"Das vorrangige Ziel der Studie ist es, vier zentrale Fragestellungen zu beantworten", so Vizekanzler und Leiter der Wissenschaftsunterstützenden Dienste Thomas Werrlein. "Wie ausgeprägt ist die wahrgenommene psychische Belastung unter Passauer Studierenden? Wie wird das psychologische Beratungsangebot der Universität wahrgenommen? Wie viele Studierende haben schon einmal ein Beratungsangebot in Anspruch genommen? Welches Beratungsangebot gibt es im Raum Passau und wie hoch ist die Beratungskapazität?" Man vertraue grundsätzlich auf die Selbstkompetenz der Studierenden, sich Hilfe zu suchen, "dennoch haben wir in akuten Fällen auch eine Fürsorgepflicht", erklärt Werrlein.
Befragt wurden während des vergangenen Wintersemesters in ausgewählten Lehrveranstaltungen und mittels Onlinebefragung die Studierenden der Universität sowie die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Refugee Programmes. "Insgesamt haben wir eine Stichprobe von 3.555 Personen, was einem Anteil von 28 Prozent der Gesamtstudierendenzahl entspricht", weiß Dr. Stefan Mang vom Centrum für Marktforschung der Universität, der die Studie leitete. Ergänzend wurden außerdem Expertinnen und Experten aus dem ärztlich-psychologischen Umfeld befragt.
Das Ergebnis: Prüfungsstress, Leistungsdruck und Zukunftsängste sind die klaren Spitzenreiter unter den Belastungen im Studienalltag. Die Ursachen hierfür liegen jedoch vielfach im Privaten. "Bedeutende Einflussfaktoren für psychische Belastungen liegen vor allem im sozialen Umfeld der Studierenden: Sie vermissen sozialen Anschluss, kämpfen mit Beziehungsproblemen oder der neuen Lebenssituation", fasst Mang zusammen. 9% der Passauer Studierenden geben auf Basis ihrer Selbsteinschätzung an, schwerere psychische Symptom-Belastungen zu haben. Auch Alkohol- und Medikamentenmissbrauch sei unter Passauer Studierenden ein Thema: So habe etwa jede Siebte bzw. jeder Siebte schon einmal persönliche Erfahrung mit Medikamenteneinnahme zur Leistungssteigerung gemacht. Laut einer aktuellen Barma-Studie nehmen psychische Erkrankungen unter Studierenden zu: Im Jahr 2015 hatte mehr als jeder sechste Student (17 Prozent) eine psychische Erkrankung.
Die Zufriedenheit mit dem bisherigen Beratungsangebot der Universität, das über die psychologische Beratungsstelle koordiniert wird, fällt gemischt aus. "Sehr geschätzt wird, dass man sich bei mir stets anonym beraten lassen kann", sagt Uni-Psychologe Wolfgang Wibmer. "Zugleich sehen wir an den Ergebnissen, dass die Möglichkeiten und Anlaufstellen für eine Beratung innerhalb aber auch außerhalb der Universität noch nicht ausreichend bekannt sind." Darauf wolle man nun Antworten suchen - gemeinsam mit der Studierendenvertretung, Ko-Auftraggeberin der Studie.
"Wir begrüßen, dass sich auf höchster Universitätsebene mit dem Thema befasst wird und dass über Maßnahmen geredet wird. Allerdings sind uns sowohl die Maßnahmen als auch die Diskussion über das Thema zu kurz gedacht. Unsere Nachforschungen ergaben, dass jemand, der in Passau ein psychisches Problem hat, nicht immer zeitnah Hilfe findet. Deswegen fordern wir weiterhin, dass eine zweite Psychologinnenstelle an der Universität Passau eingerichtet wird", so die studentische Senatorin Kim Seibert.
Laut der Aussagen von Expertinnen und Experten ist der Raum Passau im Bereich psychologische Beratung ausreichend aufgestellt. Deren Befragung zeigt sogar statistisch eine Überversorgung an. "Allerdings muss jede und jeder Beratungssuchende erst das für sich passende Angebot finden", sagt Mang "und gerade darin ist sicherlich noch Verbesserungspotential hinsichtlich des Informationsangebotes". Insgesamt 61 Psychotherapeutinnen und -therapeuten mit Kassenzulassung, sind neben weiteren, niederschwelligen Beratungsstellen in der Kreisregion tätig.
"Wir richten daher nun unser Augenmerk darauf, unseren Service im eigenen Haus noch besser zu gestalten, die Vernetzung innerhalb des Hauses und mit den bestehenden Beratungsangeboten in der Region zu stärken und diese bekannter zu machen", so Werrlein.
In einer Diskussion der Ergebnisse der Studie mit Vertreterinnen und Vertretern der Universitätsleitung, der Studierendenvertretungen, des Konvents der wissenschaftlichen und künstlerischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, der psychologischen Beratungsstelle, der Studienberatung und der Studiengangskoordinationen der Fakultäten, des Referats für Gleichstellung, des Prüfungssekretariats, des Zukunft: Karriere und Kompetenzen sowie des Studentenwerks wurden mögliche Maßnahmen diskutiert. Prof. Dr. Jörg Fedtke, Vizepräsident für Qualitätsmanagement und Diversity, betonte die Bedeutung der "Universitätscommunity", also die Stärkung einer Gemeinschaft, in der alle Mitglieder gegenseitig Verantwortung füreinander übernehmen. Prof. Dr. Daniela Wawra, Vizepräsidentin für Studium, Lehre und Internationales begrüßte insbesondere die Initiative, ein universitätsinternes Netzwerk "Studierendengesundheit" ins Leben zu rufen. Kim Seibert regte als Einstieg in ein solches Netzwerk einen Informationsabend für alle Interessierten an.