Vom 18. bis 19. November veranstaltet der Lehrstuhl für Deutsche Sprachwissenschaft unter Leitung von Prof. Dr. Rüdiger Harnisch ein Symposium zum Thema „Prozesse sprachlicher Verstärkung“. Abweichend von der allgemein anerkannten Grammatikalisierungstheorie, in deren Rahmen u. a. Abschwächungsvorgänge, Strukturabbau und Verschmelzungen untersucht werden, zeigt die Theorie der Verstärkung, dass es auch entgegengerichtete Vorgänge wie Strukturaufbau, Substanzzuwachs und Abspaltung sprachlicher Einheiten gibt. Das Symposium findet im Raum 403 (Nikolakloster, Innstraße 40) statt.
Die Einladung zu diesem Symposium fand eine außerordentlich positive Resonanz bei namhaften Fachleuten aus dem In- und Ausland. Die knapp 20 Vorträge widmen sich u. a. der Sprachgeschichts- und Dialektforschung, dem Sprachwandel, dem Spracherwerb und dem öffentlichen Sprachgebrauch.
Sprachliche Verstärkungen liegen beispielsweise vor, wenn aus Unkenntnis über die ursprüngliche Bedeutung von Wörtern diese neu interpretiert werden. So wurde das karibische Wort ‚hamaca’ schließlich „volksetymologisch“ als ‚Hängematte’ gedeutet. Zahlreiche Sprachspiele nutzen die Neuinterpretation, wenn etwa der ‚Zitronenfalter’ wörtlich genommen wird als ‚Mensch, der Zitronen faltet’. Auch beim Verhören kommt es zu einer Interpretation der Lautsubstanz, wie sie ursprünglich nicht intendiert war. Durch die aktuellen Lesungen von Axel Hacke aus dem ‚kleinen Handbuch des Verhörens’ ist vor allem der „weiße Neger Wumbaba“ bekannt geworden; ursprünglich lagen die Worte „der weiße Nebel wunderbar“ zugrunde. Verdeutlichend sind diejenigen Prozesse, welche die an sich schon vorhandene Bedeutung nochmal zum Ausdruck bringen: Der ‚Hai’, der zur Ordnung der Knorpelfische zählt, wird zum ‚Haifisch’ verstärkt und das weibliche Pendant von ‚Prinz’, die ‚Prinzeß’ oder ‚Prinzesse’, wie sie im 17. bis 19. Jahrhundert noch genannt wird, wird zur ‚Prinzessin’ verdeutlicht. Bei den Aktionen „Wort des Jahres“ und „Unwort des Jahres“ (jüngst das ‚Humankapital’) wird oft kritisiert, dass Ausdrücke des öffentlichen Sprachgebrauchs von den Juroren auf verborgene Bedeutungen abgesucht und ein bestimmter Sinn erst hineingedeutet, das Wort auf diese Weise inhaltlich „verstärkt“ wird. Der Vorsitzende der „Unwort“-Jury, Professor Dr. Horst Dieter Schlosser, ist bei diesem Symposium selbst mit einem Vortrag vertreten und wird auf solche Kritik eingehen.
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