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DGS-Kongress "Grenzen": Professor Hess-Lüttich zeigt Parallelen in Hass-Kampagnen auf

Der Germanist Prof. Dr. Ernest Hess-Lüttich hat an der Universität Passau im Rahmen des DGS-Kongresses "Grenzen" die Schweizer Minarettverbots-Initiative aus dem Jahr 2008 analysiert. Das Thema könnte aktueller kaum sein.

| Lesedauer: 3 Min.

"In ihrem Parteiprogramm fordert die AfD das Verbot von Minaretten und warnt vor einer schleichenden Islamisierung. Mir kommt das alles sehr bekannt vor", sagte Prof. Dr. Ernest Hess-Lüttich in seinem Vortrag an der Universität Passau (online abrufbar auf dem Videoportal der Universität). Der Honorarprofessor im Fachgebiet Allgemeine Linguistik an der TU Berlin sprach im Rahmen des Kongresses "Grenzen" der Deutschen Gesellschaft für Semiotik (DGS), der noch bis zum 15. September an der Universität Passau stattfindet. Die Deutsche Forschungsgesellschaft (DFG) fördert die Veranstaltung.

Hess-Lüttich, der Professor für Germanistik an der Universität Bern war, analysierte in seinem Vortrag die Minarett-Kampagne in der Schweiz, die 2008 - entgegen aller Prognosen - erfolgreich war. Landesweit für Aufregung sorgten insbesondere die provokanten Plakate: Sie zeigten eine verschleierte Frau und Minarette, die wie Raketen aus der Schweizer Fahne ragten. Damit hatten die Befürworter des Verbots erfolgreich die Stimmung im Land gedreht. Die Kampagne gestaltete eine Agentur mit Sitz in Zürich, die Rechtspopulisten auch anderswo berät. Sie soll Hess-Lüttich zufolge auch die aktuellen Plakate der AfD entworfen haben.

Die Islam-Hasser weisen Hess-Lüttich zufolge damals wie heute Merkmale von Aristoteles‘ "topischer Argumentation" auf. Anstatt sich mit Fakten auseinandersetzten zu müssen, berufen sie sich auf den vermeintlich gesunden Menschenverstand, auf "unmittelbar einsichtige Plausibilität". Hess-Lüttich weiter: "Diskursive Argumentationsketten müssen also gar nicht mehr ausformuliert werden." Stattdessen könne sich jeder selbst seinen emotionalisierten Reim daraus machen.

"Dem hatten die Gegner der Initiative kaum etwas entgegen zu setzen", erklärte Hess-Lüttich. Deren Plakat zeigte viel Himmel und verschiedene Spitzen von Gotteshäusern kombiniert mit dem Slogan "Der Himmel über der Schweiz ist groß genug". Hess-Lüttich dazu: "Die Botschaft von Toleranz vermochte nicht annähernd so zu emotionalisieren wie die Plakate der Pro-Initiative."

Professor Decker lehnt "intellektuellen Populismus" ab

Jan-Oliver Decker, Professor für Neuere Deutsche Literaturwissenschaft und Mediensemiotik an der Universität Passau, hingegen nannte das Bild der Gegner "stark": "Das Plakat lässt Raum, der noch gedanklich gefüllt werden kann." Decker sprach sich dagegen aus, den Rechtspopulisten mit ebensolch einfacher Sprache und einfachen Bildern antworten zu wollen: "Wir dürfen uns auf diese populistischen Welten nicht einlassen." Und weiter: "Es kann keinen intellektuellen Populismus geben. Das ist ein Widerspruch in sich."

Über den Kongress "Grenzen"

Der Kongress "Grenzen“ bringt Semiotikerinnen und Semiotiker der Universität Passau, aus dem gesamten Bundesgebiet sowie aus Europa, den USA und Brasilien nach Passau. Die Konferenz beleuchtete das Thema aus verschiedenen Perspektiven: In insgesamt 12 Panels und 125 Vorträgen befassten sich die Forscherinnen und Forscher etwa mit Mauern, Grenzen des Designs, Grenzen der Mode, der Rolle der Medien und der Literatur im digitalen Zeitalter sowie mit Politischen Internet-Memes.

In der St. Anna-Kapelle, dem Ausstellungsraum des Kunstvereins Passau, ist begleitend noch bis 15. Oktober die Ausstellung "Grenzen" zu sehen. Sie zeigt Arbeiten von Studierenden der Universität Passau im Dialog mit ästhetischen Positionen der Passauer Künstler Rudolf Klaffenböck und Alois Jurkowitsch.

Linktipp

Prof. Dr. Jan-Oliver Decker im Gespräch mit dem SWR zur Bedeutung von Zeichen und zu Meilensteinen der semiotischen Forschung


Quellen zu den Bildern im Video

Pumpwerk Sansscouci, Wikimedia Commons, michiel1972

Zentralmoschee in Köln-Ehrenfeld, Wikimedia Commons, Superbass

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