David Avido wohnt und arbeitet im Stadtteil Kibera, einem der größten so genannten Slums in Kenias Hauptstadt Nairobi. Er wuchs als Sohn einer alleinerziehenden Mutter auf, die mit Gelegenheitsjobs ein bescheidenes Einkommen zur Versorgung der Familie verdiente. Aufgrund finanzieller Engpässe musste er schon früh die Schule abbrechen und war praktisch auf sich allein gestellt. Halt gab ihm eine Tanzgruppe für Jugendliche. Als die Tanzgruppe zu einem Wettbewerb eingeladen wurde und Kostüme benötigte, fertigte Avido diese selbst und entdeckte so sein Talent fürs Schneidern. Hoch motiviert entwarf er verschiedene Designs und gründete später das Modelabel LookslikeAvido, das heute international bekannt ist.
Mit seinem Modelabel verfolgt Avido das Ziel, „mindful fashion“ zu schaffen – Mode, die sowohl ökologische als auch soziale Verantwortung übernimmt. Nicht nur Hollywood-Stars und bekannte Künstlerinnen und Künstler wie Beyoncé und Bruno Mars gehören zu seinen Kundinnen und Kunden; kaum ein Magazin oder TV-Sender, in dem noch nicht über Avido berichtet wurde.
Bei seinem Besuch in Passau zeigte Avido am Vormittag vor Studierenden den beeindruckenden Dokumentarfilm über die „Kibera Fashion Week 2024“, ein Event, das er als Plattform für lokale Künstlerinnen und Künstler aus Kibera organisiert hatte, damit diese ihre Arbeiten präsentieren können. Im Film wird auch deutlich, wie die Kunst den ganzen Stadtteil positiv verändert: Es sind nicht mehr Worte wie Armut, Enge oder Wellblech, mit denen der Stadtteil charakterisiert wird. Vielmehr offenbart sich Kibera als kreatives Milieu, das Inspiration für zahlreiche Künstlerinnen und Künstler bietet. Die Kibera Fashion Week steht für weit mehr als Laufsteg und Glamour: Sie ist ein community-basiertes Projekt, das Mode als Mittel für sozialen Wandel und Empowerment nutzt, Talente aus Kibera sichtbar macht, eine nachhaltige und ethisch bewusste Modeindustrie fördert und einen kritischen Diskurs über die Auswirkungen ausbeuterischen Konsums anregt.
Am Nachmittag folgte nach einer herzlichen und wertschätzenden Begrüßung durch Vizepräsidentin Prof. Dr. Christina Hansen und einleitenden Worten von Prof. Dr. Andreas Eberth, Inhaber der Professur für Geographie mit Schwerpunkt Bildung für nachhaltige Entwicklung an der Universität Passau und Initiator der Veranstaltung, der Vortrag Avidos in der gut gefüllten Innsteg-Aula. Avido sprach über die Geschichte Kiberas und schilderte die sozialen, wirtschaftlichen und medialen Herausforderungen, mit denen die Bewohnerinnen und Bewohner konfrontiert sind. Im Anschluss diskutierte Avido in einer Podiumsdiskussion mit Studierenden über sein Label, das Leben in Kibera und die sozialen Dimensionen von Nachhaltigkeit.
„Es war mir eine große Ehre, meine Sichtweise an der Universität Passau einzubringen und mit Studierenden und Lehrenden zusammenzuarbeiten, die bereit sind, Ideen zu hinterfragen und Grenzen zu verschieben“, postete Avido nach der Veranstaltung auf seinem Instagram-Kanal.
„David Avido hat in beeindruckender Weise gezeigt, wie wichtig ein Perspektivwechsel ist“, resümiert Prof. Dr. Andreas Eberth. „Gerade unsere angehenden Lehrkräfte konnten viele Impulse mitnehmen, um Themen wie Stadtentwicklung im sogenannten Globalen Süden und Leben in Slums später im Geographieunterricht differenziert zu unterrichten und keine einseitigen Raumbilder zu reproduzieren.“
Der Kontakt zu David Avido war bei einer dreiwöchigen Exkursion mit 19 Studierenden nach Kenia in Frühjahr 2025 entstanden, die Eberth gemeinsam mit seinem Mitarbeiter Jonas Wagener und mit Charles Ochieng von der Initiative „The DISC Initiatives“ organisiert hatte. Die Gruppe besuchte während dieser Reise unter anderem Kibera und traf dort David Avido persönlich.
David Avidos Besuch in Passau war Teil der jährlichen Nachhaltigen Wochen der Universität Passau. Die Veranstaltungsreihe wird von der Hochschulgruppe Nachhaltigkeit in Zusammenarbeit mit der Universitätsleitung und weiteren Hochschulgruppen organisiert. Das Programm umfasst vielfältige Formate wie Vorträge, Workshops, Exkursionen und Aktionen rund um das Thema Nachhaltigkeit.