschaftlichen Wandels bietet den Raum für Debatten über strukturelle und institutionelle Diskriminierung und will gleichzeitig verändern. Die Diversifizierung und die Dekolonialisierung der Lehre und Forschung sind nicht nur im wissenschaftlichen Alltag Herausforderungen. Wie dies in Passau, deutschlandweit und international gelingen kann, diskutieren wir mit Wissenschaftler*innen, zivilgesellschaftlichen Organisationen und Studierenden. Die Theorie und die Praxis des Anti-Rassismus steht im Mittelpunkt dieser Ringvorlesung, die bewusst akademische Analyse und gesellschaftliches Engagement in Beziehung setzt.
Veranstaltung auf Englisch
Wir untersuchen die Theorie und Praxis von Intersektionalität und Dekolonialität am Beispiel der Universität Passau, um ihre Bedeutung für die Hochschulbildung und Forschung zu verstehen. Ausgehend von feministischer Theorie und Forschungspraxis untersuchen wir intersektionale Ansätze zum Verständnis sozialer Beziehungen an unserer Universität aus verschiedenen Blickwinkeln und wie diese mit Dekolonialität verwoben sind. Ausgehend von studentischen Projekten und unserem gemeinsamen Lernen im Wintersemester 21/22 führen wir in das Konzept und die Praxis der Intersektionalität ein und zeigen, wie soziale Bewegungen eine intersektionale Perspektive sowohl vor als auch nach der Prägung des Begriffs mobilisiert haben. Wir untersuchen unsere eigenen Erfahrungen als internationale und deutsche Studierende an den Schnittstellen von Geschlecht, Alter, Kaste, ethnischer Zugehörigkeit, race und Klasse durch Autoethnographie und eine Vernetzungsübung. Auf diese Weise erfahren wir, wie Intersektionalität als Linse koloniale Sichtweisen destabilisieren kann. Indem wir die Ergebnisse des Forschungs- und Lehrprojekts präsentieren, zeigen wir, warum Intersektionalität für den politischen Prozess der Dekolonisierung unserer eigenen Universität Passau wichtig ist.

Daniela Melissa Escarria Parra ist eine kolumbianische Anwältin mit einer Leidenschaft für Menschenrechte und internationales Recht. Nach ihrem Abschluss im Jahr 2019 wurde sie mit dem Helmut-Schimdt-Stipendium des DAAD ausgezeichnet. Dank dieses Stipendiums studiert sie derzeit einen Master of Arts in Governance and Public Policy an der Universität Passau. Außerdem interessiert sie sich derzeit sehr für Kritische Diskursanalyse und Intersektionalität, um soziale Gerechtigkeit zu verfolgen.

Joeta Ndwiga macht derzeit ihren Master in Development Studies an der Universität Passau. Sie erforscht leidenschaftlich gerne Lösungen, die soziale und ökologische Auswirkungen auf ihre Gemeinschaft und Gesellschaft haben. Ihre berufliche Erfahrung dreht sich um Ernährungssicherheit, Kapazitätsaufbau von Bauerngruppen und die Umsetzung von Bewässerungsentwicklungsprojekten in der nationalen und regionalen Regierung in Kenia. Ihre Studienschwerpunkte liegen in den Bereichen ländliche Entwicklung, Gender und Entwicklung, Nachhaltigkeitsentwicklung und Intersektionalität. Im Rahmen dieser Forschung setzte sie die Forschungsmethode der Autoethnographie ein, um über ihre persönlichen Erfahrungen mit Mikroaggression als internationale Studentin of Color zu reflektieren und darüber, wie diese ihr Studentenleben beeinflusst und geprägt haben. Derzeit forscht sie im Rahmen ihrer Masterarbeit zum Thema Solidarische Landwirtschaft - Passau, als alternative Veränderung des Lebensmittelsystems.

Ferdyani Atikaputri ist Stipendiatin des Helmut-Schmidt-Programms des DAAD und aktive Studentin des Masterstudiengangs Development Studies an der Universität Passau. Bevor sie nach Passau kam, war sie als Entwicklungshelferin tätig und leitete nachhaltige Entwicklungsprojekte für das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) und die indonesische Regierung. Ihr Interesse am Entwicklungssektor bringt sie weiterhin durch gesellschaftliches Engagement und Forschung zum Ausdruck. Derzeit ist sie in einer indonesischen Gemeinschaft, Rumah Aman Kita (RUANITA), aktiv, die sich auf psychische Gesundheit, Gleichstellung der Geschlechter und die Stärkung der Rolle der Frau für im Ausland lebende Indonesier*innen konzentriert. In dieser Forschung arbeitet sie mit dem Intersektionalitäts- und Netzkarten-Ansatz, um die Beteiligung von Akteuren im Hochschulsystem und das Wohlbefinden von Studierenden während der COVID-19-Pandemie zu analysieren.

Nicole Borges Steeb (M.A. Governance and Public Policy) verfügt über einen umfangreichen interdisziplinären und internationalen Hintergrund an der Schnittstelle von sozialem Wandel und politischen Prozessen. Trotz eines Bachelors in Europastudien (Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt) mit Schwerpunkt auf europäischen Sprachen, Geschichte und Kultur ist sie durch ihre Forschungsthemen ständig mit ihrer zweiten Heimat Brasilien verbunden (sowohl physisch als auch). In ihrer Autoethnographie beschäftigt sie sich mit ihrer Zeit als Austauschstudentin in Kolumbien (Universidad de Antioquia). Die Erfahrung als Ganzes zeigt die Notwendigkeit eines intersektionalen und dekolonialen Ansatzes innerhalb der Universitäten, sowohl im physischen als auch im epistemologischen Raum.
Anna Kolb hat sich nach dem Studium der Grundschuldidaktik mit den Schwerpunkten Politik und Gesellschaft an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (erstes Staatsexamen im Herbst 2019) entschieden ihre Kenntnisse und Fähigkeiten in der außerschulischen Bildung zu erweitern. Seit dem Wintersemester 2020/21 studiert sie den forschungsorientierten Masterstudiengang Bildung und Bildungsprozesse an der Universität Passau mit dem Schwerpunkt Bildungsmanagement. Ihre Interessen und Studienschwerpunkte sind Bildungsungleichheit, Chancengleichheit und Innovation im Bildungsbereich. Darüber hinaus führte sie ein Forschungsprojekt in einem Seminar zur Intersektionalität durch, wo sie sich anhand der Autoethnographie mit der folgenden Frage auseinandergesetzt hat: Inwieweit sind ihre Erfahrungen an der Universität durch ihre eigene Positionierung und Erziehung als Kind aus der Arbeiterklasse geprägt?
In dieser Vorlesungseinheit soll das Konzept der Intersektionalität und Rassismuskritik in der Praxis gezeigt werden. Das Magazin "of Color" als rassismuskritische Plattform steht für Empowerment und Repräsentation von Bi_PoC für Bi_PoC und alle Menschen, die sich rassismuskritisch weiterbilden möchten. Im Juli 2022 wurde die zweite Printausgabe zum Konzept der Intersektionalität veröffentlicht. Wie genau kann das Konzept der Intersektionalität in der Praxis aussehen? Wo liegen die Grenzen intersektionaler Arbeit in "of Color"? Welche Vision steht hinter der Plattform? Diese Fragen sollen im Rahmen der Einheit praxisnah diskutiert und beantwortet werden.

Pia Ihedioha studiert Grundschullehramt an der Universität in Passau. Neben ihrem Studium arbeitet sie als politische Bildnerin und gibt Workshops mit dem Fokus auf Antirassismus und Empowerment. Sie ist die Mitbegründerin des Magazins "of Color". "of Color" ist eine rassismuskritische Plattform, die der Repräsentation von Bi_PoC in den Medien dient. Zusammen mit einem 10-köpfigen Team arbeitet Pia seit 2020 ehrenamtlich an der Vision hinter "of Color".
Wir erfahren die Welt intersektional und zugleich sehen wir Andere als Mitglieder einer Kategorie – Mann, Frau, Schwarz, Jung, Alt. Viele dieser Kategorien sind binär und die Debatten um Personen, die trans* sind (trans* gender, trans* race) verdeutlichen, dass sehr viele Menschen in westlicher Kultur durch Uneindeutigkeiten verunsichert sind. Die Forschung zeigt, dass rassifiziertes Denken so tief sozial verankert ist, dass sogar Menschen, die von Geburt an blind sind, Andere als rassifizierte Subjekte wahrnehmen. Die visuelle „Evidenz“ der menschlichen Differenzen, auf die sich die westliche Kultur, darunter auch Wissenschaft, verlässt, muss daher neu gedacht werden.
Können wir also auf eine Weise sehen, die unserer eigenen intersektionalen Erfahrung als Körper in der Welt ähnelt? Um diese Frage zu beantworten, müssen wir verstehen, wie aus den visuellen Anhaltspunkten soziale Kategorien entstehen und inwieweit die Kategorien unsere visuelle Wahrnehmung formen. In der Suche nach Möglichkeiten, anders – intersektional – zu sehen, greife ich in meinem Vortrag sowohl auf wissenschaftliche, interdisziplinäre Quellen, als auch auf artistische Praxis. Diese kann uns helfen, das ‚Sehen durch Kultur‘ explizit zu machen und somit den Raum für mehr Intersektionalität öffnen.

Prof. Dr. Magdalena Nowicka ist Leiterin der Abteilung Integration im DeZIM-Institut und Honorarprofessorin am Institut für Sozialwissenschaften der Humboldt-Universität zu Berlin. Nowicka ist Soziologin mit interdisziplinärem Hintergrund in Politik- und Kulturwissenschaften aus Polen und Deutschland. Ihre Forschungsinteressen sind Transnationalismus von Migrant*innen in Europa, Diversität, Konvivialität und Rassismus. Sie veröffentlichte u.a. zu Rassismus im Kontext von Zuwanderung und Brexit (“I don’t mean to sound racist but … ” Transforming racism in transnational Europe, erschien in Ethnic and Racial Studies 41, 2018) und zur Schnittstelle von Rassismus und Männlichkeit (mit Katarzyna Wojnicka, Understanding Migrant Masculinities through a Spatially Intersectional Lens, erschien in Men&Masculinities 2021). Zu ihren jüngsten Veröffentlichungen gehört das Buch Revisualising Intersectionality (Palgrave, 2022, mit Elahe Haschemi Yekani und Tiara Roxanne).
ENTFALL
Wir alle leben in einer Gesellschaft, die rassistische Praxen und Diskurse seit Jahrhunderten (re-)produziert. Deshalb ist es nahezu unmöglich kein rassistisches Wissen zu besitzen. Dieses (erlernte) Wissen zu erkennen, ins eigene Bewusstsein zu holen und immer wieder neu zu reflektieren ist jedoch möglich und Ziel einer rassismuskritischen Praxis. Doch kann dieses Wissen jemals völlig abgelegt werden?
Dieser Vortrag bietet einen Ein- und Überblick in die Rassismuskritische Migrationspädagogik und deren Entwicklung. Dabei geht es um aktuelle Positionierungen, bisherige Diskurse und um das Zusammenspiel von theoretischen Anknüpfungspunkten und praktische Bildungsarbeit in der Einwanderungsgesellschaft.

Zehranur Manzak, Diplom Pädagogin (Univ.) ist Bildungsreferentin in der Jugendbildungsstätte Unterfranken und hat die Leitung für das Referat couragiert. Im Rahmen ihrer Tätigkeit konzipiert sie Seminarangebote und arbeitet als Trainerin mit unterschiedlichen Gruppen, die sich im Kontext von Migrationsgesellschaft weiterbilden und sich für Rassismuskritische Momente sensbilisieren möchten. Sie ist zudem systemische Beraterin und beschäftigt sich mit Familiendynamiken und Biographie-Arbeit.
Veranstaltung auf Englisch
Die scheinbar grenzenlose imperiale Expansion der europäischen Großmächte hat die Welt unwiederbringlich verändert. Als Christoph Kolumbus 1492 von Spanien aus in See stach, hatte Europa bereits mit der Umsetzung einer expansionistischen Politik begonnen, die zum Untergang von Zivilisationen und zu über 400 Jahren Ausbeutung von Land, Menschen und Ressourcen führte. Wie prägt unsere gemeinsame koloniale Vergangenheit unsere Gegenwart? In diesem Vortrag werden wir sowohl historische als auch zeitgenössische Ansätze verfolgen, um zu verstehen, warum Aufrufe nach „Dekolonisierung“ lauter werden. Seit vielen Jahren, schon sowohl während der Zeit der europäischen Imperien, als auch in der Nachkriegszeit des Zweiten Weltkriegs, äußern zahlreiche Wissenschaftler*innen Bedenken hinsichtlich der Tendenz, davon auszugehen, dass nur der Westen über nützliches Wissen verfügt. Diese Konzeptualisierung von „Wissen“ untermauert wiederum die vorhandenen Wahrnehmungen, beispielsweise des Fortschrittes oder des Westens als „zivilisiert“ oder „fortgeschritten“ gegenüber einem „rückständigen“ oder „armen“ Globalen Süden. Die Vorstellung, dass der Westen als Vorreiter der Zivilisation oder „Entwicklung“ gilt, spiegelt die dominanten Ansätze in der „Entwicklungshilfe“ wider und stellt ein gefährliches und ahistorisches Verständnis der Vielfalt des sozialen, wirtschaftlichen und politischen Lebens auf der Welt dar. Dennoch stehenwir heute vor immer komplexeren und miteinander zusammenhängenden globalen Herausforderungen, die eine zunehmende Anzahl von Stakeholder*innen betreffen. Erhöhte Marktunsicherheit, Finanz- und Weltschuldenkrise, Fragen der Ernährungs- und Wassersicherheit, rascher Klimawandel sowie die Ungleichheiten, die sich infolge des Versagens der Weltgemeinschaft die Corona- Pandemie einzudämmen verstärken, werfen viele Fragen auf. Die Aufforderung, unsere gemeinsame koloniale Vergangenheit neu zu untersuchen, ist zumindest Teil einer Antwort auf diese Fragen und kann potenziell neue Perspektiven anbieten, um die historischen Ursachen der heutigen globalen Herausforderungen zu verstehen.

Prof. Dr. Lata Narayanaswamy ist Dozentin für Politik der globalen Entwicklung an der School of Politics and International Studies (POLIS) der Universität Leeds. Seit 2001 arbeitet Prof. Dr. Narayanaswamy als Wissenschaftlerin, Beraterin und Akademikerin an der Schnittstelle zwischen Entwicklungstheorie und -praxis. In ihrer Forschung setzt sie sich kritisch mit geschlechtsspezifischen, intersektionalen und (post-) dekolonialen Dynamiken des Wissens in der Entwicklung und dessen wahrgenommenen Beitrag zur Bewältigung globaler Entwicklungsherausforderungen auseinander. Derzeit beschäftigt sie sich mit angewandter, interdisziplinärer Forschung zu Gender, Feminismus und Intersektionalität, da diese Themen in Zusammenhang zu Klimawandel, Wassersicherheit und dekolonisierender Entwicklung stehen.
ONLINE
Veranstaltung auf Englisch
Während fast ein Jahrhundert vergangen ist, seit WEB Du Bois über die globale Farbgrenze schrieb, und es 50 Jahre her ist, dass der guyanische marxistische Gelehrte und Aktivist Walter Rodney "How Europe Underdeveloped Africa" schrieb, haben viele Organisationen, die im Bereich der internationalen Entwicklung tätig sind, erst in jüngster Zeit im Zuge der "Black Lives Matter"-Bewegung zum ersten Mal über Rassismus in der Entwicklung gesprochen. Ein großer Teil dieser Diskussion ging nicht über die Notwendigkeit einer größeren Vielfalt beim Personal der Institutionen im globalen Norden hinaus. In diesem Vortrag schlage ich vor, Rassismus materiell und als global wirkend zu verstehen, als Strukturierung der globalen Ungleichheiten und Muster der Ausbeutung, Extraktion und Akkumulation, in welche Entwicklung eingebettet ist, und als untrennbar mit den anhaltenden Prozessen des Imperialismus verbunden. Ich betrachte einige Formen verkörperter rassifizierter Gewalt, die immer auch geschlechtsspezifisch sind, in der Entwicklung. Und ich schlage vor, dass wir Quellen des sozialen und politischen Widerstands gegen diese rassifizierten Strukturen der Kapitalakkumulation, in denen weltweit andere Welten angestrebt und erkämpft werden, (an)erkennen.

Kalpana Wilson ist Dozentin im Fachbereich Geografie an der Birkbeck, University of London. In ihrer Forschung befasst sie sich mit Fragen zu race/Geschlecht, Arbeit, Imperialismus, Faschismus sowie reproduktiven Rechten und Gerechtigkeit, mit besonderem Schwerpunkt auf Südasien und dessen Diasporas. Sie ist die Autorin von Race, Racism and Development: Interrogating History, Discourse and Practice (Zed Books, 2012) und Mitherausgeberin von Gender, Agency and Coercion (Palgrave Macmillan, 2013). Sie hat vielfach über Themen der internationalen Entwicklung, revolutionäre soziale Bewegungen und reproduktive Gerechtigkeit geschrieben. Sie ist Gründungsmitglied der Kampagnenorganisation South Asia Solidarity Group.
NUR ONLINE
Die Klimakrise trifft nicht alle gleich, ganz im Gegenteil. Sie unterscheidet nach race, Gender, geografischem Standort, sozioökonomischem Hintergrund, Alter, körperlicher Einschränkung und vielen anderen Kategorien. Am Beispiel von Black, Indigenous und Women of Color (BIWoC) zeigt dieser Vortrag auf, dass einerseits eine besondere Betroffenheit marginalisierter Gruppen in Bezug auf die Klimakrise besteht und andererseits es genau BIWoC sind die nicht nur führende Rollen in der Klimabewegung einnehmen, sondern von deren spezialisiertem Wissen, basierend auf ihrer intersektionalen Unterdrückung, ihrem (Überlebens-)Kampf und ihrer Art Wissen zu produzieren und weiterzugeben, die Klimabewegung auf ungeahnte Weise lernen kann. Anders als häufig angenommen, ist die Klimabewegung im weiten Sinne nicht „zu weiß“, sondern es sind tatsächlich Black, Indigenous und People of Color, die diese Bewegung seit Jahrzehnten prägen. Es wird Zeit, dass sie die Anerkennung und Wertschätzung erhalten, die ihnen gebührt. Auf eine kurze Analyse der Ursprünge intersektionalen Feminismus in Schwarzen Feminismen und den Kämpfen Schwarzer Frauen folgen theorie-basierte und durch Interviews mit BIWoC Klimaaktivistinnen gewonnene intersektional-feministische Guidelines für die Klimabewegung. Sie sind ein Angebot, um der Klimabewegung zu einer Vision zu verhelfen, in ihrem Protest die Verwobenheit und gegenseitige Bedingung globaler Herausforderungen zu berücksichtigen; anzuerkennen, dass diese unterschiedlichen Auswirkungen für marginalisierte Menschen haben und den Schutz von Menschen sowie der Umwelt gleichermaßen in den Vordergrund zu rücken. Um der Klimakrise die Stirn zu bieten, bedarf es einer radikalen Systemveränderung, Klimagerechtigkeit bildet die anzuwendende Strategie und Intersektionaler Feminismus liefert die Perspektive zur Umsetzung.

Sheena Anderson setzt sich mit intersektionalen Perspektiven auseinander und geht der Frage nach, wie diese mehr globale Gerechtigkeit und Verantwortung befördern können. Sie möchte zur Hör- und Sichtbarkeit marginalisierter Stimmen beitragen und diskriminierende Strukturen hinterfragen. Arbeitserfahrung sammelte sie bei der Landeszentrale für politische Bildung BW im Bereich Demokratie stärken sowie als freie Mitarbeiterin in der politischen Bildungsarbeit. Sie absolvierte außerdem eine Weiterbildung zur Anti-Bias Multiplikatorin. Im Zuge ihres Studiums spezialisierte sie sich auf Frieden und Nachhaltigkeit, Intersektionalität, Krieg und Geschlecht, Postkonfliktstaaten und Völkerrecht. Sie ist selbst als Aktivistin beim Black Earth Kollektiv in Berlin engagiert und arbeitet seit 2020 beim Centre for Feminist Foreign Policy.
Als „Weihnachtsgeschenk“ diskutieren wir im Rahmen der Ringvorlesung mit Passauer Bürger*innen und Studierenden über ihre konkreten Ansätze anti-rassistischer Solidarität. Der Passauer Till Hoffmann, Veranstalter des Eulenspielfestivals berichtet über sein Engagement im Bellevue de Monaco in München, einem Hausprojekt mit Geflüchteten, das bundesweite Ausstrahlung hat. Perdita Wingerter, Vorsitzende des rührigen und vielfach ausgezeichneten Vereins „Gemeinsam leben und lernen in Europa“ in Passau gibt Einblicke, wie anti-rassistische Arbeit vor Ort in unserer kleinen Universitätsstadt aussehen kann. Gemeinsam mit ihnen diskutieren wir, wo an der Uni und in der Stadt noch Luft nach oben ist und was zu tun ist, um Passau sicher für alle zu machen.

Till Hofmann, 1970 in Passau geboren und aufgewachsen, ist Kultur- und Konzertveranstalter. Er betreibt Kabarett und Musikbühnen in München und Wien, ein Label und verantwortet Festivals mit dem Eulenspiegel Flying Circus.
Er ist zudem Gründer und Vorsitzender der Sozialgenossenschaft „Bellevue di Monaco“ für geflüchtete Menschen.

Perdita Wingerter ist Geschäftsführerin des gemeinnützigen Vereins „Gemeinsam leben und lernen in Europa", der vielfältige Projekte und Aktionen zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfreundlichkeit sowie zur Förderung von Toleranz und Vielfalt erfolgreich umsetzt. Zudem ist sie als Inhaber von IQM Wingerter als selbständige Projektberaterin und Dozentin tätig. Als Expertin für das Thema Ehrenamt, Integration und Chancengleichheit sowie beim Thema Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit gibt sie regelmäßig Seminare bzw. hält Vorträge auf regionaler, nationaler und europäischer Ebene.
Veranstaltung nur online
Rassismus ist politisch und das Politische ist geprägt von Rassismus. In vielen Teilen der deutschen Gesellschaft stehen sich Befürworter*innen der Homogenität und Vielfaltsbegeisterte unversöhnlich gegenüber. Lorenz Narku Laing analysiert die posthomogene Gesellschaft und zeigt, dass rassistische Politiken zum Kerngeschäft der Verfechter*innen der Homogenität gehören. Seine postkoloniale Kritik untersucht die tieferliegenden Gründe hierfür und liefert zugleich eine kritische Intervention in die (politik-)wissenschaftliche Forschung. Dabei wird deutlich, dass Rassismus weit mehr ist als Diskriminierung und Benachteiligung: Rassismus ist eine politische Ideologie.

Prof. Dr. Lorenz Narku Laing ist Professor für Sozialwissenschaften und Rassismusforschung an der Evangelischen Hochschule Rheinland-Westfalen-Lippe. Dr. Laing ist Gründer und Geschäftsführer der Vielfaltsprojekte GmbH, zertifizierter Diversity-Trainer und Rassismus-Forscher. Im Jahr 2020 wurde Dr. Laing als 30 unter 30 der #GenerationGrenzenlos von der Hertie-Stiftung ausgezeichnet. Er erhielt den Preis für exzellente Lehre der Zeppelin Universität und sein neuestes Projekt zu Diskriminierung im Sport gewann den Innovationspreis Ehrenamt der Staatsregierung Bayern. Im Jahr 2022 erschien sein Buch zum „Politischen Rassismus“ im transcript-Verlag. Als Diversity-Berater begleitet er Dax-Konzerne, Fernsehsender und Theater.
Anhand einer Analyse beispielhafter Arbeitsmaterialien des Schulfachs Geographie/Erdkunde wird dargelegt, inwiefern auch und gerade in einem Unterricht, der für Globales Lernen und Bildung für nachhaltige Entwicklung steht, Stereotype reproduziert werden können und mitunter eine Kategorisierung im Sinne postkolonialen Otherings erfolgt. Davon ausgehend werden Notwendigkeit und Potenziale rassismuskritischer Bildung und postkolonialer Perspektiven im Unterricht reflektiert. Entlang ausgewählter Interviewauszüge mit Lehrkräften wird skizziert, inwiefern gerade in der ersten Phase der Ausbildung angehender Lehrkräfte an der Hochschule eine Sensibilisierung für verschiedene Diskriminierungsdimensionen erfolgen sollte. Dabei wird auch auf intersektionale Verschränkungen mit weiteren Bereichen eingegangen.
Triggerwarnung: Im ersten Teil des Vortrags werden wenige Beispiele (Text und Bild) gezeigt, die negative Emotionen hervorrufen können.

Dr. Andreas Eberth hat Geographie, Germanistik und Bildungswissenschaften an der Universität Trier studiert. Von 2014-2022 war er Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Arbeitsbereich Didaktik der Geographie am Institut für Didaktik der Naturwissenschaften an der Leibniz Universität Hannover. Im Wintersemester 2022/2023 vertritt er die Professur für Didaktik der Geographie an der Justus-Liebig-Universität Gießen. Seine Arbeitsschwerpunkte liegen in den Bereichen Bildung für nachhaltige Entwicklung/Globales Lernen, Visuelle Geographien, rassismuskritische Bildung und postkoloniale Perspektiven im Bildungsbereich sowie regional in Ostafrika.
Ausgehend von empirischen Befragungen von Willkommensinitiativen im Rahmen des BMBF Verbundprojekts "Willkommenskultur und Demokratie in Deutschland" wird die im Projekt erarbeitete Broschüre "Demokratie und Partizipation in der Migrationsgesellschaft" diskutiert. Die Analyse der postmigrantischen Gesellschaft Deutschland und die in sie eingelagerten Rassismen, Sexismen und Heteronormativität stellen dabei den methodologischen Ausgangspuntk des Vortrags dar. Wie können nun genau jene Rassismen, Sexismen und heteronormativen Orientierungen verlernt werden? Wie ist dieses Verlernen mit dem Bewusstmachen und Anerkennen von Privilegien verbunden? Im Vortrag wird ein multimethodisches rassismukritisches und diversitysensibles Vorgehen vorgestellt und als antiessentialistisches Handeln diskutiert.

Prof. Dr. Elisabeth Tuider hat seit 2011 die Professur Soziologie der Diversität unter besonderer Berücksichtigung der Dimension Gender inne. Zu ihren Arbeits- und Forschwerpunkten gehören gender- und queer-studies, cultural- und postcolonial studies, Rassismuskritik und Migrationsforschung. Sie ist geprägt von der Sozialen Ungleichheitsforschung und Sozialen Bewegungen in den Ländern Lateinamerikas. Außerdem war sie im Vorstand der Fachgesellschaft Geschlechterstudien und hat mehrere BMBF geföderte Forschungsprojekte realisiert, u.a. das Verbundprojekt "Willkommenskultur und Demokratie in Deutschland".
ENTFALL
Veranstaltung auf Englisch
Kann die Hochschulbildung Antworten auf die Frage nach einem ethischen Leben, welches keine strukturelle Verbindung zum unbewussten Konsumverhalten hat, geben? In diesem Vortrag werde ich einige Elemente des dekolonialen Feminismus aufzeigen, die uns dabei helfen werden, uns mit Erfahrungen auseinanderzusetzten und daraus zu lernen, wie wir die Zerstörung der Erde stoppen und Erkenntniswege und -formen finden können.

Dr. Rosalba Icaza ist eine dekoloniale Feministin und Dozentin für globale Politik, Feminismus und Dekolonialität am Institut für Sozialwissenschaften der Erasmus-Universität Rotterdam. Sie ist Mitglied des Red Transnational Otros Saberes (RETOS), ist außerdem zuständig für die Mitgestaltung der transnationalen Lerngruppe „Nurturing (each) Other“ und arbeitet mit Suumil Mookt’an in Sinanche, Yucatan in Mexiko zusammen.
Nach einem Semester mit aktuellem und theoretischem Input zu Anti-Rassismus und Intersektionalität haben wir zum Abschluss die Chance, gemeinsam mit der Vizepräsidentin Prof. Dr. Christina Hansen über Gestaltungsmöglichkeiten und -bedarfe an der Universität zu diskutieren. Konkreter Anlass ist das Diversity Audit, das die Universität zurzeit durchläuft. Dies ist ein konkretes Möglichkeitenfenster, um Strukturen und Prozesse, aber auch informelle Routinen und Sprachlosigkeiten bei vielschichtigen Diskriminierungen anzugehen. Mit von der Partie sind Prof. Dr. Karsten Fitz und Prof. Dr. Karin Stögner, die jeweils erfolgreiche Ringvorlesungen zu Intersektionalität aus der soziologischen und der amerikanistischen Perspektive veranstaltet haben. Alle Erkenntnisse, Geistesblitze und produktive Wut aus den leidenschaftlichen Vorträgen und Debatten wollen wir bei „Walk the talk“ nutzen, um zu kurz- und langfristigen Veränderungen an unserer Universität und darüber hinaus in unserer Stadt anzustoßen und mit offen Augen weiterzuträumen. Wir bauen auf IHREN Beitrag, wo immer Sie auch stehen.
Die Ringvorlesung wird gefördert von Frau Prof. Dr. Christina Hansen, Vizepräsidentin der Universität Passau.

Intersektionalität: Soziologie zwischen Theorie und Praxis
Prof. Dr. Karin Stögner, Lehrstuhl für Soziologie
Intersektionalität als Konzept zur Analyse sozialer Ungleichheit fokussiert auf die Multidimensionalität gesellschaftlicher Herrschaftsprozesse und zeigt auf, dass Diskriminierung und Chancenungleichheit entlang Klasse, Geschlecht/Sexualität, Ethnizität/Nationalität in Verschränkung miteinander zu verstehen sind. Vom Black Feminism geprägt, war Intersektionalität von Beginn an nicht nur analytisches Konzept, sondern auch politisches Programm. Soziale Bewegungen, die in ihrem Selbstverständnis intersektional agieren, kämpfen um gesellschaftliche, politische und ökonomische Anerkennung strukturell marginalisierter Gruppen. Dabei kommt es auch immer wieder zu Spannungen sowohl in der Theoriebildung als auch in der politischen Praxis. Dieses Spannungsfeld von Ideologiekritik und Identitätspolitik macht Intersektionalität zu einem dynamischen und umkämpften Feld und wirft gegenwartsbezogene Fragen und Probleme auf, denen sich die Vorträge in dieser interdisziplinären Ringvorlesung widmen.
Jeweils dienstags von 18 bis 19:30 Uhr in Präsenz im Raum WIWI HS 5 (und online via ZOOM)
Programm

In dieser einleitenden Vorlesungseinheit erfolgt ein kurzer Überblick über die Entstehungsgeschichte der Intersektionalitätskonzepte und eine historisch-geographisch-politische Einordnung. Daran anschließend wird die Frage nach der Inklusivität unterschiedlicher Intersektionalitätskonzepte gefragt: welche Gruppen werden berücksichtigt? Stehen Identitäten oder soziale Strukturen im Vordergrund? Und welche praktischen Konsequenzen haben diese Momente?
Karin Stögner, Prof. Dr., leitet den Lehrstuhl für Soziologie an der Universität Passau. Ihre Arbeitsschwerpunkte liegen in Kritischer und feministischer Theorie, Antisemitismus- und Rassismuskritik sowie in Gender-Forschung. Sie ist Autorin von „Antisemitismus und Sexismus. Historisch-gesellschaftliche Konstellationen“ (Nomos 2014) und hat zuletzt gemeinsam mit Alexandra Colligs den Band „Kritische Theorie und Feminismus“ (Suhrkamp 2022) herausgegeben.
Soziale Bewegungen sind von intersektionalen Ungleichheiten beeinflusst, während sie sich zugleich dagegen wenden. Ich will das anhand der Neuen Frauenbewegung in Deutschland und Japan diskutieren, in der zu Beginn Lesben wie auch Migrantinnen marginalisiert wurden. Doch allmählich gewannen sie eigene Definitionsmacht und starke Stimmen, indem sie Konflikte innerhalb und außerhalb der Bewegung austrugen. Ich schlage den Ansatz der prozessualen Intersektionalität vor, um solche Veränderungen theoretisch zu erfassen.
Ilse Lenz, Prof. Dr. em., ist emeritierte Professorin für Soziologie (Geschlechter- und Sozialstrukturforschung) an der Ruhr-Universität-Bochum. Sie forscht u.a. zu Globalisierung, Geschlecht und Arbeit, Frauenbewegungen im internationalen Vergleich und komplexen soziale Ungleichheiten (Klasse, Ethnizität, Geschlecht). Zahlreiche Forschungsaufenthalte in Japan und Südostasien.
Rassismus wird im Verständnis Kritischer Theorie als Herrschaftsverhältnis analysiert. Materialistisch fundiert muss diese Perspektive zunächst erörtern, wie die Einrichtung moderner Gesellschaften als kapitalistische dem Rassismus ein strukturelles Fundament bietet, auf dem Arbeit und Ungleichheit organisiert werden, d. h., wie ‚Rasse‘ und Klasse miteinander verbunden sind. Der Rassismus liefert eine Rechtfertigung dafür, dass das aufklärerische Postulat von der Gleichheit aller Menschen uneingelöst bleibt. Er legitimiert diese Ungleichheit, indem er rassifizierte Menschen als naturhaft, als minderwertig, als kulturlos darstellt und durch diese Zuschreibungen deren Stellung im Produktionsprozess weithin bestimmt und deren Über-Ausbeutung ermöglicht. Diese Legitimationsfunktion von Ungleichheit funktioniert aber nicht nur für den so genannten klassischen (biologistisch) argumentierenden Rassismus, sondern auch verwandelt für jenen gegenwärtig dominierenden Rassismus, der Menschen in ihren vermeintlich unveränderlichen Kulturen festzuschreiben sucht. Darüber hinaus gilt es zu diskutieren, warum die Abkehr von diesen Strukturkategorien (‚Rasse‘, Klasse, Geschlecht) und die ausschließliche Hinwendung zu Identitäten in der Intersektionalitätsdebatte die Gesellschaftsanalyse schwächen.
Ulrike Marz, Dr., hat Soziale Arbeit studiert und anschließend in einer Beratungsstelle für Betroffene rechter Gewalt gearbeitet. Im Anschluss daran nahm sie nochmals ein Studium – das der Soziologie und der Politikwissenschaft – auf. Seit 2009 ist sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Soziologische Theorien und Theoriegeschichte der Universität Rostock tätig. Hier promovierte sie 2014 mit einer Arbeit zum islamischen Antisemitismus in der Islamischen Republik Iran. 2018 hat sie für ein Semester die Gastprofessur für „Kritische Gesellschaftsforschung“ an der Justus-Liebig-Universität in Gießen übernommen. Im März dieses Jahres hat sie eine Arbeit mit dem Titel „Perspektiven einer Kritischen Theorie des Rassismus“ an der Uni Rostock als Habilitationsschrift eingereicht.
Die Erforschung von Erfahrungen ethnorassischer Exklusion, d.h. von Rassismus-, Stigmatisierungs- und Diskriminierungserfahrungen durch Minderheiten, hat derzeit Konjunktur im Feld der Migration Studies. Rezipiert wird diese Forschung nicht nur in Fachkreisen—vielmehr informiert sie auch politische Maßnahmen und die öffentliche Debatte (vgl. Berichte der Antidiskriminierungsstelle des Bundes). Vor diesem Hintergrund und eingedenk der sich durchsetzenden Erkenntnis, dass ein realitätsnaher Blick auf Ungleichheit und Exklusion intersektional sein muss, stellt der Vortrag die Frage, ob bzw. wie Intersektionalität in den Migration Studies und v.a. in der komparativen qualitativen Forschung zu Erfahrungen ethnorassischer Exklusion erforscht wird. Dabei ist zunächst festzuhalten, dass systematische Vergleiche zwischen verschiedenen Minoritäten in unterschiedlichen Kontexten den Weg dafür geebnet haben zu verstehen, welche Makrofaktoren die Erfahrung von ethnorassischer Exklusion prägen. Gleichwohl tut sich gerade die komparative Forschung schwer damit, die Realität von intersektional erfahrener Exklusion zu erfassen. Der Vortrag erörtert die Gründe hierfür und zeigt sich hieraus ergebende Dilemmata auf. Ferner werden Überlegungen zu möglichen Auswegen angestellt, und es wird der Frage nachgegangen, wie diese Auswege methodisch und in der konkreten Forschungspraxis umgesetzt werden könnten.
Eunike Piwoni, Dr., führt derzeit ein von der DFG finanziertes Forschungsprojekt zu den affektiven Dimensionen und Dynamiken von (Nicht-)Zugehörigkeit und dem Erfahren von ethnorassischer Exklusion durch. Dieses Projekt ist am Lehrstuhl für Soziologie der Universität Passau angesiedelt, wo sie seit Februar 2020 als Akademische Rätin tätig ist.
Promoviert hat sie im Jahr 2011 an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg mit einer Schrift zum Wandel nationaler Identität im deutschen Intellektuellendiskurs (VS Verlag für Sozialwissenschaften). Anschließend forschte sie zur deutschen Integrationsdebatte, zum Kosmopolitismus junger Eliten und zu digital vermittelten Gegenöffentlichkeiten (Publikationen u.a. in Current Sociology, Journal of Communication, Identities) an der University of London und der Georg-August-Universität Göttingen. Ihre aktuellen Forschungsinteressen konzentrieren sich auf die Wahrnehmung von Diskriminierung und die Frage, wie Menschen auf Exklusionserfahrungen antworten (sowohl in der Situation selbst als auch im Rahmen von langfristigen Handlungsstrategien). Hierfür bringt sie kultur- und emotionssoziologische Theorien sowie qualitative Methoden der Sozialforschung in Anschlag. Aktuell erscheint ein Artikel in Ethnic and Racial Studies, in dem sie eine Heuristik zur besseren Vergleichbarkeit von Antworten auf ethnorassische Exklusion in qualitativer Forschung entwickelt.
Anhand einiger Fallbeispiele aus dem langen 19. Jahrhundert stellt dieser Vortrag die Frage nach den Verbindungslinien zwischen Bildern des Jüdischen, Geschlechterbildern, rassifizierenden Zuschreibungen und Konstruktionen nationaler Identität als Reaktionen auf den Aufstieg der kapitalistischen Moderne. Er erkundet, welche Beiträge kritische Theorie und intersektionale Ansätze jeweils zur Beschreibung solcher Konstellationen leisten können, und fragt nach der Möglichkeit eines kritischen Dialogs zwischen beiden Traditionen.
Christine Achinger, Dr., ist Associate Professor in German Studies an der Universität Warwick und forscht u.a. zu Literaturwissenschaften, Geschichte und Theorie des Antisemitismus, kritischer Theorie, und zu Konstruktionen von Geschlecht, Ethnizität und nationaler Identität und ihren Verflechtungen. Publikationen u.a.: Distorted Faces of Modernity: Racism, Antisemitism and Islamophobia (Hg. mit Robert Fine, 2015); Gespaltene Moderne. Gustav Freytags Soll und Haben - Nation, Geschlecht und Judenbild (2007).
Der Vortrag beleuchtet die Begriffe der Religion und der Kultur aus intersektionaler Perspektive. Dabei wird ein kritischer Blick vor allem auf patriarchale Geschlechterverhältnisse geworfen. Entgegen der essentialistischen Annahme, dass Kulturen in ihrer je eigenen Entwicklung anerkannt und nach ihren eigenen Maßstäben beurteilt werden sollen, entwirft Petra Klug einen post-partikularistischen Feminismus, bei dem emanzipatorische Prinzipien an die Stelle von Identitätspolitik treten.
Petra Klug, Dr., ist Soziologin sowie Religions- und Kulturwissenschaftlerin. Sie arbeitet als Postdoc an der Universität Bremen und war 2019 Gastprofessorin für Kritische Gesellschaftstheorie an der Justus-Liebig-Universität Gießen. Im Tectum-Verlag ist ihr Buch "Feindbild Islam?" erschienen und ihr Buch "Anti-Atheist Nation. Religion and Secularity in the United States" erscheint demnächst bei Routledge.
Der öffentliche Diskurs über Zusammenhänge von Religion und Geschlecht ist stark auf den Islam konzentriert – obwohl auch andere Konfessionen hinreichend Stoff für geschlechtskritische Analysen bereithalten. Dieser Diskurs ist in hohem Maße von orientalistischen Denkmustern geprägt. Der Islam erscheint dann als das Andere der westlichen Welt, muslimische Frauen werden wahlweise exotisiert oder viktimisiert, muslimische Männer pauschal zu Patriarchen oder gar zu Tätern erklärt. Auch der radikale Feminismus stößt zuweilen in dieses Horn und lässt den Islam als vergleichsweise monolithischen Hort des Sexismus erscheinen. Dafür handelt er sich die Kritik des postkolonialen und des postsäkularen Feminismus ein, der die orientalistischen Denkmuster im radikalen Feminismus als rassistisch ausweist und als imperial zurückweist.
Ausgehend von dieser Diskurskonstellation werde ich in meinem Vortrag argumentieren, dass es beiden Positionen an einer umfassenden intersektionalen Perspektive mangelt. Während sich der radikale Feminismus kaum für seine möglichen rassistischen Diskurseffekte interessiert, verliert die feministische Kritik des antimuslimischen Rassismus leicht jene Momente des Islam aus dem Blick, die zu Geschlechterhierarchien beitragen. Als Alternative schlage ich eine Form der feministischen Religionskritik vor, die alle monotheistischen Buchreligionen umfasst und Grundeinsichten des postkolonialen Feminismus ebenso ernst nimmt wie die mögliche Religiosität feministischer und anderer politischer Akteur:innen.
Ina Kerner, Prof. Dr., ist Politiktheoretikerin und Genderforscherin und arbeitet als Professorin für Politische Wissenschaft im Institut für Kulturwissenschaft der Universität Koblenz-Landau am Campus Koblenz. Ihre aktuellen Arbeiten bewegen sich zum einen an der Schnittstelle von Politischer Theorie und Postkolonialer Theorie, zum anderen im Feld von Religion und Geschlecht. Aktuelle Veröffentlichungen: Decolonizing Universalism? A dialogue on women’s rights, feminist struggles and the possibilities and problems of universal norms. In: Julia Roth, Alexandra Scheele, Heidemarie Winkel (Hg.): Global Contestations of Gender Rights. Bielefeld 2022: Transcript/Bielefeld UP, S. 135-148 (gemeinsam mit José-Manuel Barreto); (K)eine Apologie des Universalismus, in: blog interdisziplinäre geschlechterforschung, 14.12.2021, sowie Provinzialismus und Semi-Intersektionalität: Fallstricke des Feminismus in postkolonialen Zeiten. In: Feministische Studien, Jg. 38, Heft 1/2020, S. 75-92.
Seit Jahren scheinen identitätspolitische Positionen gesellschaftliche, politische und kulturelle Debatten zu dominieren. Für Vertreter der Identitätspolitik ist das politische Feld durch die Differenz und Konkurrenz verschiedener kollektiver Identitäten geprägt.
Aus einer linken, emanzipatorischen Sicht leugnen identitätspolitische Positionen den Widerspruch zwischen Individuum und Gesellschaft (respektive zwischen dem Individuum und „seiner Kultur“) sowie soziale Unterschiede innerhalb ein und derselben „Kultur“. Und bedeuten die Preisgabe des Anspruchs auf die Emanzipation der Gesellschaft als ganzer – mit anderen Worten: Das Ende des linken Projekts.
Sama Maani, Dr., lebt heute – nach jahrelanger Tätigkeit als Nervenarzt und Psychoanalytiker – als freier Schriftsteller in Wien. Publikationen (u.a.): Zizek in Teheran (Roman, 2021), Warum ich über den Islam nicht mehr rede (Essayband 2022)
Das Kopftuch machte in den letzten Jahren eine Bedeutungsmetamorphose durch. Es wurde zu einem Identitätsmerkmal des Islam und die Frau, die es trägt zum Sinnbild der Diversity. Gleichzeitig wird die verschleierte Frau als Opfer wahrgenommen. Sie ist eine Frau, (meistens) Migrantin und Muslimin. Kein Wunder, dass die verschleierte Frau unantastbar ist und das Kopftuch zum Symbol des Kampfes des intersektionalen Feminismus gegen den althergebrachten Feminismus avanciert ist. Doch – steht das Kopftuch wirklich für die Befreiung der Frau? Müssen wir diese Deutung akzeptieren? Was ist mit dem politischen Islam, der seinerseits das Kopftuch als sein Symbol versteht? Und was machen wir mit dem Widerspruch zwischen der emanzipierten Kopftuchträgerin und der mehrfachen Opferrolle?
Lale Akgün, Dr., Dipl. Psychologin und Autorin, ist Senior Fellow an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. Sie studierte Medizin, Psychologie und Völkerkunde in Marburg/Lahn.
Sie saß zwei Legislaturperioden für den Kölner Süden im Deutschen Bundestag und war dort für die Themen Europa und Innenpolitik zuständig, außerdem islampolitische Sprecherin ihrer Fraktion. Sie ist eine fundierte Kennerin der islamischen Szene in Deutschland und hat dazu zwei Bücher veröffentlicht. „Aufstand der Kopftuchmädchen“ (2011) und „Platz da! Hier kommen die aufgeklärten Muslime“ (2018).

Intersektionalität wird in Form von Diversität inzwischen in vielen gesellschaftlichen Institutionen als normatives Konzept implementiert. Diese müssen sich nun zunehmend dem Problem stellen, dass Personen insbesondere aufgrund von Geschlecht, Race/Ethnizität, Klasse, Behinderung, Alter und/oder Religion gesellschaftliche Diskriminierungen erfahren. Der Fokus meines Vortrags liegt zum einen auf der normativen Entwicklung von Diversity und damit von Intersektionalität als normativem Konzept. Zum anderen gilt es aufzuzeigen, was das als normativer Anspruch im Alltag für die Organisationskultur z.B. von Universitäten sowie für das individuelle Verhalten der Personen bedeutet und welche Probleme dies mit sich bringt.
Andrea Maihofer, Prof. Dr. em., war von 2001-2020 Professorin für Geschlechterforschung und Leiterin des Zentrums Gender Studies an der Universität Basel. Außerdem war sie von 2010-2018 Präsidentin der Schweizerischen Gesellschaft für Geschlechterforschung (SGGF) sowie von 2018-2020 Leiterin des ThinkTanks Gender & Diversity. Forschungsschwerpunkte sind Kritische Gesellschafts- und Geschlechtertheorie, Wandel und Persistenz von Geschlecht und Geschlechterverhältnissen, hier: aktuell Rechtspopulismus und Männlichkeit.
In der rechtsextremen Szene der 1920er Jahre konkurrierten unterschiedliche Männlichkeitsentwürfe: Misogyne Männerbündler und völkische Familienväter stritten sich um die germanische Männlichkeit. Gemeinsam aber war ihnen der Kampf gegen Modernisierungsprozesse der Geschlechterordnung, die als „Verjudung“ interpretiert wurden. Im Nationalsozialismus wurde dann unter dem Vorzeichen der Volksgemeinschaft eine „neue Synthese“ der Geschlechter verhießen, die frei sei von den zersetzenden Einflüssen der Frauenemanzipation, aber auch von jeder frauenfeindlichen „Lüsternheit“. Heute richtet sich die "antigenderistische" Stoßrichtung im politischen Spektrum vom Rechtsextremismus bis zum Rechtsliberalismus gegen staatliche Gleichstellungspolitik, Sexualkundeunterricht, feministische und queere Kritik. Verschwörungstheoretisch wird eine „Gender-Lobby“ als dahinter treibende dunkle Kraft vermutet, welche die Deutschen umerziehen will – wieder finden sich (strukturell) antisemitische Assoziationen. Scheinbar paradox wird aber gleichzeitig oftmals die Ablehnung von „Frauenunterdrückung“ und Judenfeindschaft demonstrativ betont. Man stehe hier ganz im Gegensatz zu „den Moslems“. Die Muslim_innenfeindlichkeit dient als Ausweis der Anti-Nazi-Gesinnung.
Diese intersektionalen Verwobenheiten von Rassismus, Sexismus und Rassismus werden in der Vorlesung auf ihre Psychoadynamiken hin hinterfragt: Was macht die ideologischen Angebote affektiv attraktiv?
Sebastian Winter, Dr., ist LfbA am Lehrstuhl für Soziologie der Universität Passau und Privatdozent für Soziologie und Sozialpsychologie an der Leibniz Universität Hannover. Er ist Mitherausgeber der "Zeitschrift für Rechtsextremismusforschung" und der "Freie Assoziation. Zeitschrift für psychoanalytische Sozialpsychologie". Seine Arbeitsschwerpunkte sind u.a.: Sozialpsychologie von Gemeinschafts- und Feindbildungsprozesse, insb. Antisemitismusforschung; rechtsextreme Geschlechter- und Sexualitätsentwürfe; Misogynie und männliche Gewalt.

The aim of this lecture is to present some issues related to intersectionality and identity debates in Brazil. We will see them against the background of their historical development, from the 1970s onwards, and how they became a heated topic in Brazilian politics nowadays. To understand these debates, that is, the uses (and abuses) of gender, race, and, more recently, intersectionality, we will pursue two analytical levels: how the terms develop and are challenged both in the broader public discourse and in academic and intellectual venues. We will disentangle the traps and potentialities of contested issues that are at the heart of many controversies which are not exclusive to Brazil, but that here acquire particular traits and implications.
Ana Claudia Lopes, PhD, is Adjunct Professor of Philosophy at the Federal University of Bahia (Brazil) and Post-Doctoral Researcher at the Department of Philosophy at the University of São Paulo (Brazil). She works on ethics and political philosophy, critical theory, gender and feminism. She has earned a Ph.D. in philosophy from the University of Campinas in 2019 with a dissertation on the relationship between practical philosophy and Critical Theory in the work of Seyla Benhabib. She was a visiting researcher at the Cluster of Excellence "The Formation of Normative Orders" at the Goethe University (Germany) (2014/2018). She also works as a translator, being one of the translators of Situating the Self (Seyla Benhabib, 1992) and Justice Interruptus (Nancy Fraser, 1996) to Brazilian Portuguese. She contributed a chapter to the recently published Kritische Theorie und Feminismus, edited by Karin Stögner and Alexandra Colligs.
Die Ringvorlesung wird gefördert von der Universitätsfrauenbeauftragten Prof. Dr. Andrea Sieber.
Diversity and Fairness in Artificial Intelligence
Kann künstliche Intelligenz (KI) diskriminieren? Wie kann mit Bias in Maschine Learning Modellen umgegangen werden? Und wie kann eine faire und diversitätssensible KI aussehen?
Mit diesen und weiteren Fragen befasst sich die interdisziplinäre Vortragsreihe „Diversity and Fairness in Artificial Intelligence“, die im Wintersemester 2021/22 unter Leitung von Vizepräsidentin Prof. Dr. Christina Hansen in Zusammenarbeit mit dem Referat Diversity und Gleichstellung stattfindet.
Die Vorträge finden überwiegend dienstags von 18:15 bis 19:45 Uhr via Zoom statt und stehen allen Interessierten offen. Die Vorträge werden teilweise in deutscher, teilweiser in englischer Sprache gehalten.
Programm
Podiumsgäste:
- Prof. Dr. Florian Lemmerich, Universität Passau;
- Miriam Rateike, Max Planck Institute for Intelligent Systems;
- Theresa Tran, Lufthansa Industry Solutions
Moderation: Isabella Graßl, Universität Passau
Die Auftaktveranstaltung wird organisiert vom MINT-Frauennetzwerk der Universität Passau in Kooperation mit Femtec Alumnae e.V..
English language translation will be provided.
Die Ungleichbehandlung gleicher Sachverhalte sowie die Gleichbehandlung ungleicher Sachverhalte geschieht auf individueller Ebene oft unbewusst – und bleibt dabei unerkannt. Selbstlernende Algorithmen, die entsprechende Entscheidungen auswerten, werden aber schnell die zugrundeliegenden Muster erkennen und die entsprechende Schematisierung in die Masse tragen, wo sie offensichtlich werden. Bei trivialen Unterscheidungsmerkmalen lässt sich dies erkennen und korrigieren – allerdings gibt es auch Fälle mittelbarer und verdeckter Diskriminierung, bei denen auch denjenigen, die den Algorithmus überprüfen oder überwachen die Folgen nicht sofort erkennbar sein dürften. Für die Nutzer entsprechender Algorithmen, aber auch für diejenigen, die Vorgaben schaffen oder diese überwachen bzw. nachträglich durchsetzen müssen, stellt sich daher die Frage, wann und wie eine Ungleichbehandlung vorab vermieden werden kann bzw. muss oder umgekehrt eine staatliche Sanktionierung erfolgt oder eine Wiedergutmachung zu leisten ist. Die dahinterstehende Abwägung ist keineswegs trivial: Wenn selbst ein nicht-lernender Algorithmus kann unerkannte (mittelbar) diskriminierende Folgen haben, würde man den Entwicklern bzw. Betreibern kaum einzuhaltende Sorgfaltspflichten auferlegen.
Referent: Prof.Dr. Michael Beurskens
Dieser Vortrag findet auf deutsch statt.
Künstlich intelligente Systeme sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Sie beeinflussen uns stärker, als es vielen Menschen bewusst ist. Neuartige Methoden des Maschinellen Lernens, insbesondere vielschichtige, künstliche neuronale Netze, haben in den letzten Jahren neuen Produktkategorien wie Sprachassistenten, selbstfahrenden Autos oder Chatbots zu erheblicher Verbreitung verholfen. Vielen Firmen, aber auch Endnutzern ist dabei nicht bewusst, dass diese Systeme nicht frei von Vorurteilen und anfällig gegenüber speziellen Manipulationsversuchen sind, man bezeichnet dies als Bias-Effekte. In meiner Vorlesung hinterfrage ich den Hype um Künstliche Intelligenz (KI) als Heilbringer einer digitalen und automatisierten Gesellschaft kritisch. Anhand aktueller Studien, relevanter Expertenaussagen und einem detaillierten Praxisbeispiel verdeutliche ich, dass neben der Leistungsfähigkeit künstlich intelligenter Systeme andere Qualitätsmerkmale wie die Robustheit gegenüber Diskriminierungstendenzen und ungewolltem Fehlverhalten eine wichtige Rolle einnehmen werden.
Referentin: Claudia Pohlink, Telekom Innovation Laboratories
Dieser Vortrag findet auf deutsch statt.
Natural Language Processing is a branch of computer science that deals with the automated processing of human language, in text or speech data. Typical tasks include, for example, performing automatic spelling and grammar checking, automatically extracting information from large amounts of data (text mining), or performing linguistic communication with a user (e.g., voice control). Machine learning is often used to efficiently overcome such challenges and to provide the computer with the best possible understanding of human language. What happens when social stereotypes are hidden in language models is what this talk deals with. There will also be a brief background on machine learning and bias in AI systems at the beginning.
Referentin: Prof. Dr. Mascha Kurpicz-Briki, Bern University of Applied Sciences
Dieser Vortrag findet auf englisch statt.
Die umfassende Technologisierung verändert die vielen Lebensbereiche des menschlichen Lebens. Mit dem Gebrauch von Technik verändert sich zugleich unser Menschen- und Körperverständnis. Wie beeinflusst Technik, wie wir den Menschen verstehen? Der Vortrag legt einen besonderen Fokus auf das Thema ‚Diversity‘ in der Technologisierung und behandelt es aus anthropologischer und ethischer Perspektive.
Wo mangelt es an Vielfalt in der Technologisierung und wie kann sie gefördert werden? Zum einen wird aufgezeigt, wie mangelnde ‚Diversity‘ eine Herausforderung in Technikprozessen darstellt, zum anderen wird herausgestellt, wie Technik gerade auch eine Chance für mehr ‚Diversity‘ sein kann. Es wird für ein inklusiveres, relationales Menschen- und Körperverständnis plädiert. Neben technikfeministischen Ansätzen und Perspektiven auf ‚Gender‘ und Intersektionalität wird der Blick im Rahmen einer Anthropozentrismuskritik auch auf das Mensch-Tier-Mitwelt-Verhältnis geworfen. In Anlehnung an den Kritischen Posthumanismus und Donna Haraways Figur der „Cyborg“ wird dargestellt, dass es im Zuge der technologischen Entwicklungen zu Grenzverschwimmungen von tradierten Kategorien wie ‚Frau‘–‚Mann‘, ‚Mensch‘–‚Tier‘–‚Maschine‘ oder ‚Natur‘–Kultur‘ kommt.
Referentin: Anna Puzio, Universität Münster, Hochschule für Philosophie München
Dieser Vortrag findet auf deutsch statt.
The lecture will focus on the types of harms brought upon by the development or deployment of narrow AI systems as well as the way those harms are taken into account, both by existing laws and stakeholders (notably businesses). The adopted perspective will mix ethics of AI systems (ethics and philosophy), applied ethics, business and human rights as well as European law.
Referentin: Imane Bello, Institut d’Etudes Politiques de Paris
Dieser Vortrag findet auf englisch statt.
Diskurse um Künstliche Intelligenz sind eng verbunden mit der Projektion von ethnischen und geschlechtlichen Merkmalen auf digitale Technologien. Solche kennen wir aus Klassikern des KI-Filmes ebenso wie aus aktuellen Diskursen über Assistenzsysteme wie Alexa und co., und sie bilden auch einen zentralen Bezugspunkt der feministischen Theorie. Im Rahmen dieser Diskurse werden Dichotomien wie 'Natur vs. Kultur', 'Emotionalität vs. Rationalität' oder 'Macht vs. Ohnmacht' in technischen Kontexten einerseits reproduziert, anderseits jedoch auch unterlaufen, was Gelegenheiten zu ihrer kulturellen Neuverhandlung bereithält. Entsprechend wird der Vortrag mit einem Blick auf entsprechende Topoi im KI-Film beginnen, diese mit poststrukturalistischer Theoriebildung kontrastieren und auf dieser Grundlage die medialen Interfaces von KI in Alltagskontexten (Beruf, Pflege, Familie) sowie ihre Vermarktung kritisch diskutieren. Ein besonderes Augenmerk wird auf der Frage liegen, was Reflexionskompetenz in diesem Zusammenhang bedeuten könnte.
Referent: Dr. Martin Hennig, Universität Tübingen
Dieser Vortrag findet auf deutsch statt.
Beim MINT Frauennetzwerktreffen am 24.1.2022 diskutieren wir gemeinsam mit Die Juristinnen* und externen Rechtsexpertinnen, Schnittstellen zwischen Legal Tech und KI, die Beeinflussung der KI in der Legal Branche sowie über KI und Ethik. Ein besonders Augenmerk wird zudem auf dem Thema Diskriminierung durch KI liegen, wobei insbesondere Diskriminierung von Frauen durch KI besonders in den Blick genommen werden wird. Zudem wollen wir über Möglichkeiten, eine feministische KI zu gestalten sprechen und hierüber mit allen Teilnehmerinnen in den Austausch kommen. Gerne können vorab Fragen per E-Mail an das MINT Frauennetzwerk geschickt werden, die wir im Zuge der virtuellen Veranstaltung zu beantworten versuchen werden.
Anmeldung für Teilnehmerinnen der Universität Passau per StudIP, externe Anmeldungen bitte an: mint-frauen@uni-passau.de.
Diese Veranstaltung findet auf deutsch statt.
Datengetriebene Technologien bestimmen unseren Alltag. Hierbei spielen Big Data Analytics und Künstliche Intelligenz eine Schlüsselrolle. Können Algorithmen zu mehr Fairness oder Diskriminierung beitragen? Und welche Rolle spielt Diversity in der Künstlichen Intelligenz, um inklusive Technologien zu entwickeln? Diese und weitere Fragen wird Mina Saidze, Forbes 30 under 30 Gründerin von Inclusive Tech, beantworten als auch Beispiele aus der Praxis vorstellen.
Referentin: Mina Saidze, Gründerin von Inclusive Tech
Anwendungen und Produkte mit Künstlicher Intelligenz beeinflussen bereits den Alltag von Millionen von Menschen, z.B. durch die Verwendung von Sprach-Assistenten oder durch Vorschläge beim Online-Shopping. KI-Tools und -Dienste empfehlen medizinische Behandlungen, übersetzen Dokumente in hunderte von Sprachen, entscheiden über Kredite, geben Empfehlungen beim Anwerben von Mitarbeitern, beim Wiedereingliedern von Arbeitslosen in den Arbeitsmarkt oder machen Vorhersagen über die Rückfälligkeit von Straftätern, um nur einiges zu nennen. Viele dieser Systeme zielen auf eine größere Objektivität, als man sie von menschlichen Entscheider*innen in der Vergangenheit erwarten konnte. Einige dieser Systeme erfüllen durchaus ihren Zweck. Mittlerweile ist aber bekannt, dass mehrere KI-Systeme z.B. Menschen mit dunkler Hautfarbe oder aufgrund des Geschlechts diskriminieren oder in der Vergangenheit diskriminiert haben.
Oft liegt das Problem in falschen oder fehlenden Trainingsdaten, an unzureichenden Tests oder in mangelnder Qualitäts-Kontrolle. Eine Studie des New Yorker AI Now Instituts aus 2019 kommt darüber hinaus zu dem Schluss, dass die KI-Branche in einer Diversitätskrise steckt. In der Studie wird befürchtet, dass die Entwickler der KI-Systeme ihre Vorurteile unbewusst fortschreiben. Diskriminierung von Minderheiten und Frauenfeindlichkeit finden sich nicht nur in der Zusammensetzung der Entwickler-Teams oder in der Kultur der Unternehmen, sondern auch in den Systemen selbst. Als Beispiel für Frauenfeindlichkeit werden hier neben Gesichtserkennungssoftware Sprach-Assistenzsysteme wie Amazons Alexa, Apples Siri oder Googles Assistant betrachtet. Ein Unesco Bericht aus 2019 kommt bezügliche der Sprach-Assistentinnen zu folgender Aussage: „Die Verknüpfung einer weiblichen Stimme mit Eigenschaften wie Geduld, Unterwürfigkeit und wenig komplexen Antworten kann diese in der gesellschaftlichen Wahrnehmung zu weiblichen Eigenschaften machen. Auch ist noch vollkommen unklar, wie sich Sprachassistenten langfristig auf das Rollenverständnis und Verhalten von Kindern auswirken.“
Wissenschaftliche Untersuchungen von KI-Systemen und sich daraus ergebende Hinweise auf Fehlinterpretationen oder problematische Entscheidungen durch KI-Systeme haben bereits zu einigen Verbesserungen geführt. Nicht immer sind die Vorschläge algorithmischer Entscheidungssysteme für die Betroffenen nachvollziehbar. Immer öfter wird deshalb Transparenz und Fairness der Systeme gefordert. Nicht zuletzt zielen auch die Regulierungsvorschläge der EU Kommission in diese Richtung. KI-Systeme selbst können nicht zwischen sinnvollen und sinnlosen Ergebnissen, zwischen fairen und diskriminierenden Resultaten unterscheiden. Sie haben kein Bewusstsein und können nicht in einem größeren gesellschaftlichen, politischen oder humanitären Kontext „denken“. Es reicht daher nicht aus, die Lösung der Probleme alleine den Tech-Firmen zu überlassen. Diese Fragen betreffen nicht nur die Tech-Industrie, Regierungen oder NGOs. Damit KI-Systeme zum Wohl der Menschheit eingesetzt werden, braucht es die kritische Stimme jedes Einzelnen, jeder Einzelnen, deren Leben KI-Tools und -Dienste beeinflussen.
Referentin: Prof. Dr. Gudrun Schiedermeier, Hochschule Landshut
Informationen zu den Referent*innen:

Imane Bello is a lawyer at the Paris Bar. She mainly advises on compliance and artificial intelligence (governance, risk management, ethics), human and digital rights as well as digital criminal law and personal data protection. Imane Bello teaches ethics and politics of artificial intelligence systems at the Political Studies Institute of Paris and was named one of the 100 Brilliant Women in AI Ethics for 2021.

Prof. Dr. Michael Beurskens ist seit 2018 Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Deutsches, Europäisches und Internationales Wirtschaftsrecht an der Universität Passau; neben der deutschen Befähigung zum Richteramt hat er auch einen Masterabschluss an der University of Chicago sowie die Anwaltszulassung für den Staat New York sowie einen deutschen Master im Gewerblichen Rechtsschutz erworben. Er beschäftigt sich bereits seit Jahrzehnten zunächst in Düsseldorf und Bonn und heute in Passau mit vielfältigen Fragen der Digitalisierung, auch aus interdisziplinärer Sicht. Dazu gehören nicht nur die aktuell heiß diskutierten Fragen der Diskriminierung durch die Algorithmen großer Onlineplattformen, sondern auch allgemeine Anforderungen an Haftung, Transparenz und Regulierbarkeit bei selbstlernenden Systemen und Automatisierung. Er ist Studiengangsleiter des Bachelor-Studiengangs Legal Tech und bietet u.a. eine Veranstaltung Softwareentwicklung für Juristen an; zudem entwickelt er selbst Computeranwendungen (etwa ein Onlineklausurportal oder eine E-Learning-Plattform) und unterstützt eine Anwaltskanzlei als Off-Counsel bei konkreten Fallkonstellationen aus der Rechtsanwendungspraxis.

Dr. Martin Hennig ist Medienkulturwissenschaftler. 2016 promovierte er mit der Arbeit Spielräume als Weltentwürfe. Kultursemiotik des Videospiels (Marburg: Schüren 2017). In den letzten Jahren arbeitete er als Postdoc am DFG-Graduiertenkolleg 1681/2 „Privatheit und Digitalisierung“ und vertrat 2019–2020 den Lehrstuhl für Medienkulturwissenschaft (Schwerpunkt: Digitale Kulturen) an der Universität Passau. Aktuell ist er Postdoc am Internationalen Zentrum für Ethik in den Wissenschaften an der Universität Tübingen. Aktueller Forschungsschwerpunkt: Narrative der Digitalisierung (KI, Simulation, Überwachung) in fiktionalen und faktualen Mediendiskursen. Arbeitsbereiche: Digitale Kulturen, Narratologie, transmediales und serielles Erzählen, Medien- und Kultursemiotik, mediale Entwürfe von Gender und kultureller Identität, Raum- und Subjekttheorie.

Dr. Mascha Kurpicz-Briki promovierte im Bereich energieeffizientes Cloud Computing an der Universität Neuchâtel. Nach ihrem Doktorat arbeitete sie einige Jahre in der Industrie in den Bereichen Open-Source-Engineering, Cloud Computing und Analytik. Heute ist sie Professorin für Data Engineering und stellvertretende Leiterin der Forschungsgruppe für angewandte maschinelle Intelligenz an der Berner Fachhochschule in der Schweiz. Sie erforscht, wie digitale Methoden und insbesondere die Verarbeitung natürlicher Sprache auf soziale und gemeinschaftliche Herausforderungen angewendet werden können.
Kontakt:
mascha.kurpicz@bfh.ch

Prof. Dr. Florian Lemmerich ist Professor für Angewandtes Maschinelles Lernen an der Universität Passau. Nach seiner Promotion 2014 an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg, war er 2015-2017 als Postdoc bei GESIS – Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften in Köln und danach bis 2021 an der RWTH Aachen am Lehrstuhl für Computational Social Sciences and Humanities tätig. Im Zentrum seiner Forschung stehen die Entwicklung und Anwendung von Methoden Maschinellen Lernens, die auf die besonderen Anforderungen des Maschinellen Lernens gemeinsam mit Menschen und auf Daten von und über Menschen eingehen.

Mit einem Hintergrund in Datenwissenschaft, Datenmanagement sowie Innovationsmanagement verbindet Claudia Pohlink nahtlos betriebswirtschaftliche und datenwissenschaftliche Aspekte der Analytik und Künstlichen Intelligenz (KI).
Claudias Team in den Telekom Innovation Laboratories (T-Labs), der Forschungseinheit der Deutschen Telekom, treibt die Adaption von KI-Methoden wie dem maschinellen Lernen (ML) über relevante Geschäftsbereiche hinweg voran. Hauptforschungsschwerpunkt ist die Anwendung von Quantencomputing, sowohl im Bereich der Cybersicherheit als auch rund um Anwendungsfälle der Nachhaltigkeit. Da die T-Labs die KI im Jahr 2017 als Innovations-Kernbereich etabliert haben, gehört die Forschungseinrichtung der Deutschen Telekom zu den aktivsten Akteuren der KI in Berlin.
Projekte aus Claudias früherer Position im Chief Data Office der Deutschen Telekom sind unter anderem das 'Data Cockpit' (Datentransparenz und Datenkontrolle für Endkunden) und ein 'Portal for Intelligence & Analytics' (interne Community für Daten und KI-Anwendungsfälle). Claudia ist Mitglied des Bitkom-Boards für Künstliche Intelligenz. Darüber hinaus spielt sie eine aktive Rolle in der Berliner KI/ML- und Start-up-Community und gibt ihr Wissen regelmäßig als Gastrednerin bei Industrieveranstaltungen und als Gutachterin an den Berliner Universitäten sowie bei Kinderveranstaltungen und an Schulen weiter. Im Jahr 2019 wurde sie als eine der Global Women Leaders in KI geehrt.

Anna Puzio ist Philosophin, Theologin und Germanistin an der Hochschule für Philosophie München und der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Ihre Forschungsschwerpunkte sind die Technikanthropologie und Technikethik. Ihre Dissertationsschrift behandelt die Anthropologie des Transhumanismus aus philosophischer und interdisziplinärer Perspektive.
Innerhalb der Technikanthropologie und -ethik forscht sie außerdem zum Wandel des Menschen- und Körperverständnisses, zur Sozialethik, zu Körperoptimierung und Schönheitsbestrebungen, zu Human Enhancement und Medizinethik, Kritischem Posthumanismus, ‚Diversity‘ und dem Mensch-Tier-Verhältnis.
Sie ist Stipendiatin der Hanns-Seidel-Stiftung und Gründerin von „neth:KI“, des wissenschaftlichen „Netzwerks für Theologie und KI“.
Website: www.anna-puzio.com
Kontakt: anna.puzio@uni-muenster

Miriam Rateike ist Doktorandin am Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme in Tübingen und Wissenschaftliche Mitarbeitern am Lehrstuhl für Maschinelles Lernen von Prof. Isabel Valera an der Universität des Saarlandes. Ihre Forschung konzentriert sich auf die Entwicklung von Algorithmen für faire Entscheidungsfindung unter realistischen Annahmen. Sie interessiert sich besonders für die Schnittstelle von Kausalität und Fairness.

Mina Saidze ist eine mehrfach ausgezeichnete Gründerin, Data Evangelist und Publizistin. Das Wirtschaftsmagazin Forbes kürte sie als eines der vielversprechendsten Talente der „30 unter 30“ in der Kategorie Tech.
Mit Inclusive Tech hat sie die europaweit erste Organisation für Diversity und Inclusion in der Tech-Branche gegründet. Für Europas größtes Verlagshaus Axel Springer saß sie bereits beratend im Beirat für Jugend. Ihr Wissen im Bereich KI-Ethik und Data Analytics gibt sie als Dozentin an der Hamburg Media School und als Spiegel-Fellowship-Mentorin weiter.

Dr. Gudrun Schiedermeier studierte Informatik an der Technischen Fakulttät der Friedrich Alexander Universität in Erlangen. 1986 promovierte sie dort am Lehrstuhl von Prof. Dr. Hans-Jürgen Schneider. Danach arbeitete sie am Europäischen Zentrum für Netzwerkforschung von IBM in Heidelberg sowie bei IBM in Palo Alto, Kalifornien. Nachach folgten Tätigkeiten in der Unix Systemadministration, als EDV Counsultant sowie Lehraufträge an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Landshut. Von 1998 bis 2020 war sie Professorin an der Hochschule in Landshut. Sie lehrte dort zuletzt im Bachelor Softwareentwicklung mit Java und Robotik im Master. Über die Robotik kam sie auf die technischen Möglichkeiten, aber auch gesellschaftlichen Herausforderungen von KI-Systemen. Seit ihrer Pension im Herbst 2020 bietet Frau Schiedermeier im Studium Generale der Hochschule Landshut Seminare zum Thema „Ethische Aspekte der KI – Chancen, Grenzen und Herausforderungen für Technik, Politik und Gesellschaft“ an. Während ihrer aktiven Zeit war Frau Schiedermeier Mitglied im Lenkungskreis Diversity der HAW Landshut. Die Förderung von jungen Frauen und Mädchen war ihr während der gesamten Berufszeit ein Anliegen, für das sie sich sowohl als Frauenbeauftragte der Fakultät, als Hochschulfrauenbeauftragte, als Vizepräsidentin für Lehre und Studium sowie als Landessprecherin der Frauenbeauftragten (FH) intensiv einsetzte.
Kontakt: Gudrun.Schiedermeier@haw-landshut.de

Theresa Tran ist Data Science Consultant bei der IT-Beratung Lufthansa Industry Solutions. Für ihre Masterthesis "A Game Theoretical Approach to Explainable Machine Learning" erhielt sie 2019 den Frauen-MINT-Award der Telekom. In ihrer Freizeit setzt sie sich dafür ein, Mädchen und Frauen für den MINT-Bereich zu begeistern, u.a. ist sie engagiertes Mitglied im Femtec.Alumnae e.V. (kurz FTA).
Die Ringvorlesung wird gefördert von Frau Prof. Dr. Christina Hansen, Vizepräsidentin der Universität Passau.
Mapping the Margins, Revisited: Intersectionality and American Studies
Prof. Dr. Karsten Fitz, Professur für Amerikanistik/Cultural and Media Studies
Die interdisziplinäre Vorlesungsreihe „Mapping the Margins, Revisited: Intersectionality and American Studies“ befasst sich mit dem Thema Intersektionalität, indem einzelne Segmente der US-amerikanischen Literatur- und Kulturgeschichte in den Blick genommen werden. Als theoretischer Rahmen, der untersucht, wie Aspekte der sozialen und politischen Identität einer Person (z. B. Geschlecht, Einwanderungsgeschichte, Klasse, Nationalität, Sexualität, Religion, Behinderung, Alter, physische Erscheinung usw.) interagieren können, beschreibt Intersektionalität die Überlappung und Gleichzeitigkeit von verschiedenen, aber miteinander verbundenen Formen der Diskriminierung und Privilegien einer Person.
Die Brutalität der Polizei gegen Schwarze Menschen und People of Color in den USA (und darüber hinaus) in den letzten Jahren ist nur ein aktuelles prominentes Beispiel für strukturelle und systemische Diskriminierung. Mehr als dreißig Jahre nachdem der Begriff Intersektionalität von der US-amerikanischen Professorin für Rechtswissenschaft und Bürgerrechtsanwältin Kimberlé Williams Crenshaw (1989) geprägt wurde, hat das Konzept weltweite Aktualität und weit verbreitete transdisziplinäre akademische Anziehungskraft erlangt. Wir nehmen dies als Anlass und Ausgangspunkt, um US-amerikanische kulturelle und literarische Werke über Medien, Genres, Texttypen und Epochen hinweg (erneut) zu untersuchen.
Die Vorträge finden jeweils montags von18 bis 20 Uhr via Zoom statt und stehen allen Interessierten offen. Alle Vorträge der Ringvorlesung finden auf Englisch statt.
Programm
Datum | Vortrag |
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12.04.2021 | Prof. Dr. Karsten Fitz, American Studies, University of Passau |
19.04.2021 | Vanessa Vollmann, PhD student, American Studies, University of Passau |
26.04.2021 | Alexandra Hauke, American Studies, University of Passau |
03.05.2021 | Dr. Chelsea Mikael Frazier, Department of Literatures in English, Cornell University |
10.05.2021 | Bettina Huber, American Studies, University of Passau |
17.05.2021 | Dr. Viola Huang, History Education & American Studies, University of Passau |
31.05.2021 | Florian Zitzelsberger, American Studies, University of Passau "Contesting Realness, or: Drag Race is Burning" |
07.06.2021 | Kai Prins, Department of Communication Arts, University of Wisconsin-Madison "The Gay-te Keepers at the Fourth Wall: Queering the Borders of the Drag Stage" |
14.06.2021 | Prof. Dr. Alisa Kessel, Department of Politics and Government, University of Puget Sound |
21.06.2021 | Prof. Dr. Rebecca Brückmann, History of North America and its Transcultural Context, Ruhr-Universität Bochum "Towards an Intersectional History of White Supremacy and the Black Freedom Struggle" |
28.06.2021 | Prof. Dr. Karin Stögner, Sociology, University of Passau "Intersectionality and Antisemitism - A Critical Approach" |
05.07.2021 | Thomas Stelzl (plus Passau team), American Studies, University of Passau "Where Are We Today? - Assessing three Decades of Intersectionality Discourse" |
Abstract:
Lin-Manuel Miranda’s Broadway musical Hamilton can be viewed as a text that reclaims the framer narrative “for those who were left out” (Romano 2016) as it deconstructed, for the first time, in the eyes of many, in a widely received popular text, the elitist, exceptionalist White male founder narrative. It is surely uncontested that the women of Color framer narrative constitutes one of the narratives that has long been left out. By reading the musical through an intersectional Critical Race Feminist lens, this presentation illustrates how Hamilton deconstructs the Founding Father myth of contemporary America and reclaims it for women by colorbending, genderbending, and genre-bending the narrative through the characters of Eliza Hamilton, Angelica Schuyler, and Maria Reynolds. At the intersections of gender and race, the representation of these characters sheds light on tropes that affect specifically women of Color identities and establishes Eliza’s character as a Republican Mother of Color, a Founding Mother of Color.
Abstract:
Over the past 20 years intersectionality has gathered significance across disciplines. Based on thoughts and critique of black feminists, intersectionality in the late 1980s addressed the combined disadvantage of being both black and female in a concrete juridical context. Since then intersectionality has become a travelling concept and was thus transferred and broadened into an analytical framework, a theoretical and methodological paradigm, and into social action such as society-and work-centered movements or legal and policy advocacy.
Intersectionality as an analytical framework illuminates the social inequalities that arise for and marginalize African American women at the intersection of race, gender, and class. Impoverished black mothers in particular have been excessively stigmatized within the welfare discourse. Prominent example is the powerful narrative of the Welfare Queen, which morally judges and denigrates black mothers and as such serves to justify supervisory and punitive approaches in welfare policies. This presentation scrutinizes the genealogy and history of the long lasting controlling image of the Welfare Queen, which in turn plays a crucial role in how programs commonly termed welfare are perceived and consequently designed.
Bio:
Grit Grigoleit is principal investigator in the BMBF-funded research project “'Welfare Queens' and 'Losers': eine intersektionale Untersuchung zur Wirkungsweise von Rasse und Geschlecht und deren Reproduktion im US-amerikanischen Wohlfahrtsstaat“. In this project she investigates how the intersection of race, gender, and class structure and determine the U.S. welfare system for generations and thus produce inequalities and different outcomes for racial groups. Prior to this she conducted research on migration and gender issues at the Helmut Schmidt University Hamburg, Hamburg University of Technology as well as at Texas A&M in College Station, Texas.
Abstract:
The history of the United States is replete with violence against underprivileged groups. At the same time, the alleged “discovery of America” has its roots in the domination of lands that became known as “the New World,” allowing settlers to conquer both territory and people at the same time. This became one of the earliest iterations of the interconnectedness between the oppression of the American ecologies and social-cultural-political “Others” that disciplines such as ecofeminism and intersectional environmentalism continue to expose and scrutinize. The Puritan ideologies that developed from this takeover are largely identified with religious discourse that heralded the Biblical Adam as the new “American hero” and Eve’s “primal crime,” which caused the fall of the Garden of Eden, as justification for the alleged insubordination of women as well as yet another reason for interlinking woman and land—both seen as inferior. American narratives of all eras, genres, and media have since negotiated this gendered space wherein the environment is always already identified with female—and thus stereotypically feminine—biologies, ecologies, and behaviors. In this lecture, I will read both classic and contemporary American cultural productions, from Nathaniel Hawthorne’s The Scarlet Letter (1850) to Disney’s Moana (2016), across theorizations of ecofeminism and/as intersectional environmentalism to raise awareness of and question the enduring and essentialist interconnected disenfranchisement of subordinated groups (among them women) and nature.
Bio note:
Alexandra Hauke is a lecturer in American Studies at the University of Passau, where her research and teaching focus on ecofeminism, Indigenous studies, folk horror, film studies, and digital cultures. She has written and published on American ecofeminist gothic and horror fiction, law and legal cultures in Native American detective fiction, blackness in horror film, utopian idealism in dystopian literature as well as self-branding on YouTube, and has co-edited essay collections on Native American survivance, 21st-century Canadian literatures and politics as well as the post-truth era in the United States.
Abstract:
The prevailing disciplinary and theoretical frameworks for comprehending black feminist subjectivity and its integral relationship to world/land/territory/earth-ethics are impoverished. We can address this impoverishment by turning to black women cultural producers like author Octavia Butler and visual artist Wangechi Mutu to configure a heteromorphic understanding of the social, political, and physical worlds we currently inhabit.
Through narrative and visual culture, Mutu and Butler articulate political ecologies that move beyond the limited correctives made available through the conventions of Western formal politics. Moreover, I argue that Butler and Mutu disrupt environmental studies frameworks informed by colonial European notions of ‘the political.’ These disruptions allow both visionaries to reconstitute the (un)limits of humanity and construct alternative conceptions of ecological ethics within our present world and beyond it.”
Bio note:
Chelsea Mikael Frazier is a Black feminist ecocritic—writing, researching, and teaching at the intersection of Black feminist theory and environmental thought. As Founder and Chief Creative Officer at Ask An Amazon she designs educational tools, curates community gatherings, gives lectures, and offers consulting services that serve Black Feminist Fuel for Sustainable Futures. She is also a Faculty Fellow in the Cornell University Department of English and in the Fall of 2021 she’ll begin her tenure-track appointment as an Assistant Professor of African American Literature.
Her scholarship, teaching, and public speaking span the fields of Black feminist literature and theory, visual culture, ecocriticism, African art and literature, political theory, science and technology studies, and Afrofuturism.
She is currently at work on her first book manuscript—an ecocritical study of contemporary Black women artists, writers, and activists.

Abstract:
The idealized soldier, strongly connected to the concept of ‘warrior,’ is expected to be a courageous and aggressive white man. In the context of these gender expectations, femininity is often equated with peace and masculinity with war. In this discourse, men are also seen as protectors of women and children, but also of ideas, of traditions, and even of democracy. This trope is frequently used in movies surrounding war experiences.
But more recent cultural productions employing this idealized soldier motive, especially following 9/11, often depict a broken and isolated man unable to reintegrated into civilian life who is hurt – physically and/or mentally. In this presentation, I will examine the use of these tropes in selected action and war movies and give tentative conclusions regarding the possibilities and limits of these representations for the cultural understanding of trauma and white masculinity.
Bio:
Bettina Huber finished her M.A. in American Studies at the University of Regensburg in 2017 and is currently teaching American Studies at the University of Passau. Her research focuses on the negotiations of identities and the challenges of perpetrator traumas in life narratives of U.S. soldiers. Her research interests include gender studies, trauma studies, life narrative studies, and the U.S. military. Her articles, focused on gender studies and life narrative studies, have been published, among others, in the Journal New Horizons in English Studies and in the COPAS Journal.
Abstract:
On May 3, 1967, the Black Panther Party for Self-Defense was mentioned for the first time in the New York Times with the headline “Armed Negroes Protest Gun Bill”. Only two years later, in 1969, former F.B.I. Director J. Edgar Hoover labeled the Panthers the “greatest threat to internal security of the country”. Within public spheres Black Power activists have been portrayed as beret-wearing, gun-swinging, violent, nationalist, masculine, urban militants and radicals in the North.
This lecture will provide a more complex picture of the Black Power Movement, emphasizing the history of the movement’s intersectional politics. The lecture will discuss Black Power’s contributions to equal education, employment, and housing; highlight the movement’s interracial programs and collaborations as well as emphasize the important roles of Black women in the movement, thus challenging the idea that the movement was entirely male-dominated.
Bio note:
Viola Huang is a research associate in the Department of History Education as well as American Studies at the University of Passau in Germany. She holds a Ph.D. in History and Education from Columbia University in New York City. Her research focuses on 20th century African-American history, specifically the history of social movements, community activism, and alternative and transformative education. As part of the interdisciplinary project SKILL.de (Strategien zur Kompetenzentwicklung: Innovative Lehrformate in der Lehrkräftebildung, digitally enhanced), her teaching addresses questions of historiography, memory, and (counter) public history.
Abstract:
This lecture addresses the concept of realness in drag performance and its history in ball culture to ask how real the notion of realness can be in times when drag seems to have made it in the cultural mainstream. By situating RuPaul’s Drag Race in the “great tradition” of the 1990 documentary Paris Is Burning (as promoted by RuPaul himself), I discuss the representational politics that render both examples unreal. While realness can be understood as a disidentification with the queer-of-color self, the embodiment of hegemonic norms, with the aim to secure survival within a majoritarian (racist, transmisogynistic, etc.) society, both Paris Is Burning and Drag Race deviate from this idea by producing narratives that foreclose possibility because they follow pre-determined paths. Realness, if presented through the filter of a genre that is inevitably constructed—despite a certain claim to authenticity of both reality TV and documentaries—, becomes something other than real. Once the queer-of-color self or the drag artist become a storytelling device, I argue, they are implicated in a narrative trajectory that cannot escape a (hetero)normative framing. Recognition thus comes at a cost, and my task in this lecture will be to mediate between the queer utopian becomings implied in the very promise of recognition and teleological narrative models that bind individuals to stories of progression/success or regression/failure.
Bio:
Florian Zitzelsberger is a PhD candidate at the University of Passau whose research primarily focuses on queer theory and narratology, performance studies, and musicals on stage and screen. He is interested in the peripheries of drag culture and currently studies performance in the context of posthumanism and death. Recent publications include articles on metalepsis, queer desire, and failure. As part of the interdisciplinary project SKILL.de (Strategien zur Kompetenzentwicklung: Innovative Lehrformate in der Lehrkräftebildung, digitally enhanced), his teaching addresses questions of canonization, representation, and literacy in the digital age.
Abstract:
Borders are more than physical sites of separation between nation and state: borders are also discursive sites at and through which we identify belonging. In this lecture, I examine a metaphorical border and its exclusionary implications: the fourth wall on the drag stage. Despite the marginal advances of trans and non-binary drag queens on recent seasons of RuPaul’s Drag Race, the drag stage largely represents a space of “homonormative hegemony”: only queer people whose performances of drag are intelligible and nonthreatening to mainstream audiences are given a stage. Drag kings are described by drag queens and academics alike as threatening or boring and are routinely denied entrance onto mainstream stages. Using contextual rhetorical analysis of contemporary moments of drag king visibility in mainstream drag, I explore how the mainstream drag stage becomes a space for cisgender male drag queens to enact and enforce homonormativity. I situate my analysis on the metaphorical border of the theatrical fourth wall to demonstrate how reading the drag stage as a space to enact citizenship and drag queen performance as a signifier of belonging opens the door to understanding how homonormativity operates, as it envelops queer bodies in normative, neoliberal values and narratives and norms queer spaces.
Bio:
Kai Prins is a graduate student in the Department of Communication Arts at the University of Wisconsin – Madison, where s/he studies rhetoric at the intersections of gender, bodies, and performance. Kai is also the award-winning drag king and burlesque performer known as Will X. Uly (pronounced “Will Actually”).
Abstract:
When the Supreme Court of the United States declared racial segregation in public schools as unconstitutional in its 1954 Brown v. Board of Education decision, segregationists across the South formed a counter-movement that came to be known by its self-designation as “Massive Resistance.” Segregationist politicians as well as grassroots agitators attacked Black Freedom activists from a variety of hostile positions. Whereas Massive Resistance’s masculinist rhetoric and the concomitant ideal of (white) Southern Womanhood has previously led to a focus on hegemonic masculinity in the movement’s historiography, white women played a vital role. This lecture will provide an intersectional analysis of white supremacist women’s activism in the 1950s and 1960s South. It will examine the entwinements of gender, race, differential social backgrounds, motivations, and forms of action, thereby highlighting the importance of multi-dimensional analyses of power in the history of the Black Freedom Struggle and white supremacist resistance.
Bio note:
Rebecca Brückmann is an assistant professor of North American history in its transcultural context at Ruhr-University Bochum. She completed her Ph.D. in modern history at the Graduate School of North American Studies at Freie Universität Berlin in 2014 and taught at the Universities of Cologne and Kassel. Her research focuses on North American sociocultural and spatial history, including Black history and Southern history, the history of white supremacy, and gender history. Her recent publications include articles in the South Carolina Historical Magazine, the European Journal of American Studies, and the monograph Massive Resistance and Southern Womanhood: White Women, Class, and Segregation (University of Georgia Press, 2021).
Abstract:
In the social sciences, intersectionality is used as a methodological tool to investigate the multidimensionality of power relations. Coined in the 1980s by theorists of Black Feminism to analytically grasp and criticise the specific forms of multiple discrimination of women of colour, the concept has experienced an unparalleled upswing in recent years and has been applied to a multitude of other cases of discrimination. However, it is striking that global antisemitism is only rarely included in intersectional theory, and Jews are often excluded from feminist anti-racist social movements that claim to be guided by intersectionality. Jews are rarely mentioned as a minority with special interests that need to be protected and promoted; rather, they tend to be regarded as representatives of Whiteness that is under critique. This poses the question: why does the intersectionality framework routinely exclude antisemitism? In this presentation I will first contrast antisemitism and racism, before showing that antisemitism research and intersectionality need not necessarily exclude each other. I will go on to develop a specific approach to intersectionality that views ideologies in relation to each other and reads antisemitism itself as an intersectional ideology.
Bio:
Karin Stögner is Professor of Sociology at the University of Passau, co-ordinator of the Research Network on Racism and Antisemitism in the European Sociological Association and co-founder and speaker of the Working Group Antisemitism in the German Sociological Association. Previously she did research at the University of Vienna, Lancaster University, Georgetown University, Goethe University Frankfurt and the Hebrew University of Jerusalem. Her research focuses on the critical theory and feminism as well as on the interrelation of antisemitism, sexism and nationalism.
Die Ringvorlesung wird gefördert von der Universitätsfrauenbeauftragten Prof. Dr. Andrea Sieber.
Mit der Vortragsreihe "UniVersity" startet im Wintersemester 2020/21 unter Leitung von Vizepräsidentin Frau Prof. Dr. Hansen und in Zusammenarbeit mit der Frauenbeauftragten Frau Prof. Dr. Sieber und dem Referat Diversity und Gleichstellung eine neue Ringvorlesungs-Reihe, die künftig jedes Semester aus verschiedenen Blickwinkeln das Thema Diverstiy aufnimmt und die Universität in gemeinsamer Verantwortung zum Thema verpflichtet.
Als Auftakt soll die Vortragsreihe "UniVersity" grundsätzliche Fragen zu Diversität und Gesellschaft behandeln, wie z.B. „Wie gehen wir an der Hochschule tagtäglich, aber auch in strategischen Überlegungen mit Diversität um?“, „Inwiefern sind Normalitätsvorstellungen in Interaktionen, Strukturen und Verfahren in die Wissensproduktion eingeschrieben?“ oder „Welche Verantwortung trägt die Universität für die gesellschaftliche Transformation von Diversität?“ und zum Diskurs anregen.
Die Vorträge starten jeweils um 16 Uhr und finden – je nach Corona-Lage – physisch oder online statt.
Unter diesem Link finden Sie die Abstracts zu den Vorträgen.
Programm
Datum | Vortrag |
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01.12.2020 | Prof. Dr. Christina Hansen, Universität Passau (online) "Wie aus Vielfalt Diversity wurde - eine vielleicht provokative Einführung" |
15.12.2020 | Dr. Nathalie Schlenzka, Antidiskriminierungsstelle des Bundes (online) "Diskriminierungsrisiken an Hochschulen begegnen: Was braucht es für einen systematischen Diskriminierungsschutz?“ |
19.01.2021 | Dr. Jennifer Schevardo, Helmholtz-Zentrum Berlin "Ein Werkstattbericht: Das HZB als außeruniversitäre Forschungseinrichtung im Diversity-Audit“ |
26.01.2021 | Prof.Dr.Isabell Diehm, Universität Frankfurt "Heterogenität, Differenz und Ungleichheit im Bildungsbereich" |
02.02.2021 | Prof.Dr. Andrea D. Bührmann, Universität Göttingen "Universitäten als Ermöglichungsräume" |
Prof. Dr. Christina Hansen
Universitäten sind jahrhundertealte, traditionsbewusste Einrichtungen und verändern sich nur sehr langsam. Viele unserer Abläufe, Bezeichnungen und Gewohnheiten stammen buchstäblich aus dem Mittelalter. Der Satz „Das haben wir schon immer so gemacht!“ ist auf unseren Fluren oft zu hören, und oft dient er dazu, einer Vorgehensweise Autorität zu verleihen. Aber ändert der Ruf nach „Diversity Management“ an Universitäten wirklich etwas daran?
Abgesehen davon, dass trotz vieler Kampagnen des Diversity-Managements in Wirtschafts- und Universitätsbetrieben (noch?) keine nennenswerten quantitativen Veränderungen in der Beschäftigungsstruktur bewirkt haben, lassen sich auch konzeptionelle Probleme einer simplen „Vielfalt bringt mehr“-Forderung herausarbeiten: So wird beispielsweise im Versuch, „diverser“ zu werden, häufig auch der Anspruch „flexibler“ zu werden, verknüpft. Dabei fügt sich eine neoliberale Rhetorik ökonomischer Nützlichkeit von „Anderssein“ in die Auflösung von Fördermaßnahmen: Statt Umverteilung braucht es eben nur das richtige Management (diversen) Klientels.
Im Vortrag wird auf der Grundlegung verschiedener Ansätze und Intentionen zur Diversity der Frage nachgegangen, wie an Orten, an denen die Diversity-Praxis eine besonders große Rolle für die Entfaltungsmöglichkeiten von Menschen spielt – wie z.B. an Universitäten - eine kommunikative Berücksichtigung von Differenz und Identität, von Fremdheit und Anderssein möglich wird, die dominante Differenzschemata nicht so relevant setzt, dass man gezwungen oder verführt wird, sich in diesen Schemata darzustellen, und einem und einer zugleich die Freiheit gewährt wird, sich in diesen Schemata zu artikulieren.
Diversity birgt also das Risiko, hinterfragt zu werden. Wie das bei guter Kritik der Fall ist. Wer sollte das pflegen, wenn nicht die Hochschulen?
Rassistische Beleidigungen und Abwertungen, sexuelle Belästigung, fehlende angemessene Vorkehrungen für Beschäftige und Studierende mit Behinderungen oder Trans*studierende, aber auch institutionelle Diskriminierung, machen vor Hochschulen nicht halt. Wie äußert sich Diskriminierung an Hochschulen konkret und auch aktuell im Kontext von Corona? Welche Verpflichtungen zu Diskriminierungsschutz haben Hochschulen? Wie gehen Hochschulen bei der Prävention von und der Intervention bei Diskriminierung vor und mit welchen Herausforderungen sind sie dabei konfrontiert?
Im Vortrag werden diese und weitere Fragen thematisiert und aufgezeigt, welche Handlungsspielräume und künftige Entwicklungsmöglichkeiten Hochschulen für einen effektiven Diskriminierungsschutz haben. Dabei wird auch die Rolle von Beratungsangeboten, Beschwerdeverfahren und Richtlinien bei Diskriminierung an Hochschulen beleuchtet.
Das Diversity-Audit des Deutschen Stifterverband wurde Jahre 2012 zunächst für Hochschulen entwickelt und seitdem haben sich 42 deutsche Universitäten und Fachhochschulen als diversity-sensible Arbeitgeber zertifizieren lassen. Das Helmholtz-Zentrum Berlin ist die erste außeruniversitäre Forschungseinrichtung in Deutschland, die dieses Audit durchläuft. Der Auditierungsprozess und seine Themenschwerpunkte wurden für dieses Pilotprojekt eigens angepasst. Begleitet wird das HZB von der erfahrenen Auditorin Karoline Spelsberg-Papazoglou.
Das Audit ist am HZB als ein partizipativer Prozess aufgesetzt, der rund neun Monate dauern wird. Im Laufe von drei Veranstaltungen und einer längeren Umsetzungsphase werden Ideen der Mitarbeitenden gesammelt, der Ist-Zustand am HZB kritisch ausgewertet und mögliche Maßnahmen zur Stärkung von Diversity entwickelt und umgesetzt. Möglichst viele Mitarbeitende und Führungskräfte aus allen Bereichen des HZB sollen sich in den Prozess einbringen und für die Umsetzung der Ideen Verantwortung übernehmen. Auch die Geschäftsführung des Hauses positioniert sich klar für das Audit und nimmt praktisch an seiner Gestaltung teil.
Hier wird es um einen Einblick in den laufenden Prozess gehen. Vorgestellt werden die spezifischen Ziele und Herausforderungen einer außeruniversitären Forschungseinrichtung beim Thema Diversity sowie eine erste Bilanz: Welche Faktoren haben den Prozess bis dahin begünstigt und welche Blockaden sind offenbar geworden? Aus welchen Motiven haben sich Mitarbeitende in das Audit eingebracht und wie ist es gelungen, sie über einen längeren Zeitraum aktiv zu halten? Was waren quick wins und welche Ziele haben sich als (zunächst) unrealistisch erwiesen.
Ein Plädoyer für die begrifflich-systematische Unterscheidung der Konzepte ‚Heterogenität‘ und ‚Differenz‘ leitete den Vortrag ein und rahmt ihn theoretisch. Daran schließen sich Überlegungen an, welche die anhaltenden stark ethnisch und sozial codierten Ungleichheitsverhältnisse im Bildungsbereich institutionen- und diskriminierungstheoretisch in den Blick nehmen werden.
Universitäten sollten in der Regel als Ermöglichungsräume wirken, indem sie allen ihren Mitgliedern bzw. Angehörigen die besten Rahmenbedingungen bieten, damit sie erfolgreich forschen, lehren oder andere Karrieren verfolgen können. Für den Zugang zu Universitäten und entsprechende Karrieren sollte dabei das meritokratische Ideal gelten – d.h. nur die eigene Leistung zählt. Ein Blick in die empirisch-konkrete Praxis zeigt jedoch, dass Menschen mit bestimmten sozialen wie kulturellen Hintergründen und Erfahrungen in Universitäten - oftmals unabhängig von Ihren Leistungen - privilegiert und andere diskriminiert werden. Dies widerspricht nicht nur dem meritokratischen Ideal, sondern auch dem Gleichbehandlungsgrundsatz. Darüber hinaus aber hat es auch negative Folgen für die Studien- und Forschungsleistungen aller. Studien zeigen nämlich, dass ein inklusives Klima Kreativität und Innovation befördert, während Diskriminierungserfahrungen die Leistungen der Betroffenen mindert.
Mit Blick darauf werde ich in meinem Vortrag aufzeigen, wie Universitäten über die Implementierung von Diversitätsstrategien auch praktisch (wieder) zu (diskursiven, analogen und digitalen) Ermöglichungsräumen werden könnten. Als Beispiel dient mir die inklusive und transformative Diversitätsstrategie der Universität Göttingen. Meinen theoretischen Ausgangspunkt bildet das Forschungsprogramm der reflexiven Diversitätsforschung.