Sieben Auslandsaufenthalte in sechs Ländern auf drei Kontinenten – Marie-Therese Miess ist in ihrem Lehramtsstudium schon viel herumgekommen. Nach Südafrika und verschiedenen europäischen Ländern besucht sie jetzt Japan. Insgesamt siebeneinhalb Wochen verbringt sie dort, den Großteil davon in Kobe, wo sie an der internationalen Grundschule ein freiwilliges Praktikum absolviert. Die Deutsche Schule Kobe International (DSKI) ist eine der vielen internationalen Partnerschaften (Hochschulen, Schulen, Unternehmen) der Universität Passau.
„Es ist ein richtiges Abenteuer und vieles ist ganz anders als in Deutschland“, erzählt die Studentin. „Das Niveau der Vorschule hier an der DSKI ist beinahe wie eine erste Klasse in Deutschland, einige der fünf- und sechsjährigen Kinder können bereits lesen und schreiben. Die Schule ist sehr modern und technisch top ausgestattet: Es gibt einen 3D-Drucker, Mikroskope, Schul-Laptops und eine eigene Bücherei. Das Kollegium ist kulturell sehr gemischt, hier arbeiten Lehrkräfte z. B. aus Deutschland, Großbritannien, Spanien, von den Philippinen und natürlich aus Japan. Frontalunterricht ist eher die Ausnahme, vieles wird durch entdeckendes Lernen erarbeitet.“
Marie-Therese Miess studiert im achten Semester Grundschullehramt mit den Fächern Katholische Religion, Mathematik, Deutsch und Kunst. Da sie bereits alle im Lehramt erforderlichen Praktika abgeleistet hat, macht sie ihr Schulpraktikum in Japan auf freiwilliger Basis. Die Anrechnung z. B. als Pädagogisch-didaktisches Praktikum wäre bei einer Aufenthaltsdauer von mindestens acht Wochen aber möglich gewesen. Und warum ausgerechnet Japan? „Das Land und seine reiche Kultur, die japanische Lebensweise und Philosophie faszinieren mich schon sehr lange“, sagt die Studentin. „Außerdem interessiert mich die internationale Ausrichtung der DSKI sehr, da ich Internationalisierung als Schwerpunkt in meinem Studium gewählt habe. In diesem Rahmen lasse ich mir das Praktikum als Schwerpunktzertifikat ,Lehramt International‘ anrechnen. Dass es diese Möglichkeit gibt und dass die Uni Passau so gut vernetzt ist und Internationalisierung sehr fördert, ist ein großer Pluspunkt für uns Studierende.“ In einem speziellen Vorbereitungsseminar wurden Marie-Therese Miess wichtige Tipps und Informationen für ihren Aufenthalt in Japan an die Hand gegeben. Auch das sogenannte „World Café“ der Universität, in dem Studierende von ihren Auslandserfahrungen berichten, hat ihr bei der Vorbereitung geholfen. „Und falls im Ausland Probleme auftreten, gibt es dank der Partnerschaft zwischen DSKI und Uni ein starkes Sicherheitsnetz und ich habe immer eine feste Ansprechperson – das war für mich bereits sehr hilfreich.“
Die Deutsche Schule in Kobe kombiniert den Thüringer Bildungsplan mit dem allgemeinen internationalen Bildungsprogramm für Kinder von drei bis zwölf Jahren (entworfen von der Stiftung „International Baccalaureate“ in der Schweiz). In den zwei Hauptzweigen – Deutsch und International – findet der Unterricht in einem integrativen Klassenzimmer mit Englisch und Deutsch sprechenden Lehrkräften statt. Stunden in Japanisch, entweder als Fremd- oder Muttersprache, sind für alle Schülerinnen und Schüler verpflichtend. So ist die DSKI die einzige Grundschule in Japan, in der alle Kinder drei Sprachen lernen. „Es ist sehr interessant und lehrreich zu sehen, wie die Lehrkräfte diese Herausforderung meistern und wie die Kinder in ihrer Entwicklung von der Internationalität profitieren.“ Marie-Therese Miess kann aus diesen Erfahrungen viel für ihre berufliche Zukunft mitnehmen – gerade auch angesichts der zunehmend multikulturellen Klassenzimmer in Deutschland. Außerdem ist es für sie als angehende Religionslehrerin wichtig, ihre interreligiösen Kompetenzen weiterzuentwickeln. „Internationale und interkulturelle Erfahrungen helfen Lehrkräften dabei, ihre heterogene Schülerschaft auf die Chancen und Herausforderungen einer globalisierten Gesellschaft vorzubereiten.“
Kobe, die Hauptstadt der Präfektur Hyogo, ist die sechstgrößte Stadt Japans mit rund 1,5 Millionen Einwohnern, bekannt unter anderem für Sake (Reiswein) und das weltberühmte Kobe-Beef. Der Lieblingsort von Marie-Therese Miess liegt im Zentrum von Kobe: der Stadtteil Motomachi mit seiner großen Einkaufsstraße, vielen Restaurants, Bars und einem Park. Kennzeichnend für Kobe wie auch für ganz Japan ist die allgemeine Höflichkeit und Strukturiertheit. „Das gefällt mir hier ganz besonders“, sagt die Studentin. „Es gibt klare Regeln, z. B. geht man immer links und am Zug stellt man sich in einer Zweierreihe an, sodass zuerst alle in Ruhe aussteigen können. In den öffentlichen Verkehrsmitteln wird nicht gesprochen, nur ab und zu geflüstert, um andere nicht zu stören. Respekt und Höflichkeit sind sehr große Werte, die bereits in der Vorschule zum Tragen kommen.“
Den Auslandsaufenthalt in Japan finanziert sich Marie-Therese Miess unter anderem durch ihre Tätigkeit als Correspondent für „studieren weltweit – ERLEBE ES!“. Die Kampagne des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) möchte die Auslandsmobilität von Studierenden erhöhen. Für einen Blog-Beitrag im Monat sowie drei Instagram- und TikTok-Beiträge pro Woche erhält sie monatlich 200 Euro und ein iPhone mit professionellem Video-Equipment, das sie auch nach ihrer Rückkehr behalten darf. Ihre Social Media- und Blog-Beiträge sind zu finden unter www.studieren-weltweit.de/marie-japan