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Die Philosophie und die Suche nach der Wahrheit

| Lesedauer: 8 Min.

Für Platon ist die Philosophie eine Wissenschaft. Die Wissenschaft der Wahrheit. Für andere Philosophen liegt die Wahrheit meistens irgendwo dazwischen. Viele der in Passau im Umlauf befindlichen Gerüchte und Argumente über die Passauer Philosophie liegen dagegen ziemlich genau daneben. Zeit, mit einigen Fakten Licht ins Dunkel zu bringen.

Derzeitige Situation an der Universität Passau

An der Universität Passau existieren derzeit zwei Lehrstühle für Philosophie, einer in der Katholisch-Theologischen Fakultät (Professor Dr. Thomas Liske), einer in der Philosophischen Fakultät (Professor Dr. Wilhelm Lütterfelds, derzeit vertreten durch Professor Dr. Thomas Mohrs). Das Lehrangebot des Lehrstuhls in der Katholisch-Theologischen Fakultät richtet sich derzeit an die Studierenden im Magisterstudiengang (Philosophie im Haupt- und Nebenfach), im Lehramt (Katholische Religionslehre an Grund-, Haupt-, Realschule und Gymnasien bzw. als Bestandteil im erziehungswissenschaftlichen Teil des nicht vertieften Studiums sowie für das Ergänzungsfach Ethik an Grund-, Haupt- und Realschulen sowie Ethik/Philosophie an Gymnasien) und an künftige Diplom-Theologen, das Lehrangebot des Lehrstuhls in der Philosophischen Fakultät an Studierende im Lehramt (als Bestandteil des erziehungswissenschaftlichen Teils des Studiums im nicht vertieften Lehramt beziehungsweise für das Ergänzungsfach Ethik an Grund-, Haupt- und Realschulen sowie Ethik/Philosophie an Gymnasien) und im Magisterstudiengang. Beide Lehrstühle sind konkordatsgebunden.

Wie sieht die Zukunft der Philosophie aus?

Mit dem Eintritt in den Ruhestand von Professor Dr. Wilhelm Lütterfelds soll dieser Lehrstuhl nicht neu ausgeschrieben werden. Stattdessen soll der Inhaber des Lehrstuhls für Philosophie von der Katholisch-Theologischen Fakultät in die Philosophische Fakultät versetzt werden. Das Lehrangebot in Philosophie in der Philosophischen Fakultät wird also in vollem Umfang erhalten bleiben. Ein viel gebrauchtes Argument lautet: Es kann nicht sein, dass ein Priester/Theologe künftig die Philosophieausbildung der Philosophischen Fakultät übernimmt. Fakt ist: Der Inhaber des Lehrstuhls für Philosophie in der Katholisch-Theologischen Fakultät ist weder Priester noch Theologe, er hat vielmehr Philosophie studiert, wurde mit einer Arbeit über „Aristoteles und der aristotelische Essentialismus" promoviert und habilitierte sich mit einer Arbeit über „Einheit und gradueller Unterschied. Die logisch-metaphysischen Grundlagen von Leibniz’ Freiheitstheorie".

Was sind die Hintergründe für die Verlagerung des Lehrstuhls?

Im wesentlichen sind drei Gründe ausschlaggebend für diese Entscheidung. Erstens: 2003 hat die Bayerische Staatsregierung eine Reihe von Hochschulreformen eingeläutet („Optimierungsprozess", Zielvereinbarungen zwischen Ministerium und einzelnen Universitäten, Einführung von Studienbeiträgen etc.). Eine Maßnahme war, dass die Hochschulen aufgefordert waren, Strukturüberlegungen anzustellen: Die Universitäten sollten Schwerpunktbereiche definieren, in denen sie bereits über ein entsprechenden Profil verfügten und das sie weiter ausbauen möchten. Umgekehrt sollten „Rückzugsbereiche" definiert werden. Unter anderem sollten aus diesen Rückzugsbereichen auch die Profilbereiche verstärkt werden. Denn klar war: Nennenswert zusätzliches Geld zur Verstärkung würde es nicht geben. Dies muss durch interne Umschichtungen geschehen. Durch die Politik vorgegebenes Motto war: Nicht mehr jedes Fach muss künftig an jeder Universität vertreten sein. An der Universität Passau setzte ein Diskussionsprozess ein. Auch in den Fachbereichsräten der einzelnen Fakultäten wurde intensiv diskutiert. Die Universitätsleitung kam schließlich zu einem mit den Fakultäten abgestimmten Konzept. Als Schwerpunktbereiche wurden definiert: Recht und Wirtschaft, Internationalisierung und Sprachenerwerb, Kulturwirtschaft, Informatik und Informationstechnologie sowie die Lehrerbildung. Zweitens: 1999 haben die europäischen Bildungsminister die Schaffung eines einheitlichen europäischen Hochschulraums beschlossen (Stichwort Bologna-Prozess). Dazu gehörte unter anderem die Schaffung eines leicht verständlichen Systems an Abschlüssen (für Deutschland bedeutet dies die Abschaffung von Diplom und Magister und stattdessen die Einführung von Bachelor und Master als Regelabschlüsse). Während Diplomstudiengänge schon bisher relativ klar strukturiert waren, waren Magisterstudiengänge sehr „offen" angelegt: Aus einem sehr breiten Fächerspektrum konnten ein Hauptfach (50 Prozent) und zwei Nebenfächer (jeweils 25 Prozent) gewählt werden. Dem Abschluss hafteten zwei Probleme an: In weiten Teilen des Arbeitsmarktes war der Abschluss nicht akzeptiert und vor allem: Weniger als 10 Prozent, die sich in Passau für den Magisterstudiengang eingeschrieben hatten, haben auch tatsächlich ihren „Magister" gemacht. Alle anderen haben den Studiengang gewechselt oder das Studium abgebrochen. Drittens: Die Absolventen- und Studierendenzahlen. In der Geschichte der Universität gab es bisher 24 Magister-Absolventen mit Hauptfach Philosophie, 41 im Nebenfach. Im Lehramtsfach Philosophie an Gymnasien sind bisher 11 Absolventen zu verzeichnen, für das Lehramt Grundschule und Realschule dürfen die Zahlen aus Datenschutzgründen nicht publiziert werden (dies ist der Fall, wenn die Zahl zwischen 0 und 4 liegt), für die Hauptschule 0. Philosophie als Hauptfach im Magisterstudiengang studierenden derzeit 16 Studierende, 59 im Nebenfach, 10 als Ergänzungsfach Ethik für das Lehramt an Realschulen, 29 als Ergänzungsfach Philosophie/Ethik für das Lehramt an Gymnasien. Durch den Wegfall des Magisterstudiengangs und des Diplomstudiengangs Katholische Theologie (nach einem Beschluss des Vatikans und der Bayerischen Staatsregierung soll die Katholisch-Theologische Fakultät der Universität Passau für 15 Jahre „ruhen" und mit ihr der Diplomstudiengang) fällt ein Großteil der Studierenden (35 sind derzeit im Diplomstudiengang Katholische Theologie eingeschrieben, 75 im Magisterstudiengang, davon 16 im Haupt-, 59 im Nebenfach) weg, die Philosophie im Rahmen ihres Studiums belegen mussten.

Fazit: Nach dem Auslaufen des Magisterstudiengangs und des Diplomstudiengangs Katholische Theologie würde sich das Lehrangebot von zwei Lehrstühlen auf rund 40 Studierende im Ergänzungsfach Ethik bzw. Philosophie/Ethik verteilen sowie auf die Studierenden, die im erziehungswissenschaftlichen Teil ihres nicht vertieften Lehramtsstudiums Philosophie gewählt haben.

Neuer Diskussionspunkt: Ausbildung von Ethik-Lehrern

Seit einiger Zeit wird verstärkt ein anderer Aspekt diskutiert: Die Ausbildung von Ethik-Lehrern. Argumentiert wird, dass diese Ausbildung durch Lehrpersonal erfolgen muss, das nicht der Konkordatsbindung unterliegt, weil es eben weltanschaulich neutral unterrichten soll. Hierzu ist ein kleiner Exkurs nötig: Im Konkordat, einem Vertrag zwischen dem Freistaat Bayern und dem Vatikan aus dem Jahr 1924 (mit verschiedenen Ergänzungen), ist unter anderem festgelegt, an welchen Standorten der Freistaat Bayern Standorte zur Priesterausbildung zu unterhalten hat. So ist in einem Ergänzungsprotokoll zum Konkordat auch festgelegt, dass es in Passau eine Katholisch-Theologische Fakultät gibt und wie diese ausgestattet sein muss. Im jüngsten Zusatzprotokoll zu diesem Vertrag haben sich die beiden Vertragsparteien geeinigt, dass die Passauer und die Bamberger Fakultät für 15 Jahre „ruhen" sollen und die Zahl der Lehrstühle/Professuren in Passau in dieser Zeit des „Ruhens" auf fünf abgesenkt werden soll. Die Besonderheit: Im Konkordat ist auch die Existenz eines Lehrstuhls für Philosophie, eines für Gesellschaftswissenschaften und eines für Pädagogik in einer Fakultät festgelegt, die für das erziehungswissenschaftliche Studium zuständig ist. Also auch der Lehrstuhl von Prof. Lütterfelds unterliegt der Konkordatsbindung. Bei der Besetzung von konkordatsgebundenen Lehrstühlen muss die Katholische Kirche ihr Einverständnis mit der Personalie erklären. Ende des Exkurses.

Das Unterrichtsfach Ethik wurde 2002 an der Universität Passau eingeführt, damals gab es von Seiten des Ministeriums keine Auflagen hinsichtlich des Lehrpersonals. Allerdings gibt es eine Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs aus dem Jahr 1980, dass dort, wo im Rahmen der Lehrerausbildung konkordatsgebundene Lehrangebote bestehen, es für die Studierenden entsprechende Alternativen durch konkordatsungebundenes Lehrpersonal geben muss („Dem Studierenden muss die Wahl des Lehrangebots offen bleiben. (…) soweit jedoch an einzelnen Universitäten in bestimmten Fachgebieten nur ein konkordatsgebundener Lehrstuhl vorhanden sein sollte, müsste der Staat hieraus Schlussfolgerungen ziehen."). Unklar ist, ob es sich hierbei um Lehrstühle bzw. Professuren handeln muss oder ob das Angebot auch durch Lehraufträge abgedeckt werden kann – die es zum Teil bereits gibt. Derzeit laufen Gespräche zwischen Universität und Ministerium, um genau diesen Sachverhalt zu klären.

Für den Landtagsabgeordneten Eike Hallitzky (Bündnis 90/Die Grünen) ist die Tatsache, dass mit Professor Lütterfelds und dem Lehrstuhlinhaber für Philosophie aus der Katholisch-Theologischen Fakultät konkordatsgebundene Professoren künftige Ethik-Lehrer ausbilden, so, als ob „aufgeklärte Mullahs" Ethik unterrichten würden (Passauer Neue Presse, 23. Juni 2007). Er fordert, dass für die (derzeit) weniger als vierzig späteren Ethik- bzw. Philosophie-Lehrer konkordatsfreie Lehrstühle eingerichtet werden. Nicht berücksichtigt wird von ihm, dass es auch mehrere Lehraufträge sowie „außerplanmäßige" Professoren gibt, die nicht der Konkordatsbindung unterliegen und die Lehrveranstaltungen anbieten. Für die Universität ist die Situation klar: Wenn die Politik darauf besteht, dass künftige Ethik-Lehrer von konkordatsungebundenem Lehrpersonal unterrichtet werden müssen und die bestehenden Lehraufträge nicht ausreichen, muss die Politik auch die Mittel hierfür bereitstellen. Andernfalls würde die Universität – auch angesichts der geringen Studierendenzahlen – das Studienfach Ethik/Philosophie als Ergänzungsfach einstellen.

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In Umlauf befindliche Gerüchte und Argumente und deren Hintergrund

- „Die Universität Passau schließt die Philosophische Fakultät" (UniSpiegel, Mai 2007)

Im UniSpiegel wurde – auch durch die Darstellung der Aktionsgruppe „Liste Widerstand" – in einem Beitrag über die Reform der deutschen Universitätslandschaft behauptet, die Universität Passau würde die Philosophische Fakultät schließen. Dies ist natürlich Unsinn. Die Zahl der Studiengänge und auch die Zahl der Studierenden in der Philosophischen Fakultät ist deutlich ansteigend. Durch diese Form der Berichterstattung wird die Philosophische Fakultät und mit ihr die dort angesiedelten Studiengänge massiv beschädigt.

- „Das Lehr-Angebot an Philosophie nehmen auch andere Studierende wahr"

Das mag durchaus zutreffenden – trifft aber auf andere Fächer ebenso zu. Und: Ob an einer Vorlesung fünfzig oder siebzig Studierende teilnehmen, hat keine Auswirkungen auf den Aufwand des Lehrpersonals. Entscheidend für den Aufwand ist, wie viele Seminar- und Abschlussarbeiten betreut werden müssen.

- „Der Lehrstuhl von Prof. Lütterfelds muss erhalten bleiben"

Der Lehrstuhl bleibt erhalten. Wenn Prof. Lütterfelds in den Ruhestand tritt, wird der Inhaber des Lehrstuhls für Philosophie aus der Katholisch-Theologischen Fakultät in die Philosophische Fakultät auf eben diesen Lehrstuhl versetzt.

- „Verschärft wird die Situation allerdings noch dadurch, dass das Fach (Philosophie) künftig ausschließlich von konkordatsgebundenen Professoren, die den inhaltlichen Lehren der katholischen Kirche verpflichtet sind, vertreten und unterrichtet werden soll" (Pressemitteilung der Fachschaft Philosophie)

Diese Aussage erweckt den Eindruck, als ob ein nicht konkordatsgebundener Lehrstuhl abgeschafft werden soll. Dies ist nicht der Fall: Beide Lehrstühle für Philosophie sind konkordatsgebunden. Nicht berücksichtigt wird zudem, dass es auch bisher schon eine ganze Reihe an Lehrveranstaltungen von Lehrbeauftragten, außerplanmäßigen Professoren und Mitarbeitern an den Lehrstühlen gibt, die nicht der Konkordatsbindung unterliegen.

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Hinweis an die Redaktionen:

Rückfragen zu dieser Pressemitteilung richten Sie bitte an die Pressestelle der Universität Passau, Tel. 0851/509-1430, E-Mail: pressestelle@uni-passau.de.

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