Auf eine wechselvolle Geschichte kann der Backsteinbau südöstlich des Nikolaklosters zurückblicken: 1889 als Exerzierhalle erbaut, später als Turnhalle von verschiedenen Schulen und zuletzt als "Behelfsbibliothek" der Universität genutzt. 2006 hat das Staatliche Bauamt die Sanierung in Angriff genommen, nun erstrahlt die "Innsteg-Aula" - so ihr neuer Name - in neuem Glanz. Seit diesem Wintersemester nutzt die Universität die Halle als Veranstaltungs- und Prüfungsraum. Beim Tag der offenen Tür an der Universität am Samstag, 8. November, können alle Interessenten die Halle zwischen 10 und 17 Uhr besichtigen. Das Bauamt stellt dort auch die Baugeschichte der Universität dar.
Umbau des Gebäudes 2006 bis 2008
Die steigenden Studentenzahlen, die Einführung des modularen Studiensystems und der damit verbundene Raumbedarf, der im Bestand der Universität nicht gedeckt werden konnte, sowie der Umstand, dass das Hallengebäude unter Denkmalschutz gestellt werden konnte, ermöglichten den Erhalt der Bausubstanz und von 900 Quadratmeter wertvoller Nutzfläche für die Universität. Das Staatliche Bauamt Passau sicherte ab 2006 zunächst die durch die verschiedenen Nutzungen stark geschädigte Bausubstanz mit einem Aufwand von rund 1 Million Euro nach den Vorgaben der Denkmalpflege. Wie sich während der Sanierungsmaßnahmen herausstellte, war eine Vielzahl der Dachbalken bereits so verfault, dass in Teilbereichen eine akute Einsturzgefahr bestand.
Nach der Feststellung des benötigten Raumprogramms durch die Universität plante das Bauamt ab 2007 den Innenausbau der Halle, die nun - genau 30 Jahre nach Inbetriebnahme als "Behelfsbibliothek" - von der Universität als modern ausgestattetes Prüfungs- und Seminargebäude genutzt werden kann.
Die neue Nutzung als Prüfungs- und Seminargebäude ist sowohl für die Universität als auch für das "Baudenkmal Innsteg-Aula" ein Gewinn. Der Bedarf an großflächigen Räumen ermöglichte im Inneren den ursprünglichen Hallencharakter weitgehend wiederherzustellen und das historische Dachtragwerk wieder sichtbar zu machen. Auch außen wurde der Baukörper von den nachträglich hinzugekommenen Anbauten - der Hausmeisterwohnung im Osten und dem Heizhaus im Süden - befreit. Der Hallenbau erhielt dadurch seinen repräsentativen Charakter wieder zurück. Mit dem Umbau wurden auch umfangreiche Um- und Anpassungsmaßnahmen an Dach, Fenstern, Böden und Fassaden vom Bauamt ausgeführt, um das Gebäude für die aktuellen Baustandards zu ertüchtigen.
Zum Umbaukonzept des Staatlichen Bauamtes gehört der Einbau einer rein mineralischen Innendämmung, die Installation einer Fußbodenheizung, die über das Fernwärmenetz der Universität versorgt wird, sowie die Anordnung eines über die gesamte Hallenlänge verlaufenden Oberlichtbandes, das trotz der großen Flächen genügend Licht in die Halle bringt, um tagsüber auf Kunstlicht verzichten zu können. Die neuen Fenster bestehen aus Isolierglas-Lamellen, die sich öffnen lassen, ohne dass die innenseitigen Sonnenschutzraffstores hochgefahren werden müssen. Da die Innsteg-Aula baurechtlich als Versammlungsstätte anzusehen ist, wurden die notwendigen zweiten Fluchtwege ins Freie so geplant, dass die Ausgänge auf der Südseite auf eine neu geschaffene Holzterrasse führen. Mit attraktiven Sitzstufen zum Innufer hin bietet die Innsteg-Aula jetzt auch in den Außenanlagen eine besondere Aufenthaltsqualität.
Das Raumprogramm der Universität beinhaltet im Wesentlichen zwei große, durch eine mobile Trennwand unterteilte Prüfungs- und Seminarräume, die bei Bedarf zu einem großen Raum von rund 550 Quadratmeter verbunden werden können. Jede der beiden Raumeinheiten ist dabei mit einer eigenen Nebenraumzone (WC-, Lager- und Büroflächen) sowie einem eigenen Zugang ausgestattet, die - spiegelsymmetrisch an den Kopfenden der Halle angeordnet - eine voneinander unabhängige Nutzung der beiden Prüfungs- und Seminarräume zulassen. Die unterschiedlichen Anforderungen an einen Prüfungs- und Seminarbetrieb erforderten einen flexiblen Innenausbau, der in der Halle nun auch andere Veranstaltungen der Universität wie Ausstellungen, Empfänge, Konzerte oder Theateraufführungen zulässt.
Die Kosten des Ausbaus betragen ca. eine Million Euro. Vor dem Hintergrund, dass insgesamt ca. 960 Quadratmeter neuwertige, modern ausgestattete Nutzflächen unter Berücksichtigung der Anforderungen des Denkmalschutzes geschaffen wurden, konnte das Staatliche Bauamt Passau selbst bei Hinzurechnung der Sicherungsmaßnahmen die Ansätze für vergleichbare Neubauten um rund 40 Prozent unterschreiten.
Sponsoren unterstützten neue Nutzung
Zeitgleich mit dem Baubeginn hatte die Universität auch ein Sponsoring- und Fundraising-Konzept gestartet: Privatpersonen hatten die Möglichkeit, ab einer Spende in Höhe von 500 Euro "ihren" eigenen Stein am Gebäude zu erwerben. Insgesamt kamen so über 70 Steine zusammen. Die mit dem Namen des Spenders versehenen Steine wurden mittlerweile in eine vor der Innsteg-Aula neu errichtete Wand integriert. Mehrere Spender haben deutlich höhere Summen gestiftet, darunter sogar ein fünfstelliger Betrag. Insgesamt kamen so knapp 110.000 Euro zusammen.
Geschichte des Gebäudes
Das 1889 für die Nikolaikaserne von dem Passauer Baumeister Bonifaz Kieffer errichtete "Exerzierhaus" diente ursprünglich als Offiziersreithalle und ist heute ein wichtiges Zeugnis des gründerzeitlichen Ausbaus am linken Innufer. In seiner neuromanischen Formensprache stellt der denkmalgeschützte, mit Lisenen gegliederte Ziegelbau stilistisch einen besonderen Bezugspunkt zu benachbarten Bauwerken aus dieser Zeit her; der altkatholischen Auferstehungskirche und zur Eisenbahnbrücke, von deren Portalen nur noch ein Turm erhalten ist. Interessant ist auch - wie ein Vermessungsblatt der Stadt Passau aus dem Jahr 1826 belegt - dass auf dem Bauplatz des Exerzierhauses zuvor ein Salzstadel mit vergleichbaren Ausmaßen stand.
Die Exerzierhalle diente im ersten Weltkrieg als Lazarett. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude als Fahrzeughalle, Omnibusgarage, Produktions- und Lagerstätte der Oetker-GmbH und ab 1956 bis 1975 als Sporthalle (Innsteg-Turnhalle) genutzt. Das Landbauamt Passau, heute aufgegangen im Staatlichen Bauamt Passau, baute die Halle von 1976 bis 1978 für die Universität mit einfachsten Mitteln zu einem Bibliotheksgebäude um. Die Bibliotheksnutzung für die Universität war von Anfang an als Provisorium vorgesehen, da das Gebäude nach der Errichtung geeigneter neuer Bibliotheksräume zunächst abgerissen und das Grundstück an die Stadt zurück veräußert werden sollte.
**********************************************************************
Hinweis an die Redaktionen: Rückfragen zu dieser Pressemitteilung richten Sie bitte an die Pressestelle der Universität Passau, Tel. 0851/509-1430, E-Mail: pressestelle@uni-passau.de.