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Situation der Frauen in Indonesien: DFG fördert Forschungsprojekt der Südostasienkunde mit 145.000 Euro

| Lesedauer: 3 Min.

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert das Forschungsprojekt „Re-defining gender in contemporary Indonesia. Empowerment strategies of Muslim and secular women activists“ des Lehrstuhls für Südostasienkunde I (Insulares Südostasien, Prof. Dr. Susanne Schröter) mit 145.000 Euro. Gemeinsam mit ihrer Mitarbeiterein Dr. Monika Arnez wird Schröter untersuchen, wie sich die Situation der Frauen im Indonesien der Nach-Suharto-Ära entwickelt hat. Mit diesem Projekt begeben sich die beiden Südostasien-Expertinnen auf wissenschaftliches Neuland – bisher wurde dazu nämlich noch nicht geforscht.

Seit dem Ende des autoritären Suharto-Regimes konnten indonesische Aktivistinnen bemerkenswerte Erfolge verzeichnen. Zentren für Frauenforschung wurden an Universitäten und islamischen Instituten errichtet, Programme für das Empowerment von Frauen wurden in staatlichen und nicht-staatlichen Institutionen implementiert und Gender-Beziehungen wurden in Frage gestellt. Frauenorganisationen haben juristische Beratungsstellen und Frauenhäuser im gesamten Archipel errichtet und eine landesweite Kampagne gegen häusliche Gewalt gestartet. „In indonesischen Frauenorganisationen wird ‚Gender Mainstreaming’ als Teil des gegenwärtigen Transformationsprozesses identifiziert, der sich durch eine Abkehr von der durch den Islam etablierten Ordnung und früheren Gender-Ideologien auszeichnet“, so Prof. Susanne Schröder.  „Der Aktivismus der Frauen steht in enger Verbindung mit Demokratisierung, Liberalismus und Pluralismus.“

Allerdings blieben derartige Vorstellungen von Empowerment und Gender Mainstreaming nicht unangefochten. Viele religiöse Führer haben sie als Transgression islamischer Regeln und Werte betrachtet und argumentieren für eine Rückkehr zu konservativen Gendermodellen. Sie haben Anstrengungen unternommen, den weiblichen Körper zu kontrollieren und zu überholten Genderrollen zurückzukehren. Ihr zunehmender Einfluss hängt eng mit der Revitalisierung des Islam zusammen, der in den 1980er Jahren entstand und seit den späten 1990er Jahren fest in Indonesien Fuß gefasst hat. In mehreren Regionen konnten konservative Kräfte unlängst erfolgreich die shari’a, eine islamische Kleiderordnung und ein nächtliches Ausgangsverbot für Frauen implementieren.  

Geschlechterbeziehungen, Sexualität und Moral werden im gegenwärtigen Indonesien kontrovers diskutiert. Die Debatten nehmen einen großen öffentlichen Raum ein, werden medial aufbereitet, lösen Massendemonstrationen und sogar gewalttätige Ausschreitungen aus. Für die Beteiligten sind sie untrennbar mit Vorstellung von Nation und Staat verbunden, so dass nicht nur verhandelt wird, ob Frauen sich verschleiern müssen oder nicht, sondern auch, ob Indonesien nach und nach zu einem islamischen Staat werden oder eine offene Gesellschaft bleiben soll.  

Das Forschungsvorhaben setzt an diesen Konfliktlinien an und widmet sich besonders der Thematik, wie Frauenorganisationen ihre Ideen von Geschlechterbeziehungen, Partizipation, Moral und Sexualität vermitteln, wie sie diese in der Gesellschaft verankern und wie muslimische Frauenorganisationen Reinterpretationen islamischer Quellen nutzen, um Frauenrechte zu stärken. Nicht zuletzt wird es um Besonderheiten bei der Vergegenwärtigung und Realisierung einer demokratischen indonesischen Moderne gehen, der Konstruktionen von Gender und Moralität zugrunde liegen.  

Das Projekt beschreitet neue Wege, denn die Diskurse und sozialen Praktiken indonesischer Aktivistinnen waren bislang noch niemals Fokus einer wissenschaftlichen Arbeit. Im Mittelpunkt stehen dabei Fragen, auf welche Weise Frauen in Indonesien als Agentinnen politischer und sozialer Transformation fungieren, welche Mittel ihnen zur Durchsetzung eigener Ziele zur Verfügung stehen, ob und wie sie sich mit dissidenten Vorstellungen in den politischen Raum einschreiben und wie sie politische Theorien mit privaten Lebensentwürfen vereinbaren. Die Studie unternimmt den Versuch, Alltagspraxen mit theologischen und politischen Diskursen zu konfrontieren, ethnologische mit politikwissenschaftlichen Ansätzen zu kombinieren und dadurch sowohl eine Analyse der gegenwärtigen Entwicklungen der indonesischen Gesellschaft zu leisten als auch eine dichte Beschreibung der virulenten Szene von politischen Akteurinnen und Akteuren zu erstellen, die für den weiteren Verlauf der Geschichte eine große Rolle spielen werden.  

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Hinweis an die Redaktionen: Rückfragen zu dieser Pressemitteilung richten Sie bitte an Prof. Dr. Susanne Schröter, Tel. 0851/509-2740, oder an die Pressestelle der Universität Passau, Tel. 0851/509-1430, E-Mail: pressestelle@uni-passau.de.

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Nicola Jacobi und Barbara Weinert
Tel.: +49 851 509-1434, -1450
kommunikation@uni-passau.de

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