„Der erste Workshop verlief sehr gut, und wir sind zufrieden mit den wertvollen Informationen, die wir aus der Diskussion gewinnen konnten“, sagt Leon Bögel, der die Waterwise-Projektaktivitäten an der Universität Passau koordiniert. „Ein zentraler Teil der Diskussion drehte sich um die Stabilität des Tourismus in der Region und die enge Verbindung vieler touristischer Aktivitäten mit den Wasserressourcen – sowohl direkt als auch indirekt. Beispielsweise fahren Touristinnen und Touristen auf der Zugspitze Ski, wandern an der Partnach entlang zur Partnachklamm oder sind auf lokale Agrarprodukte und sauberes Trinkwasser angewiesen. Kurzfristig mag das Schmelzwasser aus Gletschern und Permafrost die Wasserverfügbarkeit sichern, doch langfristig werden die Wasserstände stark abnehmen, sobald die Gletscher abgeschmolzen sind und die steigenden Temperaturen sowie der reduzierte Niederschlag nicht ausreichen, um sie zu erneuern. Dies wird große Herausforderungen mit sich bringen, für die unsere Managementpläne möglicherweise eine wertvolle Hilfe sein können.“
Die gesamte Region ist stark vom Wirtschaftszweig Tourismus abhängig: In Garmisch-Partenkirchen wurden im Jahr 2023 rund 1.620.000 Übernachtungen registriert, und die Besucherzahlen der Partnachklamm – seit 1912 ein Naturdenkmal und seit 2006 ein nationales Geotop – haben sich zwischen 2010 und 2023 mehr als verdoppelt (von 240.000 auf 490.000), laut Daten der Partnachklamm-Verwaltung. Im Jahr 2023 erklärte Bürgermeisterin Elisabeth Koch, dass die Gemeindeverwaltung plane, die Besucherzahlen in der Klamm zu regulieren, um die Wasserressourcen zu schonen und die lokale Biodiversität zu schützen. Zudem betrifft das Problem nicht nur die Region selbst: Ein weiterer Fluss der Gegend, die Loisach, versorgt München mit Wasser. Jegliche Veränderungen der Wasserqualität oder -quantität hier hätten also Auswirkungen bis in die bayerische Landeshauptstadt und darüber hinaus.
„Ich halte es für äußerst wichtig, wissenschaftliche Erkenntnisse auf angemessene und verständliche Weise an die Öffentlichkeit zu kommunizieren“, sagt Dr. Till Rehm, wissenschaftlicher Koordinator der Forschungsstation Schneefernerhaus. „Ein wesentlicher Bestandteil des Workshops ist es, eine breite Palette an Meinungen und Perspektiven von Wissenschaftlern sowie lokalen Interessengruppen zusammenzubringen – und ich denke, das ist uns gelungen. Ebenso entscheidend ist eine gute Kommunikationsstrategie, um die Zielgruppen für die Thematik zu sensibilisieren.“
Rund um die Partnach und auf der Zugspitze wird das Waterwise-Team Daten aus dem Flussnetzwerk rund um den nördlichen Schneeferner sammeln. Diese, zusammen mit den Ergebnissen des Workshops, werden die Grundlage für die Entwicklung gemeinschaftlich gestalteter langfristiger Strategien zur Erhöhung der Widerstandsfähigkeit der Alpenregionen insbesondere hinsichtlich ihrer Wasserressourcen bilden.
Das Ziel von Waterwise ist eine innovative digitale Toolbox – ein Set von Instrumenten, das in einer Reihe von Workshops wie dem in Garmisch-Partenkirchen entwickelt wird. Diese Toolbox soll als praktischer Leitfaden dienen, der auch in anderen Alpenregionen angewendet werden kann, um die Widerstandsfähigkeit der Gemeinden, ihrer Wasserressourcen und ihrer Biodiversität zu stärken. Zu den identifizierten Pilotregionen, in denen die Toolbox entwickelt, getestet und validiert wird, gehören neben der Zugspitze auch Contamines Montjoie und Grande Sassière (Frankreich), das Jamtal (Österreich), Rèchy und Valposchiavo (Schweiz), Sadole (Italien) sowie das grenzüberschreitende Grundwasserreservoir am Berg Peca/Petzen (Österreich/Slowenien). Darüber hinaus werden viele weitere Regionen als Testgebiete dienen, um die Anwendbarkeit der Toolbox auf unterschiedlichste alpine Umgebungen zu bewerten.
Zahlreiche lokale Vertreterinnen und Vertreter nahmen am Auftakt-Workshop teil, um ihre Erfahrungen und Bedürfnisse im Zusammenhang mit den Wasserressourcen zu teilen. Zu den vertretenen Akteurinnen und Akteuren gehörten unter anderem: das Bayerische Landesamt für Umwelt (LfU), die Gemeinde Garmisch-Partenkirchen, das Wasserwirtschaftsamt, die Forschungsstation Schneefernerhaus, der Bayerische Bauernverband, der örtliche Fischereiverein, der Deutsche Alpenverein (DAV), die lokale Tourismusagentur, der Bund Naturschutz, die Verwaltung der Partnachklamm sowie die lokale Sektion des WWF (World Wildlife Fund). Ein zweiter Workshop ist für das Frühjahr 2026 geplant.