Die Deutsche Gesellschaft für Soziologie, Sektion Entwicklungssoziologie und Sozialanthropologie, hält ihre Frühjahrstagung vom 11. bis 13. Mai an der Universität Passau ab; sie wird sich mit Thema „Gesellschaftliche Effekte von Naturkatastrophen und Zusammenbrüchen sozialer Ordnung“ befassen. Nicht erst seit dem Tsunami sind Katastrophen ein Thema der Soziologie und Sozialanthropologie – allerdings ist bislang der Stand der Theoriebildung und der empirischen Untersuchungen noch sehr begrenzt. Veranstaltet wird die Tagung in Passau von den beiden Lehrstühlen für Südostasienkunde.
Da sich an der Universität Passau nach dem Tsunami in Süd- und Südostasien eine Arbeitsgruppe zu diesem Thema gebildet hat und erste Ergebnisse der Feldforschung im Juli bis September 2005 vorliegen, wurde vorgeschlagen, dass die Sektionssitzung zu diesem Thema in Passau stattfinden soll. In den sozialwissenschaftlichen Untersuchungen katastrophaler Ereignisse und Ereignisketten stehen Risikoanalysen im Vordergrund. Diese Analysen bieten allerdings wenig in Entwicklungsländern. Auch wenn es formale Regelungen und definierte Standards gibt, bedeutet es keineswegs, dass sie eingehalten werden. Risikoanalysen reichen deshalb nicht aus. Es bedarf ebenso der Untersuchung der politischen, kulturellen, ökonomischen und sozialen Bedingungen, durch die ein Ereignis katastrophal wird. Dieses ist eine genuine Thematik der Entwicklungssoziologie und Sozialanthropologie. Katastrophen haben immer einen Zusammenbruch sozialer Ordnung und des Alltagslebens zur Folge. Entsprechend der Dimension des Ereignisses führt das zu einer Nationalisierung und Internationalisierung von Effekten, unter anderem durch das Engagement internationaler Hilfsorganisationen, globale Medienaufmerksamkeit und teilweise auch politische Interventionen. Im Resultat ergeben sich Überlagerungen lokaler Problematiken und eine Übersetzung in nationale und globale Diskurse sowie Politiken. Die Konsequenzen daraus sind ambivalent und wirken sich auf die grundsätzliche Frage aus, ob ein „Wiederaufbau“ erfolgen soll, d. h. es versucht wird, eine Kontinuität des Alltagslebens zu schaffen, oder ob ein „Neuaufbau“ angestrebt wird. „Mit anderen Worten, es geht darum, welche grundsätzliche Richtung Entwicklung im Anschluss an eine Katastrophe nehmen soll. Sowohl die grundsätzliche Richtung der Entwicklung im Anschluss an eine Katastrophe als auch die den lokalen Maßnahmen zugrunde liegende Perspektive ist direkt verbunden mit dem vorgegebenen politischen, ökonomischen und sozialen Rahmen, in dem die Katastrophe stattfand“, erläutert Prof. Dr. Susanne Schröter (Lehrstuhl für Südostasienkunde I). Dazu gehören auch die Verknüpfungen zwischen lokalen, regionalen, nationalen und globalen Ebenen. „Wir hoffen, dass über vergleichende Untersuchungen Variablen identifiziert werden können, die die Bedingungen für Entwicklungsmöglichkeiten definieren“, beschreibt Prof. Dr. Rüdiger Korff die Ziele der Tagung.
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