Geboren 1937 in Frankfurt am Main, begann Martin Fincke – nach einem kurzen Studium des Russischen und Amerikanischen an dem Dolmetscherinstitut der Universität Mainz in Germersheim – 1958 das Studium der Rechtswissenschaft in Tübingen, das ihn nach mehreren Studienorten im In- und Ausland 1961 an die Ludwig-Maximilians-Universität München führte. 1963 legte er dort die erste juristische Staatsprüfung ab. In der bayerischen Landeshauptstadt folgten ebenso seine Dissertation über „Die aufsichtliche Überprüfung rechtskräftiger Strafurteile im Sowjetrecht“ (1966) und die zweite juristische Staatsprüfung (1967). 1974 wurde ihm nach einer Habilitationsschrift über „Die Begründung der Beschuldigtenstellung im Strafprozeß. Versuch einer Inkulpationslehre“ die Lehrbefugnis für Strafrecht, Strafprozeßrecht sowie Ostrecht erteilt.
Das Ostrecht gehörte schon immer zu den Forschungsschwerpunkten von Martin Fincke. Schon zu seiner Schulzeit hatte er ein ausgeprägtes politisches Interesse, das ihn unter anderem dazu veranlasste, die russische Sprache zu lernen. Sein Wechsel an die Ludwig-Maximilians-Universität München war dadurch motiviert, dass er unter Professor Dr. Reinhart Maurach, der das Institut für Ostrecht leitete und unter anderem sowjetisches Staatsrecht lehrte, weiter studieren wollte. Und tatsächlich gelang es Martin Fincke durch ein Seminar über Fragen des osteuropäischen Rechts, zum Schüler von Reinhart Maurach zu werden.
Oktober 1976 ernannte ihn die Universität Bielefeld zum wissenschaftlichen Rat und Professor, bevor Martin Fincke am 1. August 1978 als einer der ersten Ordinarien der Juristischen Fakultät an der frisch gegründeten Universität Passau ernannt wurde. Hier beteiligte er sich maßgeblich an dem Ausbau der Kontakte nach Osteuropa, und zwar namentlich an den juristischen Fakultäten der Universitäten Odessa (Ukraine) und Krasnojarsk (Sibirien; die ihn 1999 zum Ehrenprofessor ernannt hat) sowie an den juristischen Fakultäten bzw. rechtswissenschaftlichen Instituten der Universitäten Tomsk, Omsk, Barnaul, Kemerovo und Irkutsk. Seitdem haben unzählige Studenten, wissenschaftliche Mitarbeiter und Professoren im Rahmen von Austauschprogrammen an den jeweiligen Partneruniversitäten studiert, geforscht und gelehrt. Etliche von ihnen haben in Passau den von Martin Fincke initiierten Masterstudiengang „Deutsches Recht für ausländische Studierende“ erfolgreich mit dem Grad Master of Laws (LL.M.) abgeschossen. Auch nach seiner Emeritierung im Jahr 2006 betreute Martin Fincke noch die Beziehungen nach Osteuropa und trug dadurch wesentlich zur Internationalisierung der Universität Passau bei. So erstaunt nicht, dass auch die sog. fachspezifische Fremdsprachenausbildung, seit eh und je ein Markenzeichen der Universität Passau, ganz wesentlich sein Werk ist.
2002 erhielt er von der Staatsuniversität St. Petersburg die Ehrendoktorwürde für seinen wiederholten engagierten und kritischen Einsatz für eine Rechtsreform in Russland. 2003 erhielt er den Preis des Bayerischen Staatsministers für Wissenschaft, Forschung und Kunst für besondere Verdienste um die Internationalisierung der bayerischen Hochschulen.
Und nicht zuletzt: Den Studenten und Studentinnen aus aller Welt, insbesondere aber denen aus Passau, wird Martin Fincke als engagierter und empathischer Hochschullehrer, der ihre Interessen mit einer eigentümlichen Mischung aus Güte und Strenge stets ernstgenommen hat und der sich trotz seiner weitläufigen Bildung, Internationalität und fulminanten Sprachbegabung nicht zu schade war, sie in den praktischen Details des juristischen Handwerks, genannt: Falllösung, zu begleiten und zu unterstützen, in lebhafter und ehrenvoller Erinnerung bleiben.