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Bundesweit einzigartiges Schüler-Fernstudium in Technischer Informatik

| Lesedauer: 6 Min.

David Vielhuber (von links), <br>Prof. Dr. Werner Grass, <br>Stefan Winter (Lehrer<br> am Gymnasium Vilshofen)<br> und Stephan Zweckinger <br>während einer Präsenzphase <br>an der Uni Passau

An der Fakultät für Informatik und Mathematik der Universität Passau können Schüler künftig ein Schüler-Fernstudium absolvieren. Mit diesem bundesweit einzigartigen Angebot wollen die Passauer Informatiker verstärkt Interesse an Informatik wecken und Schülern die Möglichkeit geben, ihre Begabung für dieses Fach während der Schulzeit zu testen. Die Leistungen, die die Schüler während des Fernstudiums erbringen, können auf ein späteres Informatik-Studium an der Uni Passau angerechnet werden. 

Die Universitäten sollen sich hochbegabten Schülern öffnen und ihnen den Besuch von  regulären Lehrveranstaltungen ermöglichen – so will es die Politik. Was aber machen Schüler, die nicht in der Nähe einer Universitätsstadt wohnen? Für diese hat die Universität Passau eine bundesweit einmalige Möglichkeit geschaffen: Die Fakultät für Informatik und Mathematik bietet ein Schülerfernstudium in den Grundlagen der Technischen Informatik an. Nach einem Pilotprojekt mit den Gymnasien in Vilshofen und Regensburg wird das Programm zum neuen Schuljahr mit maximal 30 Schülern offiziell starten. Derzeit werden Schulen in Bayern, Österreich und Tschechien angeschrieben – und Anmeldungen aus ganz Süd- und Ostbayern liegen bereits vor. Unterstützt wird das Projekt von der Deutschen Telekom-Stiftung mit 40.000 Euro und vom Europäischen Sozialfonds mit 35.000 Euro.  

Die Leistungen, die die teilnehmenden Schüler erbringen müssen, entsprechen Universitätsniveau. „Geeignet ist das Projekt daher in erster Linie für Schülerinnen und Schüler mit sehr guten Leistungen“, erläutert Professor Dr.-Ing. Werner Grass, der das Projekt an der Universität Passau in Kooperation mit Privatdozent Dr. Rudolf Kammerl leitet. „Immerhin erbringen die Schüler Leistungen im Umfang von etwa zehn Prozent eines Uni-Semesters.“ Am Ende des Schuljahres legen die Schülerinnen und Schüler eine Prüfung ab. Bei Bestehen erhalten sie ein Zertifikat, das sie bei einem späteren Studium an der Uni Passau in sogenannte „Credit Points“ umtauschen können und somit direkt in ein Informatik-Studium einbringen können.  

Besonderheit des Passauer Angebots

Die bisherigen Möglichkeiten eines „Schülerstudiums“ in Deutschland erfordern die Anwesenheit der Schüler an der jeweiligen Hochschule. Gerade Schüler, die in strukturschwachen Regionen ohne in der Nähe befindlicher Hochschulen leben, werden dadurch benachteiligt. In Passau erhalten die Schüler ihr Kursmaterial auf elektronischem Wege, die Schüler können alleine oder in Gruppen damit arbeiten. Das Material nutzt moderne Techniken, wie sie viele Schüler aus dem Internet kennen. Besonders attraktiv ist dabei die Nutzung von Simulationen, um das Gelernte zu verdeutlichen und in einen Zusammenhang mit praktischen Anwendungen zu stellen. Die Schülerinnen und Schüler lernen zu Hause und bestimmen selbst die Fortschrittsgeschwindigkeit des Lernvorgangs.   Motivation und Betreuung Fernstudierende Schüler benötigen Motivation, sich mit dem Stoff zu beschäftigen und am Ball zu bleiben – gerade, wenn Probleme auftauchen. Daher sind begleitende Maßnahmen unbedingt nötig. So werden die Schüler vor Ort von Lehrkräften betreut, die darauf achten, dass die teilnehmenden Schüler ihrer Schule einen einigermaßen einheitlichen Lernfortschritt erzielen. Zudem bieten Diskussionsforen einen virtuellen Klassenverband mit allen teilnehmenden Schülern eines Jahrgangs und mit Betreuern an der Universität. Die Foren werden zu verschiedenen Themen eingerichtet, in denen auch kontrovers diskutiert werden kann. „Wir wollen die Schüler dadurch auch medienkompetent machen und befähigen, sich in den Medienwelten selbstbewusst und verantwortungsvoll zu bewegen“, so Werner Grass. Die Möglichkeit, Meinungen anonym zu äußern, sie in Ruhe und ohne direkten Einfluss von Mitschülern äußern zu können, schaffe ein Gefühl der Gleichheit. „Damit können beispielsweise geschlechtsspezifische Benachteiligungen vermieden werden.“ Ein regelmäßig erscheinender Newsletter informiert über aktuelle Ereignisse und motiviert mit kleinen Geschichten zum Thema. Ganz auf den persönlichen Kontakt zwischen Lehrenden und Lernenden kann allerdings auch beim Passauer Projekt nicht verzichtet werden. In größeren Abständen finden Treffen an der Universität Passau statt. Diese dienen dem gegenseitigem Kennenlernen und werden auch dazu genutzt, an praktischen Beispielen die Bedeutung des Studieninhalts zu demonstrieren.  

Die Passauer Verantwortlichen machen sich bei ihrem Projekt die „Technik-Affinität“ der jungen Menschen zunutze: Nach den repräsentativen Daten des Medienpädagogischen Forschungsverbundes Südwest nutzen über 80 Prozent der Gymnasiasten Computer und Internet regelmäßig zu Hause. Durch die rasche Ausbreitung von neuen Medien in den Privathaushalten stehen jungen Menschen die Technologien zur Verfügung, mit denen sie prinzipiell auf weiterführende Bildungsangebote zurückgreifen könnten. „Bisher gibt es hier aber kaum entsprechende Angebote für diese Zielgruppe“, zeigt Kammerl Defizite auf.  Die frühzeitige Einübung von Medienkompetenz ist darüber hinaus eine wichtige Zusatzqualifikation in jedem Beruf. Die vorgestellte Themenauswahl "Technische Informatik" und die aktuelle und für die Zukunft erwartete Arbeitsmarktsituation erhöhen die Chancen der beteiligten Schüler auf einen sicheren Arbeitsplatz.  

Welche Motivation hinter den Projekten steht, gesteht Grass offen ein: „Wir wollen vermehrt junge Menschen dazu motivieren, ein Informatik-Studium aufzunehmen. Die beruflichen Aussichten sind exzellent, leider können die Hochschulen in Deutschland den Bedarf an Absolventen nicht decken.“ Deutsche Industriebetriebe klagen zunehmend über einen Mangel an Ingenieuren, insbesondere in den Bereichen Informatik, Elektrotechnik und Mechatronik. Die Weichen für oder gegen einen Ingenieurberuf treffen Schüler bereits in jungen Jahren, indem sie Mathematik als praxisfremd und Physik als zu schwer einordnen und sich nur ungern, wenn überhaupt, mit der Thematik auseinandersetzen. Sie kommen daher gar nicht dazu, ihre mathematische Begabung ernsthaft zu testen und entscheiden sich aus einem Bauchgefühl heraus gegen eine naturwissenschaftliche Schulausbildung.   Das Fach Technische Informatik eignet sich hervorragend zur Motivation von Schülern, erleben sie doch in ihrer eigenen Erfahrungswelt, wie technische Geräte (Handy, Auto, MP3-Player usw.) durch Informatik "intelligent" werden. Darüber hinaus bietet gerade die Form des internetgestützten Unterrichts eine weitere Möglichkeit, die Einsatzmöglichkeiten der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien besser kennen und schätzen zu lernen. „Was liegt also näher, als sich die Frage zu stellen, was hinter dieser Informatisierung der Welt der Technik steckt?“, so Grass.  

Die Teilnehmer aus dem Pilotprojekt sind begeistert von der Möglichkeit, bereits während der Schulzeit parallel Studienleistungen erbringen zu können: "Durch den E-Learning Kurs wurde ich bereits im Laufe meiner Gymnasialzeit mit der Arbeitsweise eines Studiums konfrontiert. Dabei kam ich in Kontakt mit dem typisch akademischen Aufbau der einzelnen Lektionen, die meist mit Definitionen begonnen haben. Man gewöhnt sich an diese neue Vorgehensweise, und so kann ich sagen, dass ich froh bin, die Erfahrung des E-Learning Projekts gemacht zu haben. Ich habe nun auch eine Klausur von der Universität Passau mitgeschrieben und hoffe, diese auch bestanden zu haben. Ich bin durchaus daran interessiert, ein Informatikstudium aufzunehmen. Ich konnte durch dieses Projekt schon ein bisschen am Klima des Studiums schnuppern, und das Projekt hat mir bei der Entscheidung geholfen, diesen Weg in der Zukunft einzuschlagen", resümiert David Vielhuber. Sein Mitschüler Stephan Zweckinger hatte bereits vorab ein klares Bild der Informatik: "Ich hatte davor auch keine Vorurteile gegen Informatik und würde auch nicht sagen, dass man sich danach ‚mehr zutraut’. Es ist eine praktische Einrichtung, da man selbstständig unabhängig vom Stundenplan und Zeitplan der Lehrkraft lernen kann. Man kann leichtere Themen schneller bearbeiten und sich für schwierigere mehr Zeit nehmen. Der große Vorteil war, dass man seine Schwerpunkte selber setzen konnte und deshalb in wenig Zeit viel lernen kann. " Die beiden Gymnasiasten aus Vilshofen hatten an dem Pilotprojekt während des Wintersemesters teilgenommen. David Vielhuber, der neben den E-Learning-Angeboten auch die Begleitveranstaltung regelmäßig besucht hat. Stephan Zweckinger hat den Kurs dagegen als reiner E-Learner absolviert.   

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Hinweis an die Redaktionen: Rückfragen zu dieser Pressemitteilung richten Sie bitte an Prof. Dr.-Ing. Werner Grass, Tel. 0851/509-3040, oder an die Pressestelle der Universität Passau, Tel. 0851/509-1430, E-Mail: pressestelle@uni-passau.de.

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