Der Kern der interdisziplinären Forschungsgruppe besteht aus Prof. Dr. Harry Haupt (Universität Passau, Lehrstuhl für Statistik), Prof. Dr. Thomas Knieper (Universität Passau, Lehrstuhl für Computervermittelte Kommunikation), Prof. Dr. Helmut Küchenhoff (LMU München; Statistisches Beratungslabor), Dr. Stefan Mang (Universität Passau, Institut für Markt- und Wirtschaftsforschung), PD Dr. Joachim Schnurbus (Universität Passau, Lehreinheit für Statistik), Prof. Dr. Paul W. Thurner (LMU München, Lehrstuhl für Empirische Politikforschung und Policy Analysis) und Prof. Dr. Melanie Walter-Rogg (Universität Regensburg, Professorin für Politikwissenschaft mit Schwerpunkt Methoden). Das Gesamtprojekt versteht sich als Fortsetzung eines 2013 in München begonnenen Lehr-Forschungs-Projektes zur Landtags- und Bundestagswahl. Die damaligen Ergebnisse sind im Buch „Exit Polls und Hybrid-Modelle: Einer neuer Ansatz zur Modellierung von Wählerwanderungen“ dokumentiert.
Zentrales Ziel der Forschung ist, das Wahlverhalten besser zu verstehen. Im besonderen Fokus stehen hierbei die Wechselwähler. Immer mehr Wählerinnen und Wähler entscheiden sich um und setzen ihr Kreuz bei einer anderen Partei. „Wir wollen herausfinden, welche Themen für diese Zielgruppe im Wahlkampf besonders relevant waren“, sagt Prof. Dr. Thomas Knieper. „Was waren die auslösenden Motive, bei dieser Wahl eine andere Partei zu wählen? Von welchen Parteien kommen die Wechselwähler? Für welche Parteien haben sie sich dieses Mal entschieden? Wie lassen sich die Wählerwanderungen berechnen? All das sind Fragen, die das Forscherteam beantworten möchte.“
Im ersten Teilprojekt werden Exit Polls, also Nachwahlbefragungen, durchgeführt. Wählerinnen und Wähler werden nach ihrer Stimmabgabe vor ausgewählten Wahllokalen in München, Regensburg und Passau befragt. In Passau wurden hierfür vierzehn Wahllokale ausgewählt, vor denen das Institut für Markt- und Wirtschaftsforschung der Universität Passau in Kooperation mit Studierenden des Passauer Studiengangs „Journalistik und Strategische Kommunikation“ die Befragungen durchführt – im Rahmen eines Lehrprojekts, das die Universität Passau aus eigenen Mitteln fördert.
„Die Wählerinnen und Wähler werden nach der Wahl gezielt angesprochen und gebeten, einen Fragebogen auszufüllen. Alle Fragebögen werden in einer versiegelten Urne gesammelt. So wird sichergestellt, dass die oder der einzelne Befragte anonym bleibt“, beschreibt Dr. Stefan Mang den Ablauf. „Die Daten selbst werden erst nach Schließung der Wahllokale ausgewertet.“ Bei der Nachwahlbefragung wird strengstens darauf geachtet, dass die eigentliche Wahl nicht behindert oder beeinflusst wird. Die Teilnahme an der Befragung ist freiwillig. „Die erhobenen Daten lassen keinerlei Rückschlüsse auf einzelne Personen zu“, betont Mang.
Das zweite Teilprojekt besteht aus einer Telefonbefragung, die bayernweit vor und nach der Wahl durchgeführt wird. Der Fragebogen wurde von den beteiligten Forschungsteams gemeinsam erarbeitet, die Befragung selbst wird ebenfalls vom Institut für Markt- und Wirtschaftsforschung der Universität Passau vorgenommen. Das Ziel: Eine wissenschaftlich transparente Schätzung der Wählerwanderungen im Flächenland Bayern.
„Die Telefonbefragung ist sehr wichtig, da wir hier auch Personen erreichen, die nicht in die Wahllokale kommen, also Nichtwähler oder Briefwähler“, sagt Dr. Joachim Schnurbus. „In der Auswertung kombinieren wir die telefonisch erhobenen Daten systematisch mit den Ergebnissen der Exit Polls sowie den aggregierten Daten der amtlichen Wahlergebnisse auf Gemeinde- und Stimmbezirksebene.“
Eine Online-Befragung rundet die beiden ersten Teilprojekte ab. Neben dem Wahlverhalten kann hier insbesondere der Meinungs- und Willensbildungsprozess bei der Wahlentscheidung nachvollzogen werden.
„Durch die Daten-Kombination aller drei Erhebungen sowie den interdisziplinären methodischen Ansatz werden detaillierte Aussagen über Wahlentscheidungsprozesse und belastbare Ergebnisse zur Wählerwanderung möglich“, fasst Knieper zusammen. Erste Teilergebnisse sollen bereits in der Woche nach der Landtagswahl präsentiert werden.
Das Projekt wird von der Fritz Thyssen Stiftung gefördert.