Mehrere wissenschaftliche Organisationen und Universitäten, federführend aus Deutschland, hatten gemeinsam mit Kirchenvertretern zum dreitägigen Austausch an die Päpstliche Universität Gregoriana in Rom geladen: Im Mittelpunkt der Vorträge und Diskussionen standen Wege und Möglichkeiten einer „Integralen Ökologie“. Naturwissenschaften und Theologie blicken mit Sorge auf eine immer stärker von menschlichen Nutzungsansprüchen gekennzeichnete und oft genug bereits ausgebeutete Erde. Können wir das Ausbluten unseres Planeten noch verhindern – und hilft dabei vielleicht eine Kombination wissenschaftlich-rationaler Herangehensweisen mit Elementen spiritueller Erfahrung?
„Die ökologische Krise der Welt ist zugleich eine tiefe soziale Krise. Es bedarf der Zusammenwirkung von allen Menschen guten Willens, um die Weltgemeinschaft in eine nachhaltige Lebensweise zu führen. Nüchterne Wissenschaft und spirituelle Erfahrung können hierfür gemeinsam beitragen“, stellt Prof. Dr. Ulrich Bartosch fest, Präsident der Universität Passau. Er hatte 2015 im Erscheinungsjahr der Umwelt- und Sozial-Enzyklika „Laudato si‘“, ein Projekt der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt und der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler, begonnen und seither geleitet. Seit seinem Wechsel an die Universität Passau sind hiesige Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hinzugetreten. Gemeinsam mit dem Club of Rome (CoR) und dessen Konzept „Aufklärung 2.0“ ergeben sich zahlreiche Anknüpfungspunkte für die Wissenschaft auch in der Beantwortung letzter und letztgültiger Fragen – bis hin zu einer neuen Spiritualität der Bewahrung. Der Ehrenvorsitzende des CoR Prof. Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker war einer der Keynote-Speaker der Konferenz.
„Viele Vorträge zeigten sehr deutlich das Ringen um ein ökologisch adäquates Verhalten des Menschen, gerade auch im Kontext des globalen Südens, der viele der essentiellen Herausforderungen unmittelbarer und durchschlagender erfährt als die durchrationalisierte Welt des Nordens“, äußert sich Prof. Dr. Werner Gamerith, Beauftragter für Nachhaltigkeit an der Universität Passau, zu den Erfahrungen aus Rom. „In Lateinamerika beispielweise zeigt sich deutlich, dass der überdimensionierte Ressourcenabbau seine Grenzen vielerorts überschritten hat und bereits breiten Widerstand in der Bevölkerung generiert, dem sich auch die Machtlosen und Unterprivilegierten anschließen. Katholische Universitäten und Bildungseinrichtungen verleihen diesem Protest eine wirkungsvolle Stimme.“ Von der Universität Passau beteiligte sich auch Prof. Dr. Bernhard Bleyer, Lehrstuhl für Theologische Ethik, an den römischen Diskussionen, der in seinem Vortrag einen kritischen Blick auf die Maßzahlen und Indikatoren der menschlichen Entwicklung warf.
Insgesamt rund 40 internationale Fachleute u.a. aus Deutschland, Italien, Großbritannien, den USA, Costa Rica, Kolumbien, Argentinien, den Philippinen, China und dem subsaharischen Afrika, großteils live und manchmal digital zugeschaltet, referierten vor der imposanten Kulisse der Gregoriana. Hinzu kamen weitere Gäste und Interessierte aus dem wissenschaftlichen Bereich, der Kirche und kirchenaffinen Bereichen.
Neben der Päpstlichen Universität und der Universität Passau wirkten an der Organisation der Konferenz die Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt, die Vereinigung Deutscher Wissenschaftler VDW, der Club of Rome und das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung PIK mit.
Eine weitere Tagung für 2023 oder 2024 ist im Gespräch. Auf Einladung des Deutschen Botschafters am Heiligen Stuhl, Dr. Bernhard Kotsch, und seiner Frau vertiefte das Ehepaar Bartosch die Themen der Konferenz und Fragen der Hochschulpolitik im persönlichen Gespräch. Dabei wurde auch ein mögliches Treffen an der Universität Passau ins Auge gefasst.