Nelly Ma kennt sie gut, die über 1000 Jahre alten Gedichte aus der Tang-Dynastie. „Jeder chinesische Schüler lernt sie. Sie gelten als Höhepunkt chinesischer Dichtkunst und sind in China so geläufig wie in Deutschland z. B. der ,Erlkönig’“. Ins Ausland drang ihr Ruhm bisher nicht, da es kaum Übersetzungen gibt. Chinesische Lyrik gilt als extrem schwierig übertragbar. „Ein Zeichen in der chinesischen Schrift hat eine Bedeutung, die sich in den europäischen Sprachen nur mit mehreren Wörtern ausdrücken lässt. Hinzu kommt erschwerend, dass die Bedeutung auch stark vom Kontext abhängt“, erklärt Prof. Ulrich Manthe, Leiter des Sprachenzentrums der Universität Passau. Umso höher müsse man die Leistung einschätzen, die 300 Tang-Gedichte – die besten der Epoche wurden im 18. Jahrhundert zusammengefasst – ins Englische zu übersetzen. Vollbracht hat sie in mehrjähriger Arbeit ein 94-jähriger ehemaliger Postbeamter aus Schanghai. Wang Yushu wurde 1917 in Fujian geboren und hatte nie die Grundschule besucht. Er lernte aber bei einem privaten Lehrer die chinesischen Klassiker. Später studierte er Anglistik. Sein Interesse galt der englischen und amerikanischen Literatur, vor allem der Dichtung. Er arbeitete bis zur Pensionierung beim Shanghaier Postamt und anschließend acht weitere Jahre als Englisch-Dozent an der Shanghai Universität. Im Alter widmete er sich über mehrere Jahre der Übersetzung der Tang-Gedichte ins Englische, die unter dem Titel "Wang's Translation of 300 Tang Poems" vom Wuzhou Verlag in Beijing herausgegeben wurden. Über persönliche Beziehungen gelang es Nelly Ma, zwei Exemplare für die Bibliotheken der LMU und der Universität Passau als Schenkung zu erhalten. „Damit werden unsere Anstrengungen gewürdigt, Studenten aller Fachrichtungen in die chinesische Sprache und Kultur einzuführen“, sagt Prof. Manthe. Mit der Übersetzung erhalten die etwa 150 Studierenden, die pro Jahr mit Chinesisch beginnen, einen erleichterten Einblick in chinesische Lyrik.
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